Schwarze Rosen
reagieren und schlimmstenfalls zur Waffe zu greifen und auf sie zu schießen.
Nachdem er sich mit seinem Team besprochen hatte, optierte Ciuffi für das gewaltsame Eindringen und verließ sich dabei auf das Überraschungsmoment. Das Gebäude würde zuvor zweckmäßig umstellt werden. Aufgrund der vorbereitenden Inaugenscheinnahme wussten sie, dass es sich um ein einstöckiges frei stehendes Haus mit vier Zimmern handelte. Es lag in der Via Pistoiese, weitab vom historischen Zentrum, in einem Viertel, das vorwiegend von Chinesen bewohnt wurde. Der Riegel des Gartentors war durch ein zu einer Schlinge gebogenes Stück Draht ersetzt worden.
Ciuffi klingelte und rief: »Machen Sie auf! Polizei!« Als keine Schritte von innen zu hören waren, befahl er, die Tür aufzubrechen. Kurz darauf stürmten sie das Haus.
»Polizei!«, schrien sie, während sie die Räume sicherten. Um die Risiken zu minimieren, trugen sie alle kugelsichere Westen. Teresa war unter den Ersten, die hineingingen, auch sie mit der Dienstpistole, einer Beretta 92/S, in der Hand.
Alle schliefen, auch der Hausherr. Er lag lang ausgestreckt auf der einen Seite eines Doppelbetts.
Er war ein kräftiger, dunkelhäutiger Mann mit schädelkurz rasierten Haaren und einem Stiernacken. Sein Gewicht musste mindestens hundert Kilo betragen, sein Alter etwa vierzig Jahre.
Im Bett neben ihm lag ein junges Mädchen, fast noch ein Kind, mit hellem Teint und blondem Haar. Sie war nackt und bedeckte hastig ihre kleinen Brüste mit dem Bettlaken, als sie erwachte. Mit großen, verängstigten Augen sah sie zu den Beamten auf.
»Keine Angst, wir sind von der Polizei«, sagte Ciuffi zu ihr, während Teresa ihr sachte eine Hand auf die Schulter legte.
»Keine Angst«, flüsterte auch sie.
Da begann sich der Mann zu regen und sprang plötzlich vom Bett auf. Auch er war vollkommen nackt und warf dem Mädchen einen drohenden Blick zu, als wollte er sagen: »Wehe, du redest!« In Anwesenheit der Beamten zog er sich an, während aus den anderen Zimmern lautes Geschrei in einer unverständlichen Sprache herüberdrang. Es waren sieben Männer, allesamt Marokkaner. Auch sie waren aus ihren Etagenbetten geholt und mit dem Gesicht zur Wand gestellt worden.
Die Wohnung glich eher einer Räuberhöhle: überall Zigarettenstummel, Zeitungsfetzen, eingedrückte Bier- und Coladosen, Plastiktüten, zerknüllte Papiertaschentücher in den Ecken. Die Wände waren ekelhaft schmutzig, und hier und da blätterte der Putz ab. In einem der Zimmer fanden sie reichlich Ware aufgestapelt, sehr gute Markenfälschungen, die von unerfahrenen Augen für Originale gehalten werden konnten. Die Sachen lagen noch in den Transportkartons, auf denen weder Empfänger noch Absender angegeben waren.Nur vor einem der Fenster hing ein Vorhang, doch er war zerknittert und halb abgerissen.
»Durchsucht alle Zimmer gründlich!«, befahl Ciuffi, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass die Situation unter Kontrolle war. »Und Sie kommen mit mir!«, sagte er zu dem Boss, der genau der Beschreibung der jungen Russin entsprach. Er führte ihn in eine Nische, die mit dem Allernötigsten als Küche ausgestattet war: ein kleiner Elektroherd, ein paar mit Soße und Fett verkrustete Töpfe, ein Mikrowellenherd, ein Kühlschrank und ein Tisch mit vier Stühlen.
Teresa blieb mit einigen anderen Polizisten im Schlafzimmer und begann, es zu durchsuchen. Es war ihre erste Hausdurchsuchung, und sie achtete nicht weiter auf den Dreck. Hier galt es nun, in die Praxis umzusetzen, was sie auf der Polizeischule gelernt hatte: sich zuerst einen Überblick verschaffen, dann sicherstellen, dass die anwesenden Verdächtigen voneinander isoliert und bewacht werden, anschließend jeden Gegenstand, jedes Möbelstück, Kleidungsstück und so weiter methodisch absuchen. Von rechts nach links. Von oben nach unten. Ruhig und konzentriert. Dabei die Fundstellen der zu beschlagnahmenden Dinge sowie den Namen des ausführenden Beamten notieren. Wichtige Angaben, um später ein genaues Protokoll anfertigen zu können.
Das junge Mädchen, das sich inzwischen ein T-Shirt übergezogen hatte, saß nun auf einem Stuhl und verfolgte neugierig das Vorgehen der Polizei. Manchmal sah sie sich dabei so verloren um, dass sie noch jünger wirkte. Als Teresa ihr das T-Shirt gebracht hatte, hatte sie gemurmelt: »Ich bin sechzehn Jahre alt, und er schickt mich auf den Strich, sonst kriege ich Prügel.«
»Wie komme ich zu der Ehre?«, verlangte der
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