Schwarze Schilde
Tauen gehalten, denn sie hatten schwere Gewichte am Ende des Wurfarmes. Auch lagen die Geschosse nicht in Körben oder Schalen, sondern in riesigen Schlingen, die halb so lang wie das ganze Katapult waren. Ein Gewicht fiel, der Arm hob sich bis an eine Querstrebe und hielt an, worauf die Schlinge herumwirbelte und das Geschoß davonsauste. Der Stein flog erst erstaunlich hoch und begann dann scheinbar so langsam zu fallen, dass er förmlich in der Luft zu schweben schien. Als er jedoch den Zweibänker genau hinter dem Mast traf, durchschlug er die Planken des Decks, fiel herab und zerschmetterte den Kiel, ehe er im Wasser versank. Dieser Stein war zehnmal so groß gewesen wie jene, die von den schwimmenden Katapulten stammten.
Unter den Angst- und Schmerzensschreien der Männer erbebte das Schiff, und seine Nase tauchte unter Wasser. Innerhalb weniger Sekunden ragte das jetzt nutzlose Ruder hoch auf.
»O nein!« Saans Stimme war nur noch ein Krächzen. »Seht nur!«
Ein weiteres Schiff glitt durch den Hafeneingang. Es jagte mit großer Geschwindigkeit dahin, um kein leichtes Ziel für die Feinde abzugeben und schnell ins Hafenbecken zu gelangen, wo mehr Platz zum Manövrieren war. Es handelte sich um einen Dreibänker, und sein gewaltiger Bronzerumpf prallte gegen das erhobene Heck des Zweibänkers, hob ihn fast waagerecht aus den Wellen und riss ein riesiges Loch in seinen Kiel. Das Geschrei war unerträglich, als die Besatzung zerquetscht wurde oder im Inneren des zerstörten Schiffes übereinander fiel. Große Teile des Bugs stürzten auf das Deck des Dreibänkers nieder, wo sie Matrosen und Soldaten töteten. Die Wasseroberfläche war mit Ertrinkenden und Wrackteilen übersät. Von der Küste drang nicht enden wollender Jubel herüber.
Die nächsten Dreibänker erreichten den Hafen. Noch immer hagelte es Steine, aber sie kamen nicht länger in unaufhörlicher Folge. Es dauerte geraume Zeit, die Katapulte zu spannen und zu laden. Nachdem drei weitere Schiffe im Hafenbecken trieben, wurde es dort ausgesprochen eng. Die Pfeilfeuermaschinen auf den Schiffen konzentrierten sich auf die schwimmenden Katapulte, während die chiwanischen Schiffe auf die Stadtmauern zielten. Ein gewaltiges Krachen zeigte den Treffer an, der einen Steinwerfer völlig zerstörte. Nun hatten die Nevaner Grund zum Jubeln. Die Stadt befand sich jetzt unter ständigem Beschuss beider Galeeren aus Chiwa.
Shazad suchte die Küste mit Hilfe ihres Fernrohrs ab. Die Hälfte aller schwimmenden Katapulte war nicht mehr im Einsatz. Einige wurden abgebaut und in die Stadt getragen. Sie vermutete, dass der Feind sie auf den Mauern erneut aufbauen würde. Bisher war nur eines der riesigen Katapulte zerstört worden, aber zum Glück war die Treffsicherheit der Steinwerfer gering. Man hatte sie auf den Hafeneingang ausgerichtet, der inzwischen jedoch verlassen dalag. Jetzt versuchten die Verteidiger, sie auf die chiwanischen Galeeren zu richten, doch selbst diese Giganten waren auf so große Entfernung schwer zu treffen. Die Steine fielen mit lautem Platschen ins Wasser, mehr als fünf bis zehn Geschosse pro Stunde schienen sie jedoch nicht abfeuern zu können. Die Prinzessin wandte den Blick ab.
»Die Maschinen werden nicht von Shasinn bedient«, sagte sie. »Ich glaube, die meisten Leute dort oben sind nicht einmal Insulaner.«
»Das ist verständlich«, antwortete Saan. »Schließlich ist das keine Kriegerarbeit. Ich glaube, diese Wilden kannten überhaupt keine Maschinen, ehe sie hier an Land gingen. Unter der Leitung übergelaufener Soldaten und mit Hilfe der Gefangenen, die alle schweren Arbeiten verrichten, kann Gasam seine Krieger für den Nahkampf aufsparen.«
»Das würde ich genauso machen«, erklärte Shazad. Sie fragte sich, was Gasam und seine Königin tun mochten. An diesem Morgen saß niemand auf der Stadtmauer. Sie blickte zum Himmel, die Sonne hatte den höchsten Punkt bereits erreicht; vielleicht weilten sie in einem der Türme zu beiden Seiten des Hafenbeckens. Sie richtete das Fernrohr auf den kleinen Platz hinter den Docks. Dort hatten sich zahlreiche Inselbewohner versammelt, und sie entdeckte die Shasinn, die an den funkelnden Speeren zu erkennen waren. Man könnte sie wahrhaftig die ›goldenen Männer‹ nennen, dachte Shazad. Sie meinte, einen silbernen Speerschaft zu entdecken, war sich aber nicht sicher.
Am anderen Ende des Hafens regte sich etwas. Dort standen die Bootshäuser, überdachte Docks, wo Schiffe
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