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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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ihr stehlen; wenn es sein muss, geht sie fast jedes Risiko ein, und wenn ich das so sagen darf, sie küsst auch nicht übel. Aber eine Fähigkeit, von der ich bisher nichts geahnt hatte und die ich sicher noch zu schätzen lernen würde, war ihre Begabung als Umkleidekünstlerin. Ganz ehrlich. Kaum hatte ich den Grafen aus seinen Fesseln befreit, ihn bis auf die Unterhose ausgezogen und dann auf die unbezogene Matratze im hinteren Schlafzimmer geworfen, da stand sie schon im Türrahmen, und zwar in einem langen grünen Kleid aus einem elastischen Material, das sich an ihren Körper schmiegte wie dicker Zuckerrübensirup an einen Löffel. Was ihrer Figur durchaus schmeichelte. Ebenso wie die hochhackigen Schuhe, das geschmackvolle Make-up und die Art, wie sie die Haare hochgesteckt hatte, sodass ihr zarter Hals und ihre schmalen Schultern gut zur Geltung kamen. Würde ich zu den Typen gehören, die beim Anblick einer attraktiven Frau anerkennend pfeifen, dann hätte ich das jetzt getan. Leider bin ich mehr der Typ fürs Dumm-aus-der-Wäsche-Gucken und Genauso-dumm-Rumstehen.
    »Meinst du, das geht?«, fragte sie und strich sich über die Haare.
    »Sieht gut aus«, brachte ich mühsam hervor.
    »Wie weit bist du? Brauchst du Hilfe?«
    »Du wirst dich wundern, aber ja. Männer ans Bett fesseln mache ich nicht jeden Tag, und ich überlege gerade, wie ich das am besten anstellen soll.«
    Vielleicht hätten Victorias vielfältige diesbezügliche Anregungen mich etwas stutzig machen sollen, aber ich beschloss, die Sache positiv zu sehen, und nahm ihre Vorschläge dankbar an. Nach einigem Hin und Her und etlichen verworfenen Versuchen beschlossen wir schließlich, sämtliche Bemühungen einzustellen, den Grafen an die Matratze zu binden. Stattdessen fesselten wir einfach Hände und Füße mit einem langen Seil. Ich war ziemlich stolz auf unsere Arbeit. Wie er da so auf der fleckigen Matratze lag, auf der Seite und wie ein Päckchen verschnürt, sah er aus wie ein echtes Entführungsopfer.
    Nachdem wir die Schlüssel der diversen Schellen auf eine hohe Kommode auf der anderen Seite des Zimmers gelegt hatten, sammelte ich Hemd, Smokingjacke und Hose des Grafen ein und gab mir redlich Mühe, den Schmutz so gut es ging auszubürsten. Dann schlüpfte ich schnell aus meinen Turnschuhen, löste die Gürteltasche und wollte gerade den Hosenschlitz aufmachen.
    »Ähm, wie wäre es mit ein bisschen Diskretion?«
    Victoria schmollte. »Spielverderber.«
    »Na los, raus hier.«
    Worauf sie die Augen verdrehte und aus dem Türrahmen verschwand, während ich in meine neue Garderobe stieg, um anschließend ins Badezimmer zu gehen, wo ich mir das Gesicht wusch, die Haare anfeuchtete und dann mein Spiegelbild kritisch in Augenschein nahm. Das Jackett war ganz okay. An den Schultern vielleicht etwas zu weit, aber insgesamt ganz passabel und aus einem sehr edlen Zwirn. Die Hose war einen Hauch zu kurz, aber nachdem ich die diversen Matschspritzer mit einem angefeuchteten Handtuch weggerubbelt hatte, war ich der Meinung, man könne es durchaus so lassen. Das Hemd war deutlich verknitterter, als mir lieb war, und auf die affigen Biesen an der Brust hätte ich gut verzichten können, aber es saß ganz gut, vor allem, solange ich keine Fliege dazu zu tragen versuchte.
    »Das geht so nicht«, erklärte Victoria und schnalzte abfällig mit der Zunge, als sie hereinkam. »Schau mal, du hast Blut am Kragen.«
    Kurzerhand nahm sie mir das Handtuch ab und schrubbte damit an dem Fleck herum.
    »Das geht schon«, entgegnete ich und hielt ihre Hand fest. »Wenn jemand was merkt, sagen wir einfach, ich hätte mich beim Rasieren geschnitten.«
    »Was wesentlich glaubwürdiger wäre, wenn du frisch rasiert wärst. Hast du unten kein frisches weißes Hemd?«
    »Jedenfalls keins, das ich zu einem Smoking tragen könnte.«
    Victoria seufzte, als hätte sie es mit einem aufsässigen Kind zu tun, und tupfte an einem Dreckfleck am Ellbogen der Smokingjacke herum. Schließlich gab sie sich zufrieden, zupfte ein Grashälmchen vom breiten Revers und legte den Kopf auf meine Schulter, wobei sie mich im Spiegel begutachtete.
    »Schau sich das einer an«, sagte sie, als sei ich gerade auf dem Weg zu meinem Abschlussball. »Geschniegelt und gebügelt siehst du gar nicht so übel aus.«
    »Das Kompliment kann ich nur zurückgeben.«
    »Komisch«, sagte sie. »Ich sehe dich zum ersten Mal im Anzug. Weißt du, an wen du mich erinnerst?«
    »James Bond?«
    »Nein. An den

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