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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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gewaltiges Halbrund ausbildeten. Lukas wich bis ganz an den Rand des Zwingkreises zurück und sah von dort aus mit an, wie sich das Gestein inmitten der Symbole glättete und eine samtschwarze Farbe wie rauchiges Glas annahm. Es wirkte nun tatsächlich wie ein Tor.
    Dann wurde es auf einen Schlag eiskalt, und sein Atem gefror vor seinen Lippen zu kleinen Wölkchen. Die Wand strahlte jetzt eine bittere Kälte ab, ein scharfes Knacken peitschte durch die Höhle, während sich vor seinen Augen in dem Portalrund ein langer Riss ausbildete. Bodenlose Panik kroch Lukas’ Kehle hinauf, verschnürte sie mit eisigem Griff, und sein Wimmern erstarb.
    Faust öffnete die Lider und betrachtete sein Werk zufrieden. Abermals knackste es in dem Gestein, der Riss verbreiterte sich, und ein grelles rotes Leuchten zwängte sich durch den Bruch. War das Höllenfeuer? Lukas starrte wie paralysiert auf die Pforte. Ein fernes Heulen und Wehklagen drang aus dem Spalt, bei dem sich ihm vor Grauen die Nackenhaare aufstellten. Um sie herum stiegen nun Staubfahnen der allgegenwärtigen Schimmelsporen auf und wehten in Richtung des Risses, so als würde von ihm ein starker Sog ausgehen.
    »Sehr schön, der Prozess beginnt«, murmelte Faust zufrieden. Er wich einen Schritt vor der Wand zurück. »Luzifer hat es offenbar nicht abwarten können, seiner Schwäche nachzugeben.« Er lachte, dann wandte er sich wieder Lukas zu. »Und nun zu uns beiden, Urenkel. Da es bei diesem Tempo wohl noch etwas dauert, bis das Tor offen steht, sollten wir die Zeit nutzen. Bei all dem, was ich noch plane, möchte ich nur ungern auf Luzifers Blut verzichten. Lass uns korrigieren, was mir angetan wurde. Wir werden jetzt die Körper tauschen.«
    »Nein, das werden wir nicht!«, brach es aus Lukas heraus. Mit diesem Schrei löste sich seine Starre, und der blanke Zorn verlieh ihm neuen Mut. »Ich werde mich dir
widersetzen.
Du wirst nicht in mich einfahren, du widerliches Drecksschwein.«
    »Vergeude keine Kraft.« Faust zog mit der Kreide weitere Kreise vor den Thron und beschriftete diese mit arkanen Symbolen. Hinter ihm knackste es abermals, und ein weiterer Riss bildete sich im Tor aus, der noch mehr von dem schimmligen Staub an sich zog.
    »Und jetzt entspanne dich. Dann wird der Prozess nicht so schmerzhaft.« Faust breitete seine Arme aus, legte den Kopf in den Nacken und begann einen düsteren Gesang anzustimmen – als unvermittelt ein schlanker Schatten heranschoss und ihn hart gegen die Höllenpforte schleuderte.
    Millepertias Hexenbesen!
    Faust stürzte schreiend zu Boden. Wütend hielt er nach seinem Angreifer Ausschau. »Wer wagt es …?«
    »Ich, Johann!« Unweit des Thrones sprang Abraham von Worms in seiner Homunkulus-Gestalt auf die Füße und hielt die schwirrende Armillarsphäre erhoben. »Ich werde deinem Treiben jetzt ein Ende setzen!« Unmittelbar hinter Faust krümmte sich der Raum; die Risse in der Wand wölbten sich übergroß und wie eine Blase hervor. Zugleich schrumpfte Lukas’ Ahne auf einen Bruchteil seiner Körpergröße zusammen.
    »Was
tust
du?«, brüllte er außer sich.
    »Geomantie, Johann«, gab Abraham kühl zurück. »Aber davon hast du ja nie wirklich etwas verstanden.«
    Der Zwischenraum zwischen Faust und den Rissen im Portal schrumpfte weiter zusammen, und Faust wob abwehrende Zaubergesten. Doch sie kamen zu spät. Mit einem dünnen Aufschrei zog sich sein seltsam gestauchter Körper in die Länge und wurde im nächsten Moment von dem übergroßen Riss im Portal aufgesogen – ganz so, als wäre auch er bloß Staub. Die Portalwand nahm wieder normale Gestalt an, und ein weiterer Riss brach sich im Gestein Bahn.
    Abraham rannte zu dem Zwingkreis, wischte einige der Symbole aus, und Lukas konnte sein Gefängnis endlich wieder verlassen. Mit weit aufgerissenen Augen und schlotternden Knien stolperte er vorwärts und ging vor Abraham zu Boden. »Danke«, stieß er hervor. »Das kam in letzter Minute.«
    »Tut mir leid, ich musste meine Kräfte erst sammeln.«
    »Zum Leidtun gibt es keinen Anlass«, ächzte Lukas. Die Euphorie, diesen Wahnsinn überlebt zu haben, durchfuhr ihn nun in heißen Wellen. Am liebsten wäre er lachend durch die Höhle gesprungen – doch dann erstarrte er. Die Höllenpforte! Sie knisterte noch immer, bedrohlich und stetig, und Lukas’ Angst kehrte zurück. Es war noch nicht vorbei.
    Die glosenden Risse hatte inzwischen ein feines Spinnennetzmuster angenommen. Die Wand wirkte nun erst recht wie aus

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