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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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erwidern sollte. Jetzt erschien ihm die Erklärung ebenfalls unsinnig.
    »Und es waren dreizehn Männer, die verschüttet wurden?«
    »Dreizehn?« Jacob wurde ob der Zahl unbehaglich zumute. »Na ja. Eigentlich waren es elf.«
    »Bemühe deinen Verstand! Das ist wichtig.« Faust fixierte ihn drohend. »Der Hutmeister sprach von exakt dreizehn Männern.«
    »Ja, alle zusammen wohl schon. Denn als wir uns zu den Kumpeln durchgearbeitet hatten, zwängte sich einer von uns zu ihnen in die Dunkelheit, um nach ihnen zu sehen. Dann war er plötzlich weg. Also, er hat nicht mehr geantwortet, und gesehen haben wir ihn auch nicht mehr. Aber dann haben wir ihn gehört. Genauso wie bei den anderen. Ich meine … da ging dieses Schluchzen aufs Neue los.« Die Erinnerung an das Geschehene behagte Jacob ganz und gar nicht. »Schließlich ging unser Steiger nachsehen. Als der ebenfalls nicht zurückkam, wurde uns Übrigen angst und bange zumute. Da haben wir die Wand wieder dicht gemacht und sind abgehauen.« Jacob schauderte bei der Erinnerung, versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen. Unterdessen flammten tief unter ihnen in der Senke die Lichter von Laternen auf. Wächter schwärmten aus und prüften, ob der Sturm Schäden auf dem Grubengelände angerichtet hatte. Zwei von ihnen hatten offenbar den brennenden Baum hinter ihm und dem Doktor erspäht und marschierten bereits den Grubenpfad empor. Jacob fluchte stumm. Mit etwas Pech würden die beiden sie entdecken und dumme Fragen stellen.
    »Und dir ist bei alledem nie der Gedanke gekommen, dass das Bergwerk seinen Namen nicht zu Unrecht trägt?
Teufelsgrund?
«
    Jacob schluckte. »Pah, hier im Schwarzwald wimmelt es von solchen Orten. Kennt Ihr das Höllental? Oder die Teufelstreppe?« Er lachte leise auf und hörte selbst, wie gepresst es klang. »Außerdem gehört das Bergwerk dem Bischof von Basel. Das wird doch wohl mehr Gewicht haben als die alten Märchen, die man sich über das Bergwerk erzählt, oder?«
    »Eben, mein Freund. Eben.« Fausts Lippen umspielte ein böses Lächeln. »Welcher erwachsene Mann wird sich schon von ein paar Schauergeschichten bange machen lassen. Darf ich?« Der Doktor nahm ihm die Laterne ab, öffnete die Klappe und griff in die Flamme. Jacob riss ungläubig die Augen auf, als das trübe Flämmchen ansatzlos in Fausts Hand sprang, an Ballen und Gelenken emporwanderte, um schließlich an der Spitze des Zeigefingers zu wabern, als wäre diese der Docht einer Kerze. Ohne Jacob aus den Augen zu lassen, führte Faust die brennende Fingerspitze vor den Mund. »So nah am Ziel meiner Suche sollten wir beide keine weitere Zeit verlieren. Lass mich nur zunächst der Festtagsbeleuchtung ein Ende setzen.« Er blies das Flämmchen aus, und schlagartig sanken im nahen Wald die Flammen der brennenden Fichte in sich zusammen. Nicht einmal Rauch stieg von dem verkohlten Baumgerippe auf.
    Jacob keuchte ungläubig und starrte sein Gegenüber entgeistert an. Erst jetzt entdeckte er, dass sich das unheimliche Schauspiel bei den Laternen der Wächter wiederholte. Eine nach der anderen erlosch, und Grubenpfad und Tal versanken in Dunkelheit. Nein, korrigierte Jacob sich, das war keine einfache Dunkelheit. Die Finsternis, die Berg und Tal nun umfangen hielt, war allgegenwärtig. Er fühlte sich, als habe man ihm eine Binde um die Augen gelegt, und seine Nackenhaare stellten sich auf, als ein Luftzug ihm über die Haut fuhr und ein Flattern dicht neben seinem Ohr erklang. Wie der Flügelschlag eines Schwarms von Raben, dachte er. Auch die Luft roch plötzlich anders. Abgestanden und stickig.
    Faust drückte ihm im Dunkeln die Laterne wieder in die Hand. Dann schnippte er, und in der Lampe züngelte erneut ein Flämmchen empor. Ihr Schein beleuchtete einen von Schrämspuren überzogenen Felsengang, dessen niedrige Decke von hölzernen Grubenstempeln gestützt wurde.
    »Gott im Himmel!« Jacob begriff, dass sie beide von einem Augenblick zum anderen im Berg gelandet waren. Schreiend wich er vor Faust zurück – und krachte gegen die Felswand, wo er zu Boden ging. Panisch tastete er nach seinem Bergeisen, doch die Axt war fort. Faust hielt sie in der Rechten und wies mit ihr auf sein Gesicht.
    »Ich hoffe, wir beide verstehen einander jetzt besser?« Der Blick des Zauberers durchbohrte ihn wie kaltes Eisen, und einen Moment lang glaubte Jacob durch diese Augen hindurch wie durch ein Fenster auf die Seele des Mannes blicken zu können. Dort lagen so viel Arroganz und

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