Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
ich mir die beantworten.
Sie zogen ab, um Nathaniels Kostüm zu flicken. Die Stille danach war tief, lang und unangenehm. Zumindest für mich. Ich guckte Ronnie nicht an, weil ich krampfhaft überlegte, was ich sagen könnte. Die Mühe hätte ich mir sparen können, denn sie fand genau die richtigen Worte. »Verdammt, Anita, ich meine, verflucht noch mal.«
Darauf guckte ich sie an. »Was soll das heißen?« Meine Stimme war ein bisschen zu wacklig, um so richtig empört zu klingen, aber die Mühe war es mir wert.
Ronnie hatte einen Blick drauf, der mir nicht gefiel. Er war entschieden zu scharfsinnig. Jahrelang waren wir beste Freundinnen gewesen. Dass wir zwischenzeitlich auf Distanz gegangen waren, hieß nicht, dass ich jetzt unergründlich für sie war. »Du hast noch gar keinen Sex mit ihm gehabt.« Sie klang überzeugt und verwundert.
»Wie kommst du darauf?«
»Ach, komm, Anita, du bist nie so peinlich berührt, wenn du den Punkt erst mal überschritten hast. Für dich ist Geschlechtsverkehr Grundvorraussetzung einer Beziehung, und bis dahin bist du nie so ganz entspannt bei Männern.«
Ich wurde wieder rot, verschränkte die Arme und ließ die Haare nach vorn fallen, um es zu verbergen. Was natürlich nicht klappte. »Du hast es also immer gewusst, gleich, wenn ich mit jemandem geschlafen habe?«
»Ja, meistens. Außer bei Jean-Claude. Er hat deine Ausstrahlung total verändert.
Ich blickte auf. »Inwiefern?«
»Bei ihm bist du noch immer verlegen, auch nachdem ihr längst Sex miteinander hattet. Das ist vermutlich einer der Gründe, weshalb ich ihn nicht leiden kann. Und deswegen dachte ich auch, wenn du so hin- und hergerissen bist, kann es nicht lange halten.«
»Ich kann mich nicht erinnern, dass ich danach noch verlegen war.«
Sie blickte mich nur an.
Ich war so anständig, mich zu winden. »Na gut, vielleicht war ich es. Aber es ist nicht wahr, dass ich meine Verlegenheit los bin, sobald ich einmal Sex hatte. Es braucht schon einige Male, ein bisschen monotone Monogamie, bis ich mich wirklich entspanne.«
Sie lächelte. »Verstehe. Den besten Sex gibt es, nachdem du ein bisschen über euch beide Bescheid weißt.« Dann sah sie mich wieder sehr ernst an. »Du hast wirklich noch nicht mit ihm geschlafen, stimmt’s?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Warum nicht?«
Ich blickte sie an.
»Anita, nach der kleinen Show gerade eben würde ich’s sofort tun.«
Mein Blick verschärfte sich.
»Du sagst, dass er im selben Bett mit dir und Micah schläft.«
Ich nickte.
»Wie lange schon?«
»Vier Monate.«
»Vier Monate lang steigt er in dein Bett, und du hast ihn noch nicht gevögelt?«
»Nimm ein anderes Wort, okay? Wenn du mit mir darüber reden willst, drück dich anders aus.«
»Entschuldigung, okay. Du hast also noch nicht mit ihm geschlafen – so besser?«
Ich nickte.
»Aber warum nicht? Er will es ganz offensichtlich.«
Ich zuckte die Achseln.
»Nein, ich will es genau wissen. Hat Jean-Claude entschieden, dass er dich nicht mit so vielen teilen will?«
»Nein.«
»Hat Micah ein Problem damit?«
»Nein.«
»Warum ist dann nichts passiert?«
Ich seufzte. »Als Nathaniel bei mir eingezogen ist, war er wie ein verwundeter Welpe, um den man sich kümmert. Er war so unterwürfig, wollte jemanden, der sein Leben organisiert und ihm sagt, was er tun soll. Ich hatte aber mit meinem eigenen genug zu tun und habe schließlich verlangt, dass er sich ändert und unabhängiger wird. Das hat er getan.«
»Er ist viel selbstbewusster geworden«, sagte Ronnie. »Man erkennt ihn kaum wieder.«
Ich schüttelte den Kopf. »Er ist Stripper. Da muss er schon ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein mitbringen.«
»Nö. Ich hatte im College eine Zimmergenossin, die an den Wochenenden strippte. Die hatte überhaupt keins.«
»Warum tat sie es dann?«
»Es gab ihr das Gefühl, begehrt zu werden. Im Vergleich zu ihrer Kindheit sind wir beide aufgewachsen wie Rebecca von der Sunnybrook Farm.«
»O je.«
»Ja. Beim Strippen fühlte sie sich gut und gleichzeitig schlecht.«
»Was ist aus ihr geworden?«
»Sie machte ihren Abschluss, bekam einen Job, wurde religiös und lebt jetzt in einer Ehe mit zwei Kindern. Sie führt sich auf wie eine Heilige. Man kann sich nicht mit ihr unterhalten, ohne dass sie einen bekehren will.«
»Niemand ist frommer als ein bekehrter Sünder, heißt es.«
»Strippen ist keine Sünde, Anita. Nacktheit ist keine Sünde. Wie könnte es das sein? Gott hat uns nackt in
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