Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
Eitelkeiten, bis sie vergessen haben, warum sie all die Mühen überhaupt auf sich genommen haben. In höchstem Maße abstoßend.«
Lukas stand stocksteif da und glotzte den Pudel fassungslos an. »Ein … sprechender … Hund. Ich fasse es nicht. Ein sprechender
Hund!
«
Einen kurzen Moment lang waberten in den Pupillen des Pudels rote Flammen auf. »Lass dich nicht von meinem Äußeren täuschen.« Die Stimme war kalt.
Lukas keuchte. Sein Blick irrlichterte durch das Hotelzimmer, bis er auf den Donnerkeil fiel. Rasch sprang Lukas vor, griff mit schmerzender Hand nach dem Stab und richtete ihn drohend auf den Hund, der sich allerdings wenig beeindruckt zeigte.
»Andersherum.« Der Köter verdrehte die Augen. »Nicht, dass du dir versehentlich selbst weh tust.«
Lukas stutzte, drehte den Stab um und richtete ihn abermals auf den Hund aus. »Fort mit dir, was auch immer du bist!«
»Junger Famulus, dein Auftritt gerät zur Posse.« Der Pudel gähnte, sprang aufs Bett und streckte alle viere von sich. Gelangweilt legte er den Kopf auf die Vorderpfoten. »Wie ich sehe, möchtest du den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Das ist natürlich möglich. Du musst nur einen Pakt mit der Hölle schließen, um die Kräfte des Stabes nutzen zu können. Alles, was du dafür tun musst, ist, deine Seele an den Infernalischen Abgrund zu verpfänden. Geht auch ganz leicht.« Der Hund zwinkerte ihm zu. »Als dein Advocatus Diaboli biete ich mich sogar an, dir den lästigen Papierkram abzunehmen. Die teuflische Bürokratie ist für einen Sterblichen ja kaum zu durchschauen. Allein drei Durchschläge für Großkanzler Adramelech, drei weitere an die Fürsten Astaroth, Asmodi und Belial, ganz zu schweigen von unseren Archivaren, die ebenfalls auf ihren Privilegien bestehen. Und dann erst das Kleingedruckte. Eine höllische Plackerei.« Der Köter fletschte grinsend die Zähne.
Lukas wankte zurück und schüttelte den Kopf. »Das glaube ich einfach nicht. Das kann nicht sein«, murmelte er.
»Ach, ist es nicht? Na, dann kannst du den Pakt ja getrost eingehen.« Der Pudel hob den Kopf und beäugte ihn. »Oder hast du etwa Angst?«
Lukas schluckte. Ja, er hatte Angst. Angst davor, dass er langsam den Verstand verlor. Ihm fiel das berühmte Sherlock-Holmes-Zitat ein.
Hat man das Unmögliche eliminiert, so muss, was übrig bleibt, mag es noch so unwahrscheinlich erscheinen, die Wahrheit sein.
Lukas starrte den Pudel entsetzt an.
»Ah, sind wir in der Akzeptanzphase angekommen? Das ist schön. Tröste dich, das dauert immer ein bisschen. Unsereins verbirgt sich ja nicht ganz ohne Grund vor euch Sterblichen. Jetzt aber sollten wir beide uns erst einmal kennenlernen.« Der Pudel sprang auf und beschnüffelte Bettdecke und Laken. »Irre ich mich, oder stinkt es hier nach Sukkubus? Du hast dich doch hoffentlich nicht mit dem Abschaum des Abgrundes eingelassen?« Er betrachtete den Zimmerboden. »Und wo wir schon dabei sind: Vielleicht verrätst du mir, wie du es geschafft hast, mich heraufzubeschwören? Ich entdecke nirgendwo einen Beschwörungskreis. Keine Zauberrunen. Kein Pentagramm. Kurz, nichts, was dich dazu befähigt hätte, mich …« Der Pudel verstummte abrupt und legte den Kopf schief, als lausche er. Von draußen wehte es kalt herein, und Lukas vernahm aus dem Innenhof das Prasseln des Regens. Mit einem leisen Knurren schüttelte sich der Pudel. »Das ist doch nicht möglich.« Der schwarze Köter zwinkerte erwartungsvoll mit den Augen – doch nichts passierte. Ein zorniges Grollen entstieg der Hundekehle, das Lukas vorsichtshalber einen Schritt zurückweichen ließ. »Nun gut. Eines nach dem anderen.« Die Töle sprang vom Bett, und Lukas stieß panisch den Donnerkeil in seine Richtung. Der Effekt war gleich null.
»Ich sagte doch, ohne Höllenpakt kein Blitz. Aber dass du Talent hast, das erkenne ich an deinem Geruch.« Er schnüffelte an seinem Bein, fixierte Lukas’ blutige Finger und sah erstaunt zu ihm auf. »Sieh an, ein Faust! Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns schon so bald über den Weg laufen würden.«
»Verflucht!«, schrie Lukas. »Was bist du?«
»Sagt dir der Begriff Familarteufel etwas?« Der Hund setzte sich auf seine Hinterbeine und hechelte. »Mein Name lautet Mephistopheles. Das bedeutet übersetzt ›Feind des Lichts‹. Gute Freunde dürfen mich aber auch Mephisto nennen. Nur Mephi mag ich nicht, das klingt wie zweitklassiges Hundefutter.«
»Me… Mephistopheles?!« Der berühmte Teufel?
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