Schwarze Heimkehr
Augen weiteten sich. Er öffnete die Lippen, gab aber keinen Laut von sich. Mit einer Bewegung des linken Arms befreite sich Croaker aus der Umklammerung. Er schlug gegen Heitors Schlüsselbein, stieß dessen zusammensinkenden Körper von sich und zog am Griff der Schiebetür.
Das war ein Fehler. Heitor sprang gegen seine Taille, und sie prallten mit solcher Kraft gegen die Schiebetür, daß das Glas zersplitterte und sie auf dem Boden des Innenhofes landeten. Sie rollten über den Beton und stürzten in den Swimmingpool.
Croaker tauchte unter. Das Wasser war flach und trübe wie Luft. Er erinnerte sich blitzartig an Jennys Vision, in der er mit dem Gesicht nach unten im seichten Wasser trieb. Stand sein Tod unmittelbar bevor?
Er erkannte den Unterleib des Plastikalligators und stieß ihn zur Seite, während er aus dem Wasser auftauchte. Heitor zog ihn wieder hinunter und schüttelte ihn wie einen ungehorsamen Hund, bis Croaker schwindlig wurde. Er rammte Heitor verzweifelt die Kante seiner künstlichen Hand unter den Kiefer, befreite sich und tauchte, nach Luft japsend, aus dem Wasser auf.
»
Maricone
, wo haben sie den Zauberstein her?« Heitor war clever. »Ich will ihn haben!« Mit seiner freien Hand zog er das Skalpell hervor. Das Licht reflektierte auf der bösartig aussehenden Klinge aus rostfreiem Stahl. »Kein normaler Stein könnte mich aufhalten.«
Croaker erinnerte sich an sein noch nicht lang zurückliegendes Gespräch mit Ross Darling, als sie die UnSub-Datei studiert hatten: Dann hat der Mörder also keine Säge benutzt, hatte Croaker gesagt, und die Wirbelsäule nur mit einem Skalpell durchgeschnitten. Das erfordert große Kraft.
Die Kraft eines gottverdammten Bullen, hatte Darling geantwortet.
Er hatte recht gehabt.
Die Klinge schoß in einem flachen Bogen auf ihn zu. »Der Zauberstein gehört Ihnen nicht. Geben sie ihn mir, oder ich werde Ihnen die andere Hand abschneiden.« Die Klinge schwebte in der Luft. »Kostet mich nur einen schnellen Schnitt durch das Handgelenk.«
»Die Dunklen Steine wissen es«, sagte Croaker und betonte dabei jedes einzelne Wort. »Sie werden ihn nicht bekommen. Er gehörte
Humaitá.
«
Croaker genügte der kurze Augenblick des Schocks, um zu handeln. Er rammte Heitor seine Stirn gegen die Nase. Blut spritzte, und Heitor wich mit einer krampfhaften Bewegung zurück. Er schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Croaker glitt zur Seite. Heitor griff blindlings nach ihm, und Croaker trat ihn in die Rippen. Heitor grunzte, und sein Gesicht verschwand unter der Wasseroberfläche. Während Croaker auf den Rand des Swimmingpools zu schwamm, hielt er den Plastikalligator zwischen sich und Heitor.
Er drehte sich rechtzeitig um, um zu sehen, daß Heitor mit schnellen, kräftigen Stößen auf ihn zu tauchte, seine geschwollene Nase und das Blut ignorierend, das in dünnen Mustern hinter ihm herzog. Er zückte das Skalpell und schien zu grinsen, als er mit der Klinge ausholte. Croaker packte den Plastikalligator und ließ ihn heruntersausen. Es gab ein lautes Zischen, als die Klinge durch die Plastikhaut fuhr und die Luft aus dem Alligator wich.
Heitor kam wieder an die Oberfläche. Das durch sein Blut rosa gefärbte Wasser troff ihm vom Körper. »
Escuchame, Seňor
. Jetzt haben sie mir das gegeben, wonach ich mich sehne. Das ist die Art von Jagd, die ich genieße.«
»Tut die gebrochene Nase weh, Heitor?«
Heitor spuckte Blut in den Swimmingpool. »Wir beten den Schmerz an, Seňor, und heißen ihn willkommen. Er zeigt, daß es sich um eine echte Jagd handelt.« Er hob das Skalpell und balancierte es auf der Handfläche. »Wenn wir den Schmerz fühlen, wissen wir, daß wir leben.«
Er watete durch das Wasser. »Glauben Sie, daß sie mich daran hindern können, Ihnen die Hand abzuschneiden?«
Croaker hielt den Zauberstein vor seinen Körper. »Dann bringen sie die Sache zu Ende, Heitor. Sofort. Tun sie es, wenn sie können.«
Heitor hielt dicht vor ihm inne und starrte in Croakers Augen. Er hob die rechte Hand und wiegte lässig das Skalpell. Croaker bewegte den Zauberstein, und Heitor wich einen Schritt zurück. Ein Ausdruck blanken Hasses verzerrte sein einst schönes Gesicht.
»Ich werde mich daran erinnern«, flüsterte er, während er sich zurückzog. »Nicht jetzt, noch nicht. Aber bald.« Seine Worte klangen wie der süßliche Gesang eines Wiegenliedes. Er bewegte sich schweigend zu den Stufen, überquerte schnell den Innenhof und war
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