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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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eine Schusswaffe in meinen Bauch bohrte.

Zwanzig
     
    Verfluchte Flaschengeister – nie ist einer da, wenn man ihn braucht. Zu meinem Leidwesen hatten andere Leute sehr wohl die schlechte Angewohnheit, einfach aus dem Nichts aufzutauchen. Und eins dieser lästigen Individuen rammte mir gerade eine Pistole in die Eingeweide.
    Diesmal hatte sie rote Haare. Leuchtend punkerknallrot. Die Strähnen, die ihr vom Mittelscheitel auf die Schultern fielen und sich nach außen drehten, sahen aus wie allerbilligstes Plastik. Realistisch war das nicht. Auffallend dafür umso mehr.
    Ihre Bekleidung war genauso unvergesslich. Schwarze Lederhandschuhe und eine Bikerjacke aus schwarzem Leder mit Reißverschluss, dazu eine schwarze Armeehose, schwarze Turnschuhe und natürlich die pechschwarze Kanone.
    Die Pistole war groß und fies und hatte einen aufgeschraubten Schalldämpfer. Den Schalldämpfer fand ich ganz besonders unerfreulich, dabei war die Pistole an sich schon schlimm genug, und wenn ich ganz ehrlich bin, fand ich auch die Art, wie ihr Finger sich um den Abzug krümmte, etwas beunruhigend.
    Zu meinen gut gehüteten schmutzigen Geheimnissen gehört, dass ich nicht viel von Handfeuerwaffen verstehe, was für einen Krimiautor ja eigentlich eine wahre Affenschande ist. Nicht bloß einmal haben Leser mir Mails geschrieben, um mir freundlich mitzuteilen, dass ich in diesem oder jenem Buch großen Käse geschrieben habe – dass man die und die Waffe gar nicht entsichern kann oder dass Faulks eine Kugel mehr verschossen hatte, als überhaupt in eine Glock passte. Aber es blieb natürlich nicht aus, dass man im Laufe der Jahre das eine oder andere aufgabelte, und dazu gehörte das Wissen, dass es nie gut war, jemandem mit einer automatischen Waffe als Zielscheibe zu dienen. Ach ja, und wenn man das Pech hatte, sich in dieser unerfreulichen Lage wiederzufinden, dann war der Bauch eine der unschönsten Stellen, in die das Gegenüber schießen konnte. So ein Schuss in die Eingeweide war nicht nur ungeheuer schmerzhaft, nein, unbehandelt hatte er darüber hinaus die unschöne Tendenz, recht schnell für das vorzeitige Ableben des Getroffenen zu sorgen.
    Auch in meinen Büchern hatten Figuren sich hin und wieder eines Schalldämpfers bedient, und dafür gab es eigentlich nur einen Grund. Um schnell und unauffällig zu töten und dann unbemerkt zu entkommen. Alles in allem war meine Situation also höchst beunruhigend.
    »Erschießen Sie mich nicht«, sagte ich. Soweit ich weiß, gehört es zum guten Ton, das zu sagen, wenn man Gefahr läuft, ungewollt zur Zielscheibe zu werden. »Bitte«, fügte ich noch hinzu, ein kleiner Schnörkel, den ich mir selbst ausgedacht hatte. Gute Manieren kosten schließlich nichts, stimmt’s?
    »Setz dich«, sagte sie und bedeutete mir mit der Pistole, mich im Bett aufzurichten.
    Ganz deutlich konnte ich sehen, wie sie mit der Waffe hantierte, und erst da, als ich so darüber nachdachte, wie gut ich auch ihre Perücke, ihre Kleidung und die Pistole erkennen konnte, ging mir auf, dass sie die Lampe in der Zimmerecke angeknipst hatte. Seltsam. Von unerwartetem hellen Licht wurde ich sonst immer wach, aber heute Nacht schien mich nur eine in den Bauch gedrückte Pistole an einem empfindlichen Punkt zu treffen (und Junge, wie ich mir wünschte, dem wäre nicht so).
    »Hände hinter den Rücken.«
    Ach, na also, den Befehl führte ich doch nur zu gern aus. Gehorsam rutschte ich näher ans Betthaupt heran und ließ die Hand unter mein Kopfkissen gleiten. Irgendwo da drunter musste Victorias Elektroschocker sein. Fünfzigtausend Volt. Wenn Graziella nur ein kleines bisschen näher käme, hätte ich vielleicht eine Chance. Den Deckel zurückklappen, den Schalter zur Seite schieben und ihr die zischenden Metallzähne tief in den Hals rammen. Mit ein wenig Glück würde sie das blitzschnell außer Gefecht setzen und lähmen, ehe sie selbst einen Schuss abfeuern konnte.
    Wirklich ein toller Plan und zweifellos einer der besten, mit denen ich aufwarten konnte. Die Sache hatte nur einen Haken. Der verfluchte Elektroschocker war nirgendwo zu finden.
    »Suchst du den?«, fragte sie und zog besagte Waffe aus der dicken Tasche an ihrer Hüfte.
    Ach du liebe Güte. Das hieß, weder das gleißend helle Licht noch die Tatsache, dass sie unter meinem Kopfkissen herumfummelte, hatten mich aus dem Tiefschlaf gerissen. Typisch. In der einen Nacht, in der ich nun wirklich auf der Hut hätte sein müssen, schlief ich, als hätte

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