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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Er stand mit den Händen in den Taschen vor der Nische rechts der Stirnwand, die anders als die übrigen Mauern keine Malereien trug, und sie gingen zu ihm herüber, um seine Entdeckung zu begutachten. »Du hast recht«, sagte Ben.
    »Das ist vielleicht der Hinweis, nach dem wir gesucht haben«, meinte Lukas aufgeregt, schob den Drummer beiseite und klopfte die Statue ab. Sie klang massiv. Schließlich umfasste er sie an der Leibesmitte und ruckelte an ihr, doch sie bewegte sich nicht. »Schade. Wohl doch Fehlanzeige.«
    »Vielleicht lohnt ein Blick auf die anderen Statuen?«, schlug Ben vor. Er und die anderen Devils untersuchten die übrigen Nischen. Die Sockel der darin aufgestellten Engel waren jeweils mit einem marmornen Zapfen im Untergrund fixiert. Dennoch gelang es ihnen problemlos, die schweren Skulpturen anzuheben. Leider verbargen sie nichts Ungewöhnliches.
    »Und warum gelingt das nicht bei der hier?« Abermals musterte Lukas den Engel, den sie für Gabriel hielten.
    Auch Millepertia betrachtete die Figur genauer und stieß dann einen erstaunten Laut aus. »Der Stern, der seinen Stirnreif ziert, ist kein einfacher Stern. Das ist eine Hartheublüte.« Sie zögerte kurz, dann stach sie sich mit einer Nadel in den Finger. Vor ihrer aller Augen wuchs aus der Wunde ein grüner, wippender Stengel mit kreuzförmigen Blättern empor, an dessen Ende sich eine gelbe Blüte entfaltete. Millepertia berührte den Engel mit dem Pflänzchen, und am Sockel der Statue knackte es. Dann wurde es still.
    Irritiert sahen Lukas und die Musiker einander an.
    »Lasst mich mal.« Ben versuchte die Statue erneut anzuheben. Diesmal mit Erfolg. Er zog an ihr, bis sie sperrte und in seltsam schräger Position verharrte. Stirnrunzelnd griff er in die Nische, dann betastete er den unteren Teil des Sockels. »Sieh einmal an. Hier hinten ist eine Kette befestigt!«
    Lukas half ihm, und gemeinsam zerrten sie weiter an dem Engel. Es gab einen Ruck, die Statue kippte ihnen plötzlich entgegen, und mit ihr rutschte eine schmale, leicht rostige Eisenkette aus einem Loch im Nischenboden, die sich abrollte und klirrend zu Boden fiel. Die Kettenglieder mündeten in einem rostigen Metallstift.
    Aus der Wand unterhalb der Nische schlug ihnen jetzt dumpfes Rasseln entgegen. Ein Geräusch, das an der Stirnseite des Grabgewölbes seinen Widerhall fand, als nähmen dort im Verborgenen schwere Gewichte und Zahnräder ihren Betrieb auf. Ein schleifendes Geräusch wie von Riegeln, die über Stein fuhren, hallte durch das Gewölbe, dann wurde es wieder still.
    Triumphierend sahen sich Lukas und Ben an. Millepertia und der Drummer untersuchten sofort die Wand an der Stirnseite des Gewölbes. Der muskulöse Musiker stemmte sich gegen sie, und endlich gab sie nach. Auf einem Meter Breite öffnete sich eine Tür, Kalk und Gestein rieselten zu Boden. Der Drummer hustete.
    »Mann, ist das geil!« Adam beleuchtete den dunklen Zugang. »Das ist ja fast wie bei Indiana Jones.«
    »Dann weißt du ja, was passiert ist, als er die Bundeslade fand«, knurrte Ben, und Adam wurde bleich.
    »Wir müssen da trotzdem rein«, sagte Lukas. Im Licht ihrer Lampen wurde ein zweites, sogar noch etwas größeres Grabgewölbe sichtbar, das über und über mit Spinnweben verhängt war. Zwischen diesen ruhte auf einem Sockel inmitten des Raums eine fast brusthohe, steinerne Urne.
    »Eine
Urne?
« Millepertias Stimme klang zweifelnd. »Für ein Mönchsgrab wäre das ziemlich ungewöhnlich.«
    »Wieso?«, fragte Lukas.
    »Weil Feuerbestattungen im Mittelalter verpönt waren«, antwortete sie. Sie betrat das verborgene Gewölbe als Erste und zog einige der Spinnweben beiseite. »Die Christen nahmen die leibliche Auferstehung der Toten gemäß des Glaubensbekenntnisses damals sehr viel ernster als heute. In der orthodoxen Kirche sind Feuerbestattungen bis heute verboten.«
    Lukas und die Devils halfen ihr beim Entfernen der Spinnweben, und gemeinsam legten sie auch an den Wänden dieser Gruft Malereien frei, die allerdings ungleich schauriger waren als jene im Grab des Markgrafen. In mehreren Reihen umtanzten die Wände Darstellungen von Skeletten und Menschen in seltsam verrenkten Posen, die einander an den Händen gefasst hielten. Die Knochenmänner erinnerten Lukas an Abaddon, doch seine innere Stimme sagte ihm, dass sie alles andere als eine Huldigung an den Dämonenfürsten waren.
    »Erinnert mich an die frühen Totentanz-Darstellungen«, brummte der Drummer.
    »Totentanz?«,

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