Schwarze Heimkehr
metallverzierten Gürtel. In einer Ecke fand er eine schwarze Lederjacke, auf deren Rückseite jemand von Hand mit weißer nichtabwaschbarer Farbe das Wort MANMAN gepinselt hatte. .
Direkt darunter lag das aquamarinfarbene Satinkleid auf dem Boden, das ihn an den Schulball erinnert hatte. Er bückte sich und hob es auf, um es auf einen Bügel zu hängen. Da fiel sein Blick auf einen Gegenstand, der auf dem Boden lag und vorher von dem Kleid verdeckt worden war. Croaker benutzte einen seiner künstlichen Fingernägel, um ihn ans Licht zu holen. .
Es war ein roter Gummiball, bei dem an beiden Seiten Seidenbänder angebracht waren. Croaker kannte solche Gegenstände - es war ein Knebel in der Form eines Balles‚ der zu den ominösen, rituellen Accessoires von SadoMaso-Fans gehörte. Man steckte den Ball in den Mund und verschnürte die Seidenbänder am Hinterkopf, so daß er an seinem Platz blieb. Croaker kauerte eine Zeitlang im Schrank und starrte auf den Gegenstand. In seinen Schläfen pulsierte das Blut, während er über das immer komplizierter werdende Rätsel namens Rachel nachdachte. Wenn es um Sex ging, hatte er immer für die Maxime »Jeder nach seiner Fasson« plädiert, aber diese Entdeckung schockierte ihn. Hier ging es um seine Nichte und nicht um irgendeine Nutte vom Tamiani Trail.
Er sah Mattys Gesicht vor sich und dachte an ihre Verwirrung, die mitzuerleben schmerzhaft gewesen war. Sie hatte ihm von Rachels Beziehung zu Donald erzählt, und für Croaker gab es da mehr als nur einen schwachen Hinweis auf eine sadomasochistische Komponente, auch wenn sich diese nur auf einer gefühlsmäßigen Ebene niederschlug. Matty war clever genug gewesen, dies zu vermuten. Aber was war, wenn Rachel weitergegangen war und sie in ihrer sexuellen Beziehung zu Gideon diese perversen Gefühle auch wirklich ausgelebt hatte?
Schließlich steckte er den Knebelball in die Tasche. Er hatte nicht die Absicht zuzulassen, daß seine Schwester ihn fand. Sie mußte im Moment schon mit genug Schocks fertig werden. Er hängte das Satinkleid sorgfältig auf einen Bügel und strich die Taillenpartie glatt. Sorgfältig glättete er die Falten, als könnte er nur so das Bild Rachels wiederherstellen, das er gehabt hatte, bevor er den roten Gummiball gefunden hatte, der mit so vielen düsteren Assoziationen verbunden war.
Dann durchsuchte Croaker methodisch die Taschen der Lederjacke. Er entdeckte eine halbe Rolle Live-Safer, ein paar Papiertaschentücher, dreizehn Cent und eine kleine, mit Aluminiumfolie umwickelte Kugel. Er fuhr einen seiner Stahlnägel aus und öffnete die Aluminiumfolie mit der rasiermesserscharfen Spitze vorsichtig. Außer einer weißlichen Masse sah er nichts. Er roch daran und probierte versuchsweise mit der Zunge. Könnte Kokain sein, dachte er, aber es war zu wenig, um sicher zu sein.
Er steckte die Life-Savers eben in die linke Jackentasche zurück, als etwas auf seine Handknöchel fiel. Er tastete herum, konnte es aber nicht wiederfinden. Neugierig nahm er die Jacke vorn Bügel, kehrte die Innenseite nach außen und untersuchte die Nähte. Bis auf eine etwas über zehn Zentimeter lange Stelle auf der linken Seite, wo das Futter hastig angeheftet worden war, waren sie solide vernäht, Er löste den Faden und riß mit einer bösen Vorahnung daran. Dann tastete er mit den Fingern unter dem Futter herum.
Er brachte eine Plastiktüte zum Vorschein, die knapp dreißig Gramm wog und weißes Pulver enthielt. Er öffnete sie und testete den Stoff mit der Zungenspitze.
Er fluchte. Dieser Geschmack war unverkennbar. Kokain.
*
Matty arbeitete ruhig in der Küche. Sie hatte Kaffee gekocht und schnitt gerade eine Scheibe von einem köstlichen russischen Kaffeegebäck ab, das sie aus der Tieflkühltruhe geholt hatte. »Notrationen«, sagte sie, als Croaker den Raum betrat. »Und wenn das keine Notsituation ist, wüßte ich nicht, was eine sein sollte.«
Sie versuchte zu lächeln, während sie das Tortengebäck in die Mikrowelle schob und das Gerät einschaltete. »Hast du irgend etwas Interessantes gefunden?«
»Mit Gideon und Rachel stimmt etwas nicht«‚ sagte Croaker sanft.
Die Angst verzerrte ihre Gesichtszüge, als er die etwa dreißig Gramm schwere Plastiktüte mit dem Kokain zum Vorschein brachte. Sie preßte eine Hand auf den Mund. »Mein Gott, ist da etwa ….?«
Er nickte. »Kokain. Ich habe es in Rachels Schrank gefunden.« Er beobachtete ihre wunderschönen Augen, die einen gehetzten Ausdruck
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