Schwarze Schmetterlinge
du keine Geschwister, die dir helfen können?«
»Nein.«
Per hatte das Gefühl, mehr sagen zu sollen, etwas Tröstendes, aber die Worte, die er zu formulieren versuchte, schienen nicht richtig.
Sie verabschiedeten sich mit einer freundschaftlichen Umarmung vor Lenas Tür an der Villagatan. Ihre Hand blieb einen kleinen Moment lang in seiner liegen, ehe sie losließ. Sie zögerte in der Türöffnung, und einen Augenblick dachte Arvidsson, sie würde ihn mit hineinbitten, aber sie sagte nichts. Dann schloss sie mit einem seltsamen kleinen Lächeln die Tür.
Einen Moment lang blieb er im Schein der Straßenlaterne stehen. Dann warf er einen Blick auf das Haus, um es sich einzuprägen, falls er noch einmal hierherkommen würde. Im Fenster zur Straße hin konnte er eine untersetzte Frau mit dicken Brillengläsern und Pferdeschwanz an der Spüle stehen sehen. Auf den ersten Blick nicht mehr als ein Kind. Hinter ihr in der Türöffnung tauchte Lena auf. Sie umarmten einander. Paula nahm eine Haarbürste heraus, und Lena begann ihr mit langen Strichen das Haar zu bürsten. Paula schien ununterbrochen zu reden. Lena lachte und steckte die Haare zu einem lockeren Knoten auf und ließ die Finger darüber gleiten. Es gefiel ihm, was er sah. Zwischen den beiden herrschte eine Wärme, die er aus Lenas Erzählung nicht hatte heraushören können. Sie waren trotz allem eine Art Familie.
Da er sowieso in der Nähe war, beschloss er, bei den Lichtverhältnissen, bei denen der Überfall im Stadpark geschehen sein musste, noch mal einen Blick auf den Tatort zu werfen. Es war schon seltsam mit dieser Frau, die einfach verschwunden war. Der anonymen Zeugin zufolge war sie entkleidet und bewusstlos gewesen, um nur einen Augenblick später spurlos verschwunden zu sein. Im Krankenhaus war angeblich keine misshandelte Frau eingeliefert worden. Er würde kaum herauskriegen, ob das stimmte oder ob sie Geheimhaltung verlangt und beschlossen hatte, den Übergriff nicht anzuzeigen. Vielleicht war sie in dem Durcheinander, das der Brand verursacht hatte, in eines der Krankenhäuser im Umkreis gebracht worden. Die Frage, was wohl mit der misshandelten Frau geschehen war, ließ ihm keine Ruhe.
Der Weg durch den Stadtpark war nicht der direkte Weg nach Hause, aber er würde ohnehin nicht gleich schlafen können. Als er erst einmal mit Lena allein gewesen war, hatte er so leicht mit ihr reden können. Einfach und ungezwungen, als wäre sie ein männlicher Kollege. Gleichzeitig wuchs in ihm die starke Überzeugung, dass er sich niemals in sie verlieben würde. Beim besten Willen nicht. Schwer zu erklären, warum.
In der Bertil-Waldéns-Gata mit ihrer alten Bebauung aus roten Holzhäusern weckte ein Schild mit dem Schriftzug
Freudenhaus
seine Aufmerksamkeit. Bei näherem Hinsehen durch die Scheibe entdeckte er, dass es sich um einen Laden mit Kunsthandwerk handelte. Eine große schwarze Katze strich genüsslich an seinem Bein entlang, als er an der Bronzestatue des Spielplatzes vorbeiging, die zwei Bären beim Picknick darstellte. Der eine saß, der andere streckte sich behaglich im Sand aus. Plötzlich zog eine Wolke vor den Mond, und es wurde spürbar dunkler.
Er sah die Gruppe schon aus der Entfernung. Vier schwarz gekleidete Männer. Laute Stimmen. Ausladende aggressive Gesten. Der Widerwille kam angekrochen. Umzudrehen und einen anderen Weg zu wählen wäre eine Niederlage gewesen. Er entschied sich dafür, geradewegs durch die Gruppe zu gehen, den Männern in die Augen zu sehen und zu grüßen.
»Haste mal ’ne Fluppe?« Ein grinsendes Gesicht kam provozierend nah. Sie umringten ihn.
»Tut mir leid.«
»Haste was dagegen, wenn wir selbst nachsehen?«
»Definitiv.« Er spannte jeden Muskel seines Körpers zur Verteidigung an. Ein Mann mit rasiertem Schädel und einer groben Kette um den Hals versuchte, ihm die Arme auf den Rücken zu drehen. Arvidsson wand sich aus dem Griff. Gleichzeitig schaffte er es, den Fuß zu packen, der auf halber Höhe auf ihn zukam, und das Bein so zu verdrehen, dass der Mann auf den Rücken fiel. Ein neuer Tritt nahm ihm den Atem, ein Finger im Auge machte ihn fast blind. Er schlug um sich, ohne sehen zu können.
Die Angst verlieh ihm Kraft. Ein harter Schlag traf sein Kinn, und er fiel mit dem Gesicht auf den harten Boden. Im Fallen zog er den Größten der vier mit sich, und sie rollten ineinander verknäult herum, im Mund den Geschmack von Erde und
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