Schwarze Schilde
Shasinn erobert wurde. »Sie, sind gleich hier!«
Harakh wirbelte herum und hielt eine kleine Pfeife an die Lippen. Er blies mehrmals hinein, und die schrillen Töne durchdrangen den Lärm der Schlacht. Die Matrosen zogen sich in geordneten Reihen zurück und versammelten sich um ihren Kommandeur. Shazad stützte sich erleichtert und mit weichen Knien auf die Reling. Es war wundervoll, dass jemand augenblicklich und ohne Widerspruch gehorchte. Sie riss sich zusammen. Es war noch viel zu tun, ehe sie einen Schwächeanfall erleiden durfte. Inzwischen kletterten die Krieger aus den Kanus über die Reling. Es handelte sich um hellhäutige Krieger mit kahlrasierten Köpfen, die sie bisher noch nie gesehen hatte.
Harakh eilte die Treppe hinauf, gefolgt von seinen Leuten. Ein paar der Männer stellten sich den Feinden entgegen und bewegten sich rückwärtsgehend auf die Treppe zu. »Prinzessin?« fragte er erneut, ohne weitere Worte zu verschwenden.
»Nehmt meinen Vater mit. Die Mondschein liegt auf der anderen Seite des Wellenbrechers. Ihr müsst ihn in die Hauptstadt bringen, was auch immer geschieht.« Sofort rief Harakh seinen Männern Befehle zu. Sie ergriffen den König, der sich nur schwach zur Wehr setzte und zerrten ihn über Bord. Urplötzlich packte Shazad den Offizier bei den blutbefleckten Schultern und küsste ihn.
»Dafür mache ich Euch zum General! Schnell, wir müssen machen, dass wir fortkommen! Auch der Kommandeur der Vorratsschiffe muss sofort ablegen lassen. Wenigstens das können wir Gasam vorenthalten.«
Sie eilten zur Reling. Harakh hob sie über die Bordwand und ließ sie in die Arme ihrer Kriegerinnen fallen. Dann sprang auch er auf die Mole hinab. Die Wilden stürmten das Schiff und töteten die Matrosen, die auf Harakhs Befehl hin Gegenwehr geleistet hatten. Der Offizier eilte den Flüchtigen voran. Shazad sah Saan, der an Deck der Mondschein stand und heftig winkte. Der Lärm des Kampfes rückte immer näher.
Blutige Axt drehte sich um, als wolle sie Shazad etwas zurufen, aber ein Wurfspeer durchbohrte ihre Kehle und ließ sie für immer verstummen. Die letzten nevanischen Soldaten fielen, und plötzlich waren sie von Shasinn umgeben. Die Kriegerinnen drängten sich um die Prinzessin, schützten sie und versuchten, ihr Leben zu retten. Durch das Gewirr der Kämpfenden sah Shazad, wie Harakh und seine Leute an Bord der Mondschein kletterten, als Saan das Segel setzte. Der Offizier war klug genug, ihr nicht zu Hilfe zu eilen. Ein guter Mann, dachte sie und wünschte, sie hätte mehr Offiziere wie ihn gehabt.
Die Kriegerinnen fielen; eine nach der anderen wurde von Shasinnspeeren durchbohrt. Shazad leistete keine Gegenwehr, und schon bald war sie von jubelnden Kriegern umzingelt. Eine Hand auf ihrer Schulter zwang sie, sich hinzuknien, und etwas Kaltes presste sich gegen ihren Hals. Sie sah nach unten und erkannte die im Feuerschein funkelnde Klinge eines Speers. Eine zweite Klinge berührte ihren Hals auf der anderen Seite, und die Spitzen der Waffen trafen sich genau vor ihrem Kinn. Wenn sie die Speere fest genug zurückziehen, dachte Shazad, wird mein Kopf abgetrennt. Der Gedanke beunruhigte sie nicht sonderlich. Sie wünschte, man würde sie schnell töten. Dann nahmen die Männer die Speere fort, jemand packte Shazad am Arm und riss sie auf die Beine. Sie begriff, dass es sich bei der Geste mit den Speeren um eine Art Zeremonie bei Gefangennahmen handeln musste, wie es auch die Wüstenbewohner taten, die ihre besiegten Feinde an den Haaren festhielten. Von Speerschäften angetrieben, stolperte sie dem Festland zu. Noch war ihre Qual nicht beendet. Aber eines konnte ihr niemand mehr nehmen: Sie hatte den König in Sicherheit gebracht.
KAPITEL DREIZEHN
A ls der Morgen dämmerte, stiegen noch vereinzelte Flammen vom Wrack der Sieger und dem Feuerschiff auf und sandten dunkle Rauchwolken gen Himmel. Das Wrack des Zweibänkers, der durch den Katapultstein Schaden genommen und schließlich in Flammen aufgegangen war, lag auf der Seite im flachen Wasser. Leichen und Trümmer waren von der Flut zum Hafeneingang getragen worden, aber die größeren Holzteile, die sich dort angesammelt hatten, ließen kaum etwas durch.
Unweit des Stadttores lehnte sich Shazad gegen die Mauer und ließ ihren unterkühlten Körper von der Sonne erwärmen. Wenigstens trug sie nicht länger die durchnässten Kleider. Die Shasinn hatten sie ihr vom Leib gerissen, so dass sie völlig nackt war. Dann
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