Schwarze Schilde
ermutigte sie sich: Ich trage dieses Joch.
Ein schwerer Holzbalken lag über ihren Schultern. In der Mitte befand sich eine Einbuchtung für den Hals. Sie war gepolstert, zwang Shazad jedoch, den Kopf gesenkt zu halten. Ihre Handgelenke hatte man an die hufeisenförmigen Enden des Jochs gebunden. Sie hockte inmitten einer Gruppe von vierzig oder fünfzig Gefangenen, bei denen es sich zumeist um Arbeiter und Sklaven handelte, die auf den nevanischen Schiffen gedient hatten. Die Soldaten, Matrosen und Offiziere waren an einen anderen Ort gebracht worden. Viele Verwundete lagen herum, um die sich niemand kümmerte. Von Zeit zu Zeit kam ein Insulaner vorbei, untersuchte die Männer und – wenn er der Meinung war, der Verletzte werde nicht überleben – tötete er sie mit dem Schwert oder dem langen Speer.
Ihr Haar war verfilzt und schmutzig. Sie war mit Blutergüssen bedeckt, und jede Stelle ihres Körpers schmerzte. In den vergangenen Jahren hatte sie es manchmal unterhaltsam gefunden, die Sklavin zu spielen, meist in Gesellschaft anderer Edelfrauen und -männer. Sie hatten Sklavenhaisringe getragen, und es war aufregend und reizvoll gewesen, sich dem anderen zu unterwerfen – immer mit dem Wissen, das Spiel jederzeit beenden zu können. Sie wusste, dass echte Sklaverei weitaus weniger angenehm sein würde.
Ein Paar vernarbter krummer Beine tauchte vor ihr auf. »Steh auf, Mädchen!« befahl eine Stimme. Ungeschickt, ohne die Hände benützen zu können, gehorchte sie. Unter dem Joch vermochte sie den Kopf kaum hoch genug zu heben, um sein Gesicht zu erkennen. Es war auch mit Narben bedeckt. Sein Kopf war kahlrasiert bis auf ein langes Haarbüschel, das von einem goldenen Ring zusammengehalten wurde. Etliche Ringe schmückten die Ohren, und er trug eine Ledertunika, die von einem breiten, mit Korallen besetzten Gürtel zusammengehalten wurde. Er war kein Insulaner, sondern ein nevanischer Sklavenaufseher.
»Wie heißt du?« wollte er wissen. Eine Gruppe neugieriger Inselkrieger hatte sich versammelt und beobachtete die beiden interessiert. Shazad schwieg. Der Mann nickte jemandem, der hinter ihr stand, zu, und urplötzlich schien ihr Rücken in Flammen zu stehen. Man hatte sie mit einer neunschwänzigen Katze geschlagen. Der Mann trat näher.
»Warum schreist du nicht?«
»Ich bin von Novizen schon fester geschlagen worden!« fauchte sie. Shazad stemmte die Beine in den Boden und verrenkte den Oberkörper, so gut sie konnte. Das Ende des Jochs prallte gegen den Kiefer des Mannes, und ein überwältigendes Glücksgefühl durchströmte sie, als der Knochen zersplitterte. Der Mann fiel bewusstlos zu Boden. Hoffentlich töten sie mich jetzt, dachte die Prinzessin. Stattdessen brüllten die Krieger vor Lachen, als hätten sie seit langem nichts Komischeres mehr erlebt.
»Dreh dich um.« Eine Frauenstimme.
Langsam wandte sich Shazad um. Zwei Frauen, von Shasinnkriegern umgeben, standen vor ihr. Die größere trug nur einen winzigen Lendenschurz und war mit Schmuck behängt. Sie war das schönste Wesen, das Shazad je gesehen hatte, obwohl sie ihr Leben lang von schönen Männern und Frauen umgeben gewesen war.
»Königin Larissa«, stieß sie mit krächzender Stimme hervor, »endlich lernen wir uns kennen.«
Die Königin hielt eine Peitsche in der Hand. Sie hatte Shazad geschlagen. Jetzt legte sie den Griff der Peitsche unter Shazads Kinn und hob ihren Kopf an, was ihr wegen des Jochs große Schmerzen bereitete.
»Wer bist du, Mädchen?« Ihre Stimme war wohlklingend, und ihr Atem duftete nach frischen Kräutern.
»Prinzessin Shazad von Neva«, antwortete sie.
Erstauntes Stimmengewirr brach unter den Umstehenden aus. Die Königin wandte sich an die kleinere Frau, die neben ihr stand. Sie hatte dunkles Haar, honigfarbene Haut und mandelförmige Augen. Um den Hals trug sie ein Kupferband. Sie trat näher und sah Shazad ins Gesicht.
»Es ist schwer zu sagen, Herrin«, meinte sie schließlich. »Sie sieht schrecklich aus und hat so viele Blutergüsse und Kratzer.«
»Das Sklavenhalsband steht dir gut, Dunyaz«, sagte Shazad. »Bei den Spielen, die wir vor Jahren spielten, warst du immer die willigste Sklavin von allen.«
»Und dich kleidet das Joch bestens«, erwiderte Dunyaz. »Ich würde meine Herrin bitten, dich für deine Unverschämtheit auspeitschen zu dürfen, doch ich weiß, wie sehr dir das gefiele.« Sie wandte sich wieder der Königin zu. »Ja, das ist sie.«
»Folgt mir«, sagte Larissa und schritt
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