Schwarze Schilde
auch setzten, sogleich eilten winzige Kreaturen aus ihren Verstecken und suchten eilig nach neuem Schutz. Hael, den alle Tiere beeindruckten, betrachtete sie eingehend. Er sah Reptilien, Säugetiere und ein paar flugunfähige Vögel, die alle von unscheinbarer, matter Farbe waren. Die meisten hatten sehr kurze Beinchen und neigten dazu, ein paar Fuß weit zu springen und sich dann flach und reglos an den Boden zu pressen. Daraus schloss Hael, dass die meisten Raubtiere der Gegend in der Luft lebten, denn ein solches Verhalten wäre gegenüber einem Gegner, der sich lauernd im Gestrüpp verbarg oder dem Geruch der Beute folgte, völlig nutzlos.
»Wo sind die großen Räuber?« Bamian wirkte enttäuscht.
»Große Räuber brauchen keine große Beute«, entgegnete Jochim. »Das heißt aber nicht, dass es hier ungefährlich ist. Auch kleine Wesen können tödliches Gift bergen.«
»Bei Nacht wird sich einiges ändern«, warnte sie Hael. »Es gibt größere Tiere, und einige von ihnen sind äußerst gefährlich. Ich spüre ihre Anwesenheit. Heute Nacht müssen die Cabos besonders gut bewacht werden.«
Niemand stellte seine Anweisung in Frage. Schon lange wussten sie, dass ihr König ein Gespür für die Tierwelt besaß, das übernatürlich war. Nach einer Weile beugten sich die Späher in den Sätteln vor und deuteten auf Spuren. Keiner von ihnen hatte je derartige Abdrücke gesehen. Die Wesen, von denen sie stammten, besaßen dünne Zehen, die in seltsamen Winkeln abstanden, und am Ende jedes Zehs saß eine lange, gebogene Klaue.
»Was mag das für ein Tier sein?« fragte ein Amsihäuptling.
Sogar Hael fiel es schwer, sich diese Kreatur vorzustellen. Sie bewegte sich größtenteils auf zwei Beinen vorwärts, und nahm nur gelegentlich die anderen beiden zur Hilfe. Allerdings wirkten die Abdrücke des zweiten Beinpaars noch eigenartiger: Es handelte sich um zwei Klauen, die jedoch leicht verwischt aussahen, als würde Fell oder Haut bis auf den Boden herabhängen.
»Genug!« rief Hael. »Wir werden es herausfinden. Ich will das Lager in der Nähe einer Wasserstelle aufschlagen lassen. Späher, verteilt euch, bleibt aber zusammen. Beobachtet die Wildspuren und findet heraus, wohin sich die meisten Tiere wenden. Dann müssten wir irgendwann auf eine Wasserstelle stoßen. Sobald ihr eine entdeckt habt, die sich als ausreichend für alle Cabos erweist, kehrt ihr zurück.«
Glücklich über den wichtigen Auftrag und die Unterbrechung der eintönigen Reise, ritten die Späher unter Freudengeschrei davon. Der Rest der Armee hielt an, während jetzt auch die Nachhut den Steilhang hinter sich brachte und Hael seine Truppen wieder versammeln konnte. Trotz der seltsamen Landschaft waren alle froh, das Gebirge hinter sich gelassen zu haben.
Noch ehe sie mehrere Meilen zurückgelegt hatten, endete die Straße. Vielleicht war sie nur zum Überqueren der Berge angelegt worden, doch Hael vermutete, dass sie auch durch die Wüste führte, aber seit langer Zeit unter Sand, Schmutz und Gestrüpp verborgen lag.
Am Spätnachmittag kehrten die Späher zurück. Sie hatten eine geeignete Wasserstelle gefunden, die sich als seichter, schlammiger, von Unkraut überwucherter Tümpel entpuppte, dessen Ufer von unzähligen Füßen der im Umkreis lebenden Tiere aufgewühlt worden war. Die Männer beschlossen, die Cabos in kleinen Gruppen zu tränken, damit nicht zu viel Schlamm aufgewirbelt und das Wasser ungenießbar wurde.
»Nicht gerade ein romantisches Fleckchen Erde«, bemerkte Hael, »aber auch in der Steppe ist es oft nicht leicht, eine gute Wasserstelle zu finden.«
Kurz nach Aufgang des Mondes erscholl ein schrilles Kreischen, das alle Männer aufspringen und nach den Waffen greifen ließ. Der Schrei war so entsetzlich, dass er auch die tapfersten Krieger bis ins Mark erschütterte. Das Kreischen steigerte sich, bis es unerträglich wurde. Die Männer riefen einander Fragen zu und hielten die Speere und Kurzschwerter fest umklammert.
Hael brüllte um Ruhe, aber vergebens. Der erste Schrei wurde von einem zweiten beantwortet, der aus einer anderen Richtung kam. Dann erschollen plötzlich die schrecklichen Laute aus allen Richtungen gleichzeitig. Hael versuchte vergeblich, die Wesen zu entdecken. Die Panik der Krieger ließ seine angestrengten Versuche scheitern, und es war fast unmöglich, sich zu konzentrieren, während die markerschütternden Schreie erklangen. Bei den meisten Tieren, besonders den größeren, konnte Hael ihren
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