Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
Lukas konnte Millepertia und die Devils neben sich kaum mehr erahnen.
Als die Stimmen um ihn herum sich entfernten und zunehmend leiser wurden, flüsterte er: »Los jetzt. Über die Absperrung.«
Er tastete sich vorwärts und stolperte fast über Millepertia, die niedergekniet war, um die Gedenktafel mit der Springwurzel zu berühren. Ein gedämpftes Knistern ertönte, dann ein Knacken. Die Devils rüttelten an der Platte, lösten sie so aus der Pyramidenwand und setzten sie unter angestrengtem Keuchen am Sockel des Bauwerkes ab.
Lukas schaltete die Beleuchtungsfunktion seines Smartphones an und leuchtete ins Innere. Der Lichtschein erfasste einen zentral stehenden Sandsteinblock, auf dem eine Kalkplatte mit Gravuren zu sehen war. Ohne Zögern kletterte er durch den engen Zugang ins Innere der Pyramide, und Millepertia und die drei Devils folgten ihm in den Innenraum.
Er sah sich um und staunte. Statt schräg aufragender Wände wölbte sich über ihnen ein altes Klostergewölbe. An den umliegenden Wänden befanden sich kleine Konchen, halbrunde Nischen, und an der Raumdecke gähnte ihnen eine quadratische Öffnung entgegen, durch die sie einen Blick in den darüberliegenden Raum werfen konnten. Sehr schwach war dort oben Lichtschein zu erahnen, der durch kreuzförmige Lüftungsöffnungen ins Pyramideninnere sickerte.
Adam und der Drummer leuchteten den Innenraum ebenfalls mit ihren Smartphones aus, während Ben seinen Geigenkasten aufklappte und die Violine untersuchte, so als befürchte er, dass ihr der geweihte Boden etwas anhaben könnte.
Schließlich versammelten sie sich um die imposante Kalksteinplatte im Zentrum des Raumes, und der Drummer schob mit der Schuhspitze die Überreste einer toten Taube aus dem Weg, die sich irgendwie in die Pyramide verirrt hatte. Eingefasst von fein gearbeitetem Rankenwerk, war auf der Platte der Grundriss Karlsruhes zum Zeitpunkt von 1823 eingraviert. Farbliche Hervorhebungen dokumentierten die Stadtentwicklung seit der Gründung.
»Und ich dachte, hier steht ein Sarkophag«, murmelte Ben.
Lukas trat neben ihn und leuchtete den Sandsteinsockel ab, auf dem die Kalkplatte ruhte. »Wenn ich das richtig verstanden habe, steht die Pyramide
auf
dem Grabgewölbe.« Er leuchtete den Boden ab, doch sie konnten nirgendwo einen Zugang ausmachen.
Millepertia strich mit den Fingern über das eingravierte Rankenwerk. »Das ist ungewöhnlich. Ich hätte Lorbeer oder etwas in der Art erwartet. Aber das hier stellt zweifelsohne Hartheu dar.«
»Dann scheinen wir auf dem richtigen Weg zu sein«, sagte Lukas.
Der Drummer bückte sich und musterte Sandsteinsockel und Kalkplatte. »Irgendwie muss es von hier aus doch ins Grabgewölbe gehen«, brummte er. »Kommt, helft mir. Wir versuchen, die Platte anzuheben.«
Sie stellten ihre Lichtquellen in den Wandnischen ab, und die Männer mühten sich, die Platte anzuheben. Endlich kippte sie, dann polterte sie rumpelnd zu Boden.
»Seht euch das an!« Ben beugte sich über einen schmalen, in die Tiefe führenden Schacht, der sich inmitten des schweren Sockels auftat.
Lukas schnappte sich sein Handy und leuchtete nach unten. Er entdeckte Eisensprossen, die in die Dunkelheit führten. »Ich gehe voran.« Bevor ihn jemand daran hindern konnte, schwang er seine Beine über die Sockelkante und kletterte in die Tiefe. Die anderen leuchteten ihm.
»Und?«, hallte über ihm Adams Stimme.
Lukas spürte wieder Grund unter seinen Füßen und sah sich um. Er stand jetzt in einem düsteren und leicht muffig riechenden Tonnengewölbe mit verblassten religösen Motiven an den Wänden, dessen Decke dick mit Verkrustungen aus Kalk und Schimmel überzogen war. In den vier Raumecken standen in Wandnischen marmorne Engel. Ihre trauernden Blicke waren auf einen prachtvollen Zinnsarg gerichtet, der in der Gewölbemitte thronte. Sargdeckel und Seitenfronten des Prunksarges waren mit vergoldetem Laubwerk geschmückt, auf dem in Rot, Gold, Blau und Weiß das Familienwappen des Verstorbenen eingelassen war: ein reich ornamentiertes Schmuckwerk mit fünf Ritterhelmen, roten Löwendarstellungen und einem Mittelschild, auf dem sich unter anderem der rote badische Schrägbalken auf goldenem Grund befand.
»Ich habe das Grab des Markgrafen gefunden!«, rief er mit hallender Stimme.
Schon waren über ihm im Schacht Klettergeräusche zu vernehmen. Auch die anderen machten sich an den Abstieg.
Lukas trat vor den Sarg und betrachtete die aus Zinn gegossenen Ornamente –
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