Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
schleuderte sie zu Boden. Millepertias von Blüten gekrönter Kopf schlug gegen den Thron. Ihr Blick trübte sich, und die Verwandlung ebbte ab.
Lukas warf den Tarnmantel ab und richtete die Flinte auf Alberich. »Eine falsche Bewegung, und ich schieße dir ein Loch in deinen hässlichen Schädel!«
Alberich wirbelte zu ihm herum und sah ebenso verblüfft wie zornig zu ihm auf. »Du mieser Dieb hast meinen Tarnmantel!?« Erst jetzt wanderte sein Blick zu Lukas’ prall gefüllten Taschen, aus denen die Ansätze goldener Kettenglieder und rubingeschmückter Gewandspangen ragten. Alberich schien nun kurz davor zu stehen, vor Wut zu platzen. »Und jetzt … wagst du es sogar, mich selbst hier inmitten meines Hortes zu bestehlen!?«
»Die Waffe ist mit Freikugeln geladen«, erklärte Lukas kalt. »Ich muss nicht einmal zielen.«
Alberich legte den Kopf schief und grinste verschlagen. »Jungchen, du glaubst doch wohl nicht, dass du mich damit schrecken kannst. Denn nachdem Siegfried sich im Drachenblut wälzte, um unbezwingbar zu werden, habe ich es ihm gleichgetan.« Ungerührt fischte er unter seiner Kleidung Lederriemen hervor, mit denen er Millepertia die Arme auf den Rücken fesselte. Er erhob sich und breitete einladend die Arme aus. »Also schieß, wenn du glaubst, dass du mich verletzten kannst!«
Lukas schluckte. »Du hast einen Schwur auf Gott abgelegt.«
»Ich habe geschworen, die Hexe hierherzuführen. Nicht aber, ihr nichts zu tun.« Er lachte dreckig. »Für deine Dreistigkeit werde ich dich jetzt vierteilen und mir zurückholen, was mir gehört.«
Lukas handelte, bevor der Schwarzalb seine Drohung wahr machen konnte. Obwohl ihn die prall gefüllten Jackentaschen etwas in der Bewegung hinderten, griff er rasch nach dem Tarnmantel zu seinen Füßen, trat einen Schritt zur Seite und hielt ihn am ausgestreckten Arm über eine der Feuerschalen. »Nur einen Schritt, und dein geliebter Mantel geht in Flammen auf.«
Alberich hielt im Sprung inne und starrte auf Lukas’ Hand, die unsichtbar über der Ölschale verharrte. Er stieß ein Wutgebrüll aus, das durch die ganze Kaverne hallte. »Das
wagst
du nicht!«
»Doch. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.« Lukas war so zornig über die Hinterlist Alberichs, dass ihm alles egal war. »Töte mich. Töte Millepertia. Und hol dir meinetwegen auch das Gold zurück.« Er klopfte gegen die Ausbeulungen seiner Jacke. »Aber deinen geliebten Tarnmantel wirst du nie wiedersehen.«
Der Schwarzalb leckte sich über die Lippen. Plötzlich lächelte er. »Warte.« Sein Tonfall wurde schmeichelnd. »Was, wenn ich dir im Austausch gegen den Mantel das Leben der Hexe biete? Ich gestatte es dir sogar, das Geschmeide zu behalten.«
Lukas dachte eine Weile nach. »Ihr Leben und deine Versicherung, dass du uns beiden nichts antun wirst. Und du wirst abermals auf Gott schwören.«
»Gott, Gott, Gott! Ich hasse das.« Alberich stampfte wütend mit den Beinen auf. »Na gut. Ich schwöre.«
Für Lukas’ Geschmack kam ihm der Schwarzalb etwas zu rasch entgegen. Doch er entdeckte diesmal keine Lücke in dem Schwur.
»Hier.« Er warf Alberich den Tarnmantel vor die Füße und eilte hinüber zu Millepertia, die soeben wieder zu sich kam. Benommen blinzelte sie ihn an.
Alberich las derweil den Tarnmantel vom Boden auf und kicherte triumphierend. »Mein Schatz. Mein Ein und Alles. Endlich sind wir wieder vereint.« Er hüllte sich in den Tarnmantel und verschwand bis auf den Kopf. »Und jetzt verreckt. Denn ohne mich wird sich hier kein Tor mehr für euch auftun.« Er lachte schallend und hüpfte wie ein Besessener auf und ab. »Und abermals breche ich den geleisteten Schwur nicht.«
»Öffne die Fesseln«, stöhnte Millepertia. »Vielleicht schaffe ich es doch, ihn im Kampf zu bezwingen.«
Lukas betrachtete den Zwerg wütend und erhob sich, ohne Millepertias Wunsch Folge zu leisten.
»Lukas, was tust du?« Erschrecken zeichnete sich in ihrem Blick ab, doch Lukas ignorierte sie. »Nicht schlecht, Alberich. Du hast mich tatsächlich ausgetrickst.«
»Oh ja.« Der Schwarzalbenkönig lachte und konnte kaum aufhören.
Lukas deutete auf ihn. »Wie wäre es mit einem neuen Handel?«
Alberich brach abermals in wieherndes Gelächter aus. »Warum sollte ich mich noch einmal auf einen Handel mit dir einlassen?«
»Weil die Hexe weder dir noch uns tot etwas nützt.« Mit unbewegtem Gesicht räumte er das Geschmeide aus den Jackentaschen, kramte zuunterst seine Würfel hervor,
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