Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
geschäftlichen Teil übergehen. Ihr bekommt die Schachtel, wenn Ihr mir verratet, wem Ihr in letzter Zeit Nephilimsknochen verkauft habt.«
Lauernd sah Makhbar auf. Da drängte sich der Leichenfresser, der Abraham, Millepertia und unwissentlich auch Lukas hierhergeführt hatte, unter hündischen Verbeugungen zu seinem König durch und trat neben ihn. Er flüsterte Makhbar etwas zu und reihte sich zwischen die umstehenden Ghule ein.
An ihrer Körperhaltung erkannte Lukas, dass nun auch Abraham und Millepertia begannen, misstrauisch zu werden.
»Nephilimsknochen?«, erhob der fette Ghul wieder seine Stimme. »Wer sagt dir, dass ich je welche besessen hätte?«
»Treibt mit mir keine Spielchen.« Der Zauberer hob die Armillarsphäre.
»Du drohst mir?« Der Ghul verengte die feisten Augen und zückte seinerseits eine Kette, an der eine Phiole mit skelettierten Fingern baumelte. »Weißt du, was das hier ist?« Er hob das Glasgefäß an. »Eine Reliquie des Apostels Andreas. Seine Schwurfinger. Es heißt, sie beschützen seinen Träger vor Hexerei wie der deinen.«
Aus den Tunneln unterhalb der Galerie strömten jetzt fast zwanzig Ghule in die Halle, die Abraham und Millepertia wie ein Haufen hungriger Ratten umkreisten.
Die Hexe hob ihre Hand in Mundhöhe und sah sich lauernd um. Auch Abraham wirkte angespannt. »Wir müssen nicht kämpfen«, versuchte er die Wogen zu glätten.
»Ach, müssen wir nicht? Dann ergibst du dich freiwillig?« Makhbar lachte hässlich. »Der, dem ich die Nephilimsknochen verkauft habe, hat geahnt, dass jemand nach ihm fragen könnte. Leider habe ich mit ihm bereits eine Vereinbarung für diesen Fall getroffen. Und ich befürchte, du wirst den Preis nicht überbieten können. Nicht, nachdem dein Versteck aufgeflogen ist, wie man hört.«
Die Ghule brachen in grässliches Gewieher aus und scharrten angriffslustig mit ihren Hufen. Makhbar brachte sie zum Verstummen. »Also, ergebt ihr euch freiwillig, oder wollt ihr euch von uns zerreißen lassen?«
»Wirkt diese Reliquie auch gegen eine Freikugel, du Fettsack?«, rief Lukas von der Galerie herunter. Längst hatte er die Muskete an sich genommen und die Kugeln und alles andere, das zu ihr gehörte, in den Taschen des Tarnmantels verstaut. Die Waffe war zwar immer noch nicht geladen, aber er wusste aus langjähriger Erfahrung, dass ein gut ausgeführter Bluff ebenfalls Wunder wirken konnte. Ruhig zielte er auf den Kopf des Ghulkönigs.
Die Ghule in der Halle kreischten entsetzt auf, und Makhbar starrte zornig nach oben. »Wer bist du?«
»Der Kammerjäger.« Lukas spannte beide Hähne der Waffe. »Ich habe gehört, dass es hier in Worms ein Problem mit Ungeziefer gibt. Nur die Größe überrascht mich.«
Millepertia sah erstaunt zu ihm hinauf, allein Abraham ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. »Dachtest du, wir kämen allein?« Ungehalten marschierte er auf den Ghul zu, der sich auf erbärmliche Weise klein zu machen versuchte. »Der Name!«
Unruhig leckte sich Makhbar über die Schnauze. »John Dee.«
»Der Engländer ist John Dee?« Abraham wirkte verblüfft. »Ich dachte, der sei längst tot?«
»Wer ist dieser John Dee?«, rief Lukas, der die doppelläufige Muskete noch immer auf den Ghul gerichtet hielt.
»Er war im sechzehnten Jahrhundert Berater von Königin Elisabeth der Ersten«, klärte ihn Abraham von Worms auf. »Nur dachte ich, dass er 1898 von Rasputin bezwungen worden sei.« Er wandte sich wieder dem Ghul zu. »Dann weißt du, wo er sich aufhält?«
Makhbar schüttelte den Kopf. »Wenn er uns aufsucht, hinterlässt er nie Spuren. Nicht einmal einen Fussel, dem sein Geruch anhaftet. Er ist darin ebenso raffiniert wie du, Abraham.«
Die übrigen Ghule verteilten sich derweil unter der Galerie, so als planten sie, zu ihm hochzuspringen. »Was, wenn er lügt?«, rief Lukas und ärgerte sich über das leichte Zittern in seiner Stimme.
»Das kann ich überprüfen.« Millepertia scheuchte zwei Ghule beiseite, die jedoch erst wichen, als Makhbar ihnen zunickte. »Ich habe nichts zu verbergen.«
»Runter mit der Reliquie!«, befahl Lukas. »Und sag deinen Kreaturen, dass du stirbst, sobald auch nur einer von ihnen einen Huf auf die Treppe setzt.« Widerwillig kam Makhbar dem Befehl nach. »Denke immer daran, Mensch«, grollte er. »Wir Ghule haben jetzt deinen Geruch in der Nase. Eines Tages werden wir dich finden.«
»Stellt euch hinten an«, antwortete Lukas kaltschnäuzig.
Millepertia schob die Reliquie
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