Schwarze Schilde
hinderlichen Pfähle. Während die Taucher den Sand rings um die Pfosten auflockerten, bewegten Ruderer die Boote rückwärts, um sie aus dem Boden zu ziehen. Ein paar saßen so fest, dass sie nicht weichen wollten. Daraufhin wurden lange Seile bis hin zu den Galeeren gebracht, die das Hindernis aus dem Boden zerrten – wenn das Seil hielt. Das Ganze fand unter anhaltendem Pfeilhagel statt, so dass die Boote mit Deckschilden ausgestattet werden mussten: mit tragbaren Wänden, die die Krieger vor Geschossen schützten.
Auch so konnte der Krieg aussehen. Bisher hatte Shazad sich eine Schlacht nie als Arbeit vorgestellt, sondern als bloßes Gefecht, aber es freute sie, dass diese Männer ihr Handwerk verstanden. Sie jedenfalls sehnte sich nicht unbedingt nach einer einzigen glorreichen Schlacht. Vielleicht konnten die Nevaner den Feind auf diese Weise schlagen. Die Barbaren waren großartige Kämpfer, aber bisher hatte sie noch nie von Wilden gehört, die harte Arbeit mochten.
Der Wellenbrecher und Teile der nahe gelegen Küste waren ohne Widerstand erobert worden, jetzt aber flogen Geschosse heran. Aus Shazads Blickwinkel schienen sie senkrecht emporzusteigen. Dann fielen sie wuchtig zwischen den Pionierbooten ins Wasser und versanken. Hin und wieder trafen sie auch eines der Boote und die Besatzung.
»Woher kommen sie?« wollte sie wissen.
»Bestimmt haben die Feinde Katapulte auf Flößen errichtet«, vermutete Saan. »Sie feuern genau aus dem Hafenbecken heraus.« Während er sprach, wurde ein Deckschild zertrümmert, und wieder regnete es Pfeile, die von Bogenschützen stammten, die sich auf der Kaimauer versammelt hatten.
»Seht nur, Hoheit, da, rechts vom Turm!«
Sie drehte das Fernrohr in die gewiesene Richtung. Zwei Menschen saßen auf Sesseln, die oben auf der Mauer standen, und beobachteten das Spektakel. Selbst mit Hilfe des Glases waren es nur winzige Figuren, aber es musste sich um Gasam und seine. Königin handeln. Shazad starrte die Frau an, bis ihre Augen schmerzten, aber sie konnte keine Einzelheiten erkennen, nur schien die Königin so gut wie keine Kleidung zu tragen. Das Licht, das sich auf dem silbern funkelnden Speer ihres Gemahls spiegelte, ließ auch ihren Schmuck aufblitzen, aber das war alles, was Shazad erkennen konnte.
Die Stunden verrannen. Shazad verließ den Ausguck mehrere Male, um sich zu erfrischen und zu essen. Obwohl es unsinnig war, sorgte sie sich, was die Sonne und der Wind ihrer Haut antun mochten. Aber wenn diese Frau dort oben nackt auf der Mauer saß, würde auch sie keinen Hut aufsetzen oder einen Schleier anlegen, um sich zu schützen. Als sie am Spätnachmittag speiste, gesellte sich Blutige Axt zu ihr.
»Hoheit, ist das ein Krieg oder geht es um Bauarbeiten? Nie sah ich so viele Arbeiter und Sklaven, die vorgaben, Krieger zu sein.«
»Würdest du gern unter Wasser kriechen, um die Pfosten auszugraben?« erkundigte sich Shazad.
»Nein, aber …«
»Führt ihr im Süden nicht solche Kriege?«
Die Frau grinste. »Im Süden kämpfen wir! Die Könige und ihre Krieger versammeln sich auf dem Schlachtfeld, und der Kampf beginnt. Blut fließt, und man kann sich mit Ruhm und Ehre bedecken. So sollten Krieger kämpfen.«
»Und wozu hat euer König die Schiffe?« Shazad deutete auf die chiwanischen Galeeren, die zurzeit nutzlos auf den Wellen schaukelten.
»Es gibt ein paar Festungen auf Inseln und Halbinseln, die kleinen Nachbarkönigen, Piraten und Wilden gehören. Wenn sie gestürmt werden, erweisen sich die großen Schiffe als nützlich.«
Die Prinzessin fragte sich, wer um alles in der Welt in den Augen der Frau als ›Wilder‹ gelten mochte.
»Geduld, meine Hübsche«, seufzte sie. »Schon bald wird Blut in rauen Mengen fließen, so viel Blut, wie du dir nur wünschen kannst.«
Die Sonne versank, aber die Arbeit ging weiter, vom Licht vieler Fackeln erhellt. Feuerkörbe auf langen Stäben wurden in den Sand gerammt und mit brennenden Faustnüssen gefüllt. Die Pioniere arbeiteten unverdrossen weiter, und auch die Taucher blieben am Werk. Der Anblick fesselte Shazad. Das ungewisse Licht erschwerte es den Verteidigern an Land, die richtige Entfernung für die Geschosse zu erkennen, daher stellten sie den Beschuss ein, um keine kostbare Munition zu verschwenden. Shazad befahl dem Kapitän, die Mondschein näher rudern zu lassen.
Vorsichtig steuerte Saan das Schiff näher zu den Pionieren hinüber. Die Prinzessin sah die mit Schweiß und Meerwasser bedeckten
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