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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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Das gefiel mir überhaupt nicht. Es sah aus wie der Effekt eines schleichenden Gifts.
    »Die Bombe«, wiederholte er, als sei ich ein Gimpel. »Sollte mich umbringen.«
    »Ja, die Bombe«, fiel Victoria ihm ins Wort und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Die verdammte Riesenexplosion in Ihrem Palazzo. Daran erinnern Sie sich doch bestimmt noch, nicht wahr? Die sollte eigentlich Sie und Ihr liebreizendes Lächeln in tausend Stücke reißen.«
    Einen Moment starrte er Victoria bloß an und wiederholte tonlos murmelnd ihre Worte. Dann gluckste er. Aus dem Glucksen wurde ein selbstzufriedenes Lachen. Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück, als fühle er sich plötzlich pudelwohl in seiner Haut. Er wirkte so entspannt, dass ich es mir wirklich verkneifen musste, hinter seinem Rücken nachzusehen, ob er immer noch an Händen und Füßen gefesselt war.
    » Allora ...« Er grinste. »Dann stimmt es also, Sie arbeiten nicht für ihn.« Er legte den Kopf in den Nacken und reckte das Kinn, sodass das getrocknete Blut an seinem Hals deutlich zu sehen war, das im elektrischen Licht schimmerte wie eine gerade verheilte Brandnarbe.
    Langsam hatte ich die Nase gestrichen voll von dem Kerl. Ich schnippte meine Zigarette in eine Zimmerecke und versuchte ihn etwas einzuschüchtern, indem ich ihm den letzten Rauch ins Gesicht pustete.
    »Wen meinen Sie? Den Dicken mit dem Vollbart? Mit dem Kamelhaarmantel und dem Fedora?«
    »Nein«, sagte er und grinste dabei noch breiter, wobei er nicht mal blinzelte, während der Qualm ihn umwaberte. Ich nahm an, wären ihm nicht die Hände gebunden gewesen, er hätte ganz nonchalant seine Fingernägel betrachtet. »Den meine ich nicht. Und so langsam drängt sich mir den Eindruck auf, dass Sie meine kleinste Sorge sind.«
    »Wir halten Sie gefangen, und da denken Sie so was?«
    Er zuckte die Achseln. Zog einen Schmollmund. »Sie haben mir doch selbst gesagt, dass Sie mir nichts tun.«
    Ich drehte mich auf dem Absatz zu Victoria um. »Wo ist dein Elektroschocker?«, fragte ich.
    » Charlie.«
    » Ich meine es ernst. Ich hab die Nase voll von diesem arroganten Schnösel. Vielleicht sollten wir das Elektroding mal an seinem Gesicht ausprobieren.«
    »Und was ist mit Graziella?«, fragte Victoria ihn. Allein durch diese Frage ging sie schon weiter als vereinbart. Eigentlich hatte ich Graziella da raushalten wollten – vorerst zumindest –, aber das konnte ich jetzt vergessen. »Sie wissen schon, die junge Dame, die Sie am Abend des Bombenanschlags ins Casino begleitet hat«, fuhr Victoria fort. »Ist Ihnen klar, dass Sie uns beauftragt hat, Sie umzubringen?«
    Das schien ihn zu treffen. Er runzelte die Stirn, als verwirrte ihn die Frage, während seine Lippen lautlose Worte formten.
    » Aspetta« , murmelte er mit plötzlich sehr angespannter Stimme. Er spannte die Muskeln seines rechten Arms und senkte den Kopf, als versuche er auf die Uhr zu schauen. Als er einsehen musste, dass das nicht ging, sah er mich an. »Sie müssen mir sagen, wie spät es ist.«
    »Wie bitte?«
    Irgendwas flackerte in seinen Pupillen auf – echte, aufrichtige Sorge, so schien es. Und irgendwas sagte mir, dass er sich um weit mehr als eine verpasste Essensverabredung sorgte. »Die Uhrzeit«, drängte er. »Ich muss wissen, wie spät es ist. Sagen Sie es mir. Sofort.«
    »Hören Sie, mein Lieber, ich glaube, Sie vergessen Ihre etwas prekäre Lage. Erzählen Sie uns was über Graziella.«
    »Ist es schon nach neun? Mehr will ich gar nicht wissen. Das ist doch eine ganz einfache Frage.«
    Ich stemmte die Hände in die Hüften und stierte ihn an. Das Stieren schien ihn nicht im Geringsten zu beeindrucken. Er war es gewohnt, dass die Leute sprangen, wenn er etwas verlangte, und verdammt, genau dabei ertappte ich mich nun unversehens.
    »Es ist Viertel nach zehn«, sagte ich, nachdem ich in die Knie gegangen war, um im Schein der Lampe auf die Uhr zu schauen.
    Diese Information hinterließ einen kleinen Riss in seiner Verteidigungslinie. Er schluckte schwer.
    »Sie müssen mich freilassen.« Seine Stimme klang ernst, als sei das eine Sache von höchster Dringlichkeit. »Auf der Stelle.«
    »Ähm, bestimmt nicht. Jedenfalls nicht, bevor Sie nicht unsere Fragen beantwortet haben.«
    » Auf der Stelle«, brüllte er mit gebleckten Zähnen und Speicheltröpfchen an den Lippen.
    Ich drehte mich um und sah lächelnd zu Victoria auf. Ihre Augen hinter der Maske funkelten.
    »Und warum sollten wir?«, fragte sie, eine Hand an der

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