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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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mit den Füßen beiseite und fixierte den Ghul eine Weile mit ihrem Hexenblick. »Kennst du den Aufenthaltsort John Dees?«
    »Nein!«, jammerte der fette Ghulkönig. »Er ist es, der uns aufsucht. Nicht umgekehrt.«
    Sie trat seufzend zurück. »Soweit ich erkennen kann, spricht er die Wahrheit. Leider.«
    »Einen Moment!« Lukas runzelte die Stirn. »Wie war das mit dem Geruch? Ihr Ghule könnt die Fährte eines Zauberers aufnehmen, wenn ihr seinen Geruch kennt?«
    »Oh ja. Und nicht nur den Geruch von Zauberern.« Makhbar fletschte wütend die Reißzähne.
    »Zumindest, wenn die Fährte frisch ist«, korrigierte ihn Abraham von Worms.
    »Wie frisch?«
    »Maximal drei Tage.« Fragend sah der Zauberer zu Lukas auf. »Allerdings gibt es Zauberrituale, die die Ghulsinne verwirren. Dee dürfte ebenfalls von ihnen Kenntnis haben. Besitzt du denn etwas von ihm?«
    »Nein. Nicht von ihm.« Lukas marschierte mit der Waffe im Anschlag und umweht von dem Tarnmantel die Treppe hinunter. Die Ghule knurrten, machten ihm aber widerwillig Platz. »Könnt ihr auch die Fährte von Agrippa von Nettesheim aufnehmen?« Er trat neben Millepertia und bedeutete ihr, ihm in die rechte Außentasche seiner Lederjacke zu greifen. Sie fischte Würfel und ein gezinktes Kartenspiel hervor, dann schlossen sich ihre Finger um die goldene Taschenuhr, die er in Staufen an sich genommen hatte, und zogen sie hervor.
    »Meine Güte!« Abraham trat zu ihnen. »Das ist ein Chronos-Manipulativ. Woher habt Ihr das?«
    »Ich habe die Uhr und den Donnerkeil von Nettesheim abgenommen«, erklärte Lukas. »Ist dieses Chronosdings denn wertvoll?«
    »Kundige können mit ihm Manipulationen in der Zeit durchführen.«
    »Können wir das Ding gebrauchen?«
    Abraham besah sich die Taschenuhr genauer und seufzte. »Es würde etwas dauern, ihre Kräfte zu erforschen. Nein, derzeit ist sie uns wohl zu nichts nütze.«
    Lukas hielt die Flinte weiter in Hüfthöhe und trat vor den Ghulthron. Makhbar leckte sich unruhig über die Lippen. »Also, wie sieht es aus? Wir erfahren, wo sich von Nettesheim versteckt. Dafür dürft ihr Ghule die Uhr behalten.«
    »Behalten?« Die Furcht im Blick des Ghuls wich einem geschäftstüchtigen Funkeln.
    Lukas setzte sein gewinnendstes Lächeln auf. »Ja. Und da die Uhr offenbar so viel mehr wert ist, schlage ich überdies vor, dass wir unsere kleinen Unstimmigkeiten von eben vergessen. Ihr lasst künftig uns in Ruhe und wir euch. Euer Leben gibt es obendrauf. Deal?«
    Makhbar ließ sich die Uhr aushändigen und beschnüffelte sie. Er grinste breit. »Deal!«

Der Homunkulus
    D er Achtzylindermotor blubberte, und der Wind rüttelte an dem schweren Faltverdeck. Lukas hielt das Steuerrad des alten Tourenwagens fest im Griff und starrte abwechselnd durch die dreiteilige Windschutzscheibe hinaus auf die von Scheinwerfern beleuchtete Straße und dann wieder auf die Landkarte, die ausgebreitet vor ihm auf dem Schoß lag. Inzwischen war es Sonntagnacht; ihr Ziel war die Kurstadt Baden-Baden. Den Aussagen der Ghule gemäß hielt Agrippa von Nettesheim sich dort auf.
    Und doch blieb ein Rest Zweifel. Sollte ein so alter und erfahrener Zauberer wie Nettesheim nicht über die gleichen Sicherungsmaßnahmen verfügen wie Abraham oder dieser John Dee? Lukas warf Abraham, der im Halbdunkel neben ihm auf dem Beifahrersitz saß, einen kurzen Blick zu. Doch sein Begleiter meditierte, während sich Millepertia im Fond des Wagens zusammengekauert hatte und schlief. Und so konzentrierte er sich wieder auf den Gegenverkehr.
    Der alte Jude hatte sie, kaum dass die Ghule ihnen die Informationen über von Nettesheims Aufenthaltsort verschafft hatten, zu zwei Lagerhallen auf einem verlassenen Fabrikgelände am Rande von Worms geführt. Und ähnlich wie damals im Bus hatte er dort mit Hilfe seiner Armillarsphäre den Raum manipuliert. Zwischen die beiden Lagerhallen hatte sich ein komplettes Grundstück samt Scheune geschoben, die den Eindruck erweckte, einst zu einem Bauernhof gehört zu haben. Dabei schien die Scheune eher als Lagerraum denn als Wohnort gedacht zu sein, denn ihr Inneres ähnelte mehr dem Speicher eines Antik-Möbelmarktes als dem Interieur des Wasserturms. Überall standen Regale und Vitrinen mit einer Vielzahl alter Bücher und Schriften herum, und auch dort hortete Abraham Sand, Gestein und Mineralien, die scheinbar von überall her auf der Welt stammten.
    Während Abraham und Millepertia sich mit neuen Utensilien ausstatteten, forderte der

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