Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht
neuerdings anhand von Schädelmessungen sogar wissenschaftlich bewiesen wurde.“
„Schädelmessungen?“
Er lehnte sich zurück und hatte die Lider halb gesenkt. In seinen Augenschlitzen blitzte es boshaft.
„Natürlich. Das weibliche Gehirn ist im Durchschnitt kleiner als das männliche. Was keineswegs überrascht. Schon in der Bibel wird gesagt, dass zuerst Adam geschaffen wurde, als Abbild Gottes. Eva wurde ihm zur Gehilfin beigesellt und war ihm untertan.“
Violet schwieg. Natürlich kannte sie diese biblische Schöpfungsgeschichte – wie konnte sie sie anzweifeln. Fatal war nur die hochnäsige Art, in der Marlow sie ihr an den Kopf warf. Zumal sie nicht glauben konnte, dass Marlow die Lehren der Bibel als Maßgabe seiner Lebensführung ansah. Ging er überhaupt zur Kirche?
Es schien ihm großes Vergnügen zu bereiten, sie totzureden, denn er fuhr fort.
„Die Domäne der Frau ist ohne Zweifel das Gefühl. Daher ihr Wankelmut, denn alle Frauen sind leicht zu überzeugen und zu verführen. List und Betrug finden nur allzu schnell Eingang in ihr Gemüt, da ihnen der Verstand fehlt, die Folgen ihres Verhaltens vorauszusehen.“
Er grinste, als er den zornigen Ausdruck in ihrem Gesicht wahrnahm. Er hatte jetzt die Beine übereinandergeschlagen und wippte vergnügt mit der Fußspitze.
„Ein weiteres Laster der Weiber ist die Wollust, denn das zügellose Verlangen liegt ihnen im Blut.“
Violet hielt es nicht mehr aus. Sie fuhr von ihrem Stuhl auf, warf die Serviette auf den Tisch und wollte aus dem Zimmer laufen. Doch seine harte Stimme nagelte sie fest, kaum dass sie die Tür erreicht hatte.
„Sie sollten Ihre Empfindlichkeiten zügeln, Miss Burke. Ich habe noch einige Anweisungen - also nehmen Sie unverzüglich wieder Platz!“
Sie war den Tränen nahe, doch sie zwang sich, ruhig wieder an den Tisch zurückzukehren. Schweigend setzte sie sich und starrte mit hochrotem Gesicht auf ihren leeren Teller.
„Die Schneiderin wird heute Vormittag das erste Kleid liefern – in dem Fetzen, den Sie momentan tragen, kann ich Sie keinesfalls zu der Veranstaltung mitnehmen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich hübsch zurechtmachen und ihr Haar so aufstecken, dass es zum Kleid gefällig ist. Wir werden etliche meiner Bekannten treffen und ich hoffe sehr, dass Sie sich zu benehmen wissen und einen angenehmen Eindruck hinterlassen werden.“
Sie nickte. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Wie boshaft er war. Wie sehr er es darauf anlegte, sie zu verletzen. Es war mehr als offensichtlich, dass er sie verachtete.
„Das ist vorläufig alles. Noch irgendwelche Fragen?“
Ihr Kopf war völlig leer gefegt. Mit Mühe versuchte sie sich die verschiedenen Termine einzuprägen, die sie allesamt völlig überrumpelten. Brauchte er eigentlich eine Hausdame oder eine Begleiterin?
Da sie schwieg, erhob er sich, griff die Zeitung und bewegte sich eilig zur Tür. Kurz bevor er die Hand auf den Türknauf legte, wandte er sich noch einmal zu ihr um. Violet saß immer noch auf ihrem Platz, den Blick auf den Tisch gesenkt, sie wirkte hilflos und verloren. Er räusperte sich.
„Selbstverständlich erwarte ich von Ihnen, dass Sie sich in der übrigen Zeit um die Organisation des Haushalts kümmern. Eigenmächtige Entscheidungen von Ihrer Seite haben Sie zu unterlassen – alle wichtigen Maßnahmen sind mit mir abzusprechen. Haben wir uns verstanden, Miss Burke?“
Sie hob den Kopf und begegnete seinen grauen Augen mit wesentlich gefassterem Blick, als er es für möglich gehalten hatte.
„Ich denke ja, Mr. Marlow. Vielen Dank für dieses anregende Gespräch.“
Ein abschätziges Grinsen huschte über sein Gesicht, doch sie spürte sehr wohl, dass es aufgesetzt war.
„Bis zum Nachmittag!“
Er schloss die Tür hart, kurz darauf hörte sie ihn ärgerlich nach Maggy rufen und darüber schelten, dass sein Hut nicht gebürstet sei.
Violet blieb im Speisezimmer zurück, schwankte zwischen Zorn und Enttäuschung und war den Tränen wieder gefährlich nahe. Als Mrs. Waterbrook mit einem Tablett erschien, um das Geschirr abzuräumen, nahm sie sich zusammen und setzte eine freundliche Miene auf. Schließlich war sie die Hausdame und durfte sich vor den Angestellten nicht gehen lassen.
„Wir werden morgen Abend Mr. Forch zu Gast haben“, sagte sie. „Ich nehme an, Sie haben einen Vorschlag, welches Menu wir servieren werden.“
Mrs. Waterbrook stellte die Teller ineinander und deckte einige Schüsseln auf, um festzustellen,
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