Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
jedoch nirgends entdecken. »Wo ist Abraham?«
»Ich kümmere mich um ihn«, keuchte Millepertia schwach.
»Geh endlich!«
Lukas löste sich widerwillig von ihr, und in diesem Moment entdeckte er Faust. Sein Ahne hatte die Höhle nun fast zur Gänze durchquert und stand unmittelbar vor dem Thron.
»Scheißkerl!«, knurrte Lukas, sah ein letztes Mal zu Millepertia, deren Augen erschöpft flatterten, packte seinen Hexenbesen und sprang auf ihm in die Höhe. Sich ganz darauf verlassend, dass der Zweikampf zwischen Abaddon und Barbarossa von ihm ablenkte, raste er im Tiefflug über die vielen Leichen hinweg auf den Zauberer zu. Es gelang ihm sogar, einem der erstickten Ritter unter ihm die Streitkeule zu entreißen. Die Waffe war überraschend schwer, doch Lukas war von solcher Wut erfüllt, dass er das Gewicht stumpf ignorierte.
Faust hatte inzwischen die oberste Stufe des Throns erreicht und griff nach einem prächtigen, blassrosa funkelnden Diamanten, der ganz oben auf der Lehne des Throns angebracht war. Doch da war Lukas bereits heran und schlug ohne Erbarmen zu. Sein Ahne wirbelte zwar instinktiv herum, konnte jedoch nicht verhindern, dass ihn der Streitkolben hart im Nacken traf. Lukas glaubte, das Knacken von Knochen zu hören.
Schmerzerfüllt brüllte Faust auf und taumelte einige Stufen nach unten. Lukas hingegen machte auf dem Besen abrupt kehrt und raste erneut auf ihn zu – als Fausts Kristallkugel grell aufflammte.
Geblendet riss Lukas den Kopf herum, verfehlte seinen Gegner und krachte frontal gegen die nahe Felswand. Der Aufprall schleuderte ihn vom Besen, und er kollerte, sich mehrfach überschlagend, in die Tiefe. Kaum, dass er wieder zu sich kam, war Faust auch schon bei ihm und fegte ihm mit einem Fußtritt die Waffe aus der Hand. Ungestüm packte er ihn am Kragen und zog ihn empor. »Du mieses Stück Aas! Wie hast du es geschafft, der Sporenattacke zu entgehen?«
Lukas blinzelte und versuchte sich erfolglos aus dem Griff zu befreien. »Find’s selbst raus, Arschloch!«
Faust rammte ihm schmerzhaft das Knie zwischen die Beine, und Lukas ging abermals zu Boden, wo er sich vor Schmerzen krümmte. Endlich verschwand der blinde Fleck, der ihn am Sehen hinderte. Zu seiner Genugtuung blutete Faust zwischen Kopf und Schulter. Es schien ihm Mühe zu bereiten, die Linke mit der Kristallkugel zu heben.
»Ich dachte, du brauchst diesen Körper noch?«, ächzte Lukas.
»Das wird mich nicht daran hindern, dir so lange weh zu tun, bis ich die Antwort auf meine Frage erhalte.« Faust wollte ihn abermals packen, als weiter vorn in der Höhle ein tobsüchtiger Dämonenschrei ertönte, dessen Hall ihnen wie Nadeln in die Ohren stach.
Beide Fausts ruckten zu Barbarossa und Abaddon herum. Die Rösser der Kontrahenten lagen von klaffenden Wunden übersät am Boden. Nur Barbarossa stand noch. Schwankend und vom Kampf gezeichnet hielt er Salomons Schwert über dem Kopf und schlug dem vor ihm knienden Helljäger mit einem wuchtigen Hieb den schwarzen Skelettschädel vom Hals. Eine Explosion aus schwarzem Unlicht erfüllte die Höhle, und eine Woge schwefliger Luft schlug ihnen entgegen.
Barbarossa wandte sich jetzt dem Thron zu, doch er taumelte, und sein bärtiges Gesicht war von Erschöpfung gezeichnet. Das Schwert entglitt seinen Fingern, dann brach auch er zusammen.
»Das war es mit deinem elenden Mentor!«, zischte Lukas.
»Oh, genau das war der Plan!«, erwiderte Faust süffisant.
Lukas verging das Lachen. Stattdessen sah er irritiert zu seinem Ahnen auf, auf dessen brandigem Gesicht sich ein gehässiges Grinsen abzeichnete. »Als ich erfuhr, dass Barbarossa und Arnold von Wied zusammengearbeitet hatten, musste ich bloß eins und eins zusammenzählen, um herauszufinden, wem der Erzbischof die heilige Klinge wohl anvertraut hatte.« Faust fischte mit der Rechten ein Stück Kreide unter den Kleidern hervor und zog um Lukas einen Kreis. Der versuchte trotz der Schmerzen wieder auf die Beine zu kommen, doch ein weiterer brutaler Tritt seines Ahnen beförderte ihn zurück auf den Boden. »Liegen bleiben!« Faust beendete den Kreis und versah ihn mit Zauberrunen, die verdächtig jenen ähnelten, die Lukas auf Dees Burg gesehen hatte. Er streckte verzweifelt seinen Arm aus und ertastete ein unsichtbares Hindernis über der Kreislinie.
»Ich hatte schon befürchtet, dass du meinen Plan durchschauen könntest«, fuhr Faust fort. »Denn wie ich von meinem Helfer in Heidelberg erfuhr, hat er dir
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