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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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gebrauchte Herzschrittmacher!
    Endlich waren vom Torbogen her Geräusche zu hören.
    »Abraham von Worms!«, hallte eine gurgelnde Bassstimme durch den Saal. Flankiert von vier weiteren Wächtern, schob sich ein Ghul in den Thronsaal, der an Fettleibigkeit alle anderen Bewohner des Labyrinths in den Schatten stellte. Sein Schädel mit den Hängewangen erinnerte an den einer Dogge, und der speckige Hals ging fast ansatzlos in einen Schwabbelkörper über, dessen Fettpolster von einem protzigen Brokatgewand zusammengehalten wurden. Makhbar begrüßte den Zauberer mit einem geschäftstüchtigen Lächeln und hob seine von Ringen bewehrte Krallenhand, als erwarte er, dass der Zauberer diese küsste. Millepertia hingegen beachtete er kaum. »Sag schon«, röhrte er, »wie lange liegt unsere letzte Begegnung zurück?«
    »Fünfundsiebzig Jahre, sechs Monate und acht Tage«, antwortete Abraham, der die Ringhand geflissentlich ignorierte. »Und ich kann nicht sagen, dass ich Euch währenddessen vermisst hätte. Dennoch habe ich gleich gesehen, dass Ihr in der Zwischenzeit noch etwas stattlicher geworden seid.«
    »Charmant wie immer.« Makhbar grinste verschlagen und senkte die Klaue, während sich seine Leibwächter links und rechts von ihm aufbauten. »Ich hatte schon befürchtet, du seist zwischenzeitlich in die Hölle gefahren. Und glaub mir, ich hätte es wirklich bedauert, wenn dein Körper irgendwo nutzlos herumgelegen hätte. Andere hätten sich über deine Einzelteile gefreut, aber deine Augäpfel hätte ich für mich behalten, alter Mann. Ich bin mir sicher, sie hätten ein vorzügliches Dessert abgegeben.«
    Abrahams Gesicht blieb ausdruckslos. »Ich höre, Ihr habt Eure schmierigen Geschäfte ausgedehnt.«
    Der Ghul grinste. »Du meinst die Seife? Was soll ich sagen. Ein echter Kaufmann ist stets auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen. Den Knochenleim von früher will heute doch keiner mehr haben. Auch unsere Kerzen aus Leichenfett gehen seit dem Krieg der Zauberer nicht mehr so gut.«
    »Krieg der Zauberer?«, hakte Millepertia nach.
    Der Ghul starrte Millepertia missbilligend an. »Sagt bloß, davon habt ihr nichts mitbekommen? Sie sind in den letzten hundert Jahren übereinander hergefallen wie hungrige Wölfe. Es heißt, sie alle seien auf der Jagd nach einem Geheimnis gewesen, von dem ihre jämmerliche Existenz abhängen soll.« Makhbar schwieg eine Weile und hoffte offenbar auf eine Erwiderung, doch Abraham und Millepertia kommentierten das Gehörte nicht. »Aber vielleicht ist das auch bloß wieder eines dieser Gerüchte. Sind jedenfalls nicht mehr viele von euch Zauberern übrig, was nicht gut fürs Geschäft ist.« Makhbar fixierte Millepertia. »Stattdessen schlagen wir uns jetzt vermehrt mit euch Hexen herum. Nur besitzt ihr Teufelsweiber so wenig Phantasie.« Gönnerhaft breitete er die fleischigen Arme aus und wies zu den Vitrinen. »Wir sind daher mit der Zeit gegangen. Inzwischen machen wir sogar Geschäfte mit den Nichtzauberern und leisten so unseren Anteil daran, ihre Seelen ins wärmende Fegefeuer zu führen.« Er lachte dreckig und bedeutete seinen Gästen, ihm zu einigen der Vitrinen zu folgen. Makhbar griff nach einem Kunstherz aus Titan. »Hier. Gebraucht, aber in einem Eins-a-Zustand.«
    Abraham von Worms runzelte die Stirn. »Ist es das, was ich denke? Ein Maschinenherz?«
    »Abraham, Abraham.« Der fette Ghul schüttelte mitleidig den Kopf. »In welchem Jahrhundert lebst du? Die Menschen machen sich ihre Wunder heutzutage selbst. Echte Zauberei ist etwas aus der Mode gekommen. Wir haben übrigens auch Glasaugen und Prothesen aller Art im Angebot.« Er deutete hinüber zu Lukas, der unter dem Tarnmantel zusammenzuckte, bevor er begriff, dass der Ghul in Wahrheit auf die Vitrine neben ihm wies. »Sogar gebrauchte Herzschrittmacher. Das sind ebenfalls so kleine Maschinchen. Wumm-wumm. Wumm-wumm. Die halten das Herz in Schwung. Dummerweise werden die Menschen dadurch immer älter, so dass ihr Fleisch am Ende ganz zäh ist.« Makhbar verzog angewidert die Fratze. »Und weißt du, wofür die Sterblichen die abgelegten Dinger verwenden? Für ihre Hunde. Die Teile sind ein echter Verkaufsschlager.« Makhbar stampfte zufrieden mit seinen Hufen auf. »Ich weiß noch, wie wir damals damit begonnen haben, die Goldfüllungen aus den Zähnen zu brechen. Welch armseliger Beginn. Heute gebiete ich über ein hochspezialisiertes Geschäftsimperium. Haut, Knorpel, Hornhäute, Herzklappen, Knochen,

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