Schwarze Schilde
Arbeit gehen.«
Die vier Männer beugten sich über den Tisch und schmiedeten Schlachtpläne.
KAPITEL FÜNFZEHN
E s kam Shazad komisch vor, dass man ihr immer verboten hatte, den Kriegsberatungen ihres Vaters beizuwohnen, sie aber jetzt an den Besprechungen Gasams teilnahm. Zwar war sie an eine Wand gekettet, aber sie verfolgte die Ereignisse mit großer Neugier. Man hatte ihr die Hände hinter dem Rücken gefesselt, und an den Fußknöcheln trug sie Bronzeringe, die durch eine kurze Kette verbunden waren, da sie mehrere Fluchtversuche unternommen hatte.
Shazad hatte versucht, die Fesseln mit einem nachlässig an die Wand gelehnten Speer zu durchtrennen, sie war durch ein Fenster gesprungen und auf die Ställe zugelaufen, nur um herauszufinden, dass dort keine Cabos mehr standen, und sie hatte sich bemüht, einen Wächter zu verführen. Außer ihren neuen Ketten trug sie auch rote Striemen, die sich vom Nacken bis zu den Fersen zogen. Sie hatte den Fehler begangen, Königin Larissa zu erzählen, dass sie das Auspeitschen aus religiösen Gründen auf sich genommen hatte, es aber in Wirklichkeit verabscheute. Nun, dachte sie, auf diese Weise blieben ihr wenigstens die ansonsten sehr beliebten Strafen der Brandmarkung oder dem Brechen der Zehen erspart.
Bei den Sitzungen waren der König, die Königin und die höchsten Offiziere anwesend, die hauptsächlich aus Shasinn bestanden. Die heutige Versammlung fand in einem Innenhof des Palastes statt, weil sich die Shasinn in geschlossenen Räumen unwohl fühlten. Ihnen gegenüber saßen Amus, der Bruder König Olands, und seine ranghöchsten Offiziere. Die Männer trugen weite Hosen, Umhänge aus gewebten Quilhaaren und verzierte Sandalen. Das lange schwarze Haar war auf dem Kopf zu einem Knoten verschlungen worden, und lange Schnurrbärte hingen zu beiden Seiten des Kinns herab. Letztere belustigten die Shasinn sehr, denn die blonden Krieger waren nicht einfach nur glattrasiert, wie Shazad zuerst vermutet hatte – sie harten vielmehr keinerlei Bartwuchs. Aus diesem Grunde hielten sie Gesichtsbehaarung für ein Zeichen von Minderwertigkeit.
Falls sich die Omianer wunderten, dass Gasam eine Sklavin im Innenhof angekettet hielt, waren sie zu höflich, Fragen zu stellen. Sie waren aus wichtigen Gründen hier und hatten keine Zeit für die Belange der Sklaven. Alle sprachen sehr langsam. Obwohl sie die gleiche Sprache beherrschten, unterschieden sich die Dialekte, und viele Worte hatten unterschiedliche Bedeutungen. Dunyaz saß zwischen der Königin und dem König und übersetzte, wenn etwas unklar war.
»Mein Bruder, der edle König Oland von Omia«, begann Amus, »ist entsetzt über das schlechte Benehmen des elenden Pashir von Neva und hat sich aufgemacht, uralte omianische Ländereien zurückzuerobern, die uns vor langer Zeit von einem habgierigen nevanischen König entrissen wurden.«
»Ich verstehe«, antwortete Gasam. »War Pashir dieser König?«
»Aber nein«, erwiderte Amus, den die Unterbrechung erstaunte. »Einer seiner Vorgänger.«
»Aha. Und wie lange liegt das zurück?«
Der Omianer schnippte wegwerfend mit den Fingern. »Das spielt keine Rolle. Das Land nördlich des Echsenflusses gehört rechtmäßig dem König von Omia. Dort ruhen die Gebeine unserer Vorfahren. Dieser heilige Anspruch kann nicht durch die Dauer noch so vieler Jahre erlöschen.«
»Ihr könnt König Oland ausrichten, dass ich seinen Anspruch gerechtfertigt finde und mich zurückhalten werde, wenn er sich nicht in meine Kriegszüge einmischt.«
»Das liegt dem König fern«, beteuerte Amus. »Die Küstengebiete bedeuten uns nichts. Wir sind keine Seeleute. Wir züchten Vieh, genau wie die Shasinn. Unsere Kagga- und Quilherden grasen in den Hügeln unserer Heimat, und wir gehen vom Caborücken aus auf die Jagd. Dergleichen Beschäftigungen ziemen sich für ein Volk edler Krieger. Die Nevaner wühlen in der Erde. Es sind Händler, die kaufen und verkaufen. Das sind unwürdige Taten, die den minderwertigen Völkern zustehen.«
»Ihr habt recht«, sagte König Gasam. »Völker wie das Eure und das Meine sollten gut Freund miteinander sein.«
»Vielleicht mehr als Freunde«, schlug Amus vor, der eine günstige Gelegenheit witterte. »Vielleicht sollten wir uns verbünden, damit wir für alle Zeiten Brüder sind.«
»Was für eine reizvolle Idee«, meinte Gasam und gab dann vor, besorgt zu sein. »Was für ein schlechter Gastgeber ich bin! Ihr seid lange geritten und habt
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