Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
war. Manchmal musste man die Finger abschneiden, um sie loszubekommen. Menschenzähne können auch tief genug beißen und eine Hauptader durchtrennen. Ich wollte ihn unbedingt von mir abkriegen.
Requiem versuchte, die Finger loszustemmen, blickte mich aber schließlich an. »Ich kann ihn in Stücke reißen, aber nicht von dir wegziehen.«
Ich schaute zu meinem leibwächternden Werwolf hinüber und rief ihn her. Er kam mit ernstem Gesicht, die Hände vorsichtshalber hinter dem Rücken, um mich nicht doch unwillkürlich anzufassen. Roch ich nach Wolf und Wald, oder war es das frische Blut? Man soll nur fragen, wenn man die Antwort hören will. Ich wollte sie nicht hören.
Der Zombie stieß die Zunge in die Wunde, vielleicht, damit das Blut schneller floss. Das tat weh, und es überraschte mich auch. Ich schrie auf. Es war nur ein kleiner Schrei, aber er genügte, dass einer der Anwälte rief: »Alles in Ordnung, Ms Blake?«
»Bestens«, rief ich zurück, »bestens.« Die Klienten mussten ja nicht unbedingt wissen, dass der Zombie, den ich für sie erweckt hatte, gerade dabei war, mich aufzufressen. Verfluchter Mist!
Graham musste seine ganze Kraft aufbringen, um einen Finger von meinem Handgelenk zu lösen, doch dann musste er den Finger festhalten, sonst krümmte er sich sofort wieder um seinen alten Platz. »Kann doch nicht sein, dass er so stark ist«, meinte er.
»Du hast noch nie gegen Zombies gekämpft, oder?«
Er sah mich groß an. »Wenn die immer so stark sind, will ich das auch gar nicht.«
»Sie sind nicht nur stark, sie fühlen auch keinen Schmerz.«
»Anita, ich kann ihm die Finger ausreißen oder das Kinn zertrümmern«, sagte Requiem, »einen anderen Vorschlag habe ich nicht.«
Ich leider auch nicht. Der Zombie biss noch fester zu, und es war nur eine Frage der Zeit, bis er etwas Lebenswichtiges erwischte. Er drückte die Zähne nur millimeterweise tiefer hinein, aber irgendwann würde es übel werden, und ich war mir nicht sicher, was passieren würde, wenn ein Schwall frisches Blut in seinen Mund schoss. Ich hatte mal gesehen, was fleischfressende Zombies aus Menschen machen konnten. Ich war zwar nicht mehr so ganz Mensch, aber mir würde keine neue Hand nachwachsen.
Wir könnten ihn anzünden, aber loslassen würde er deswegen nicht, und ich würde mit ihm verbrennen. Scheiße.
Richard saß auf einer Lichtung – verborgen hinter einem Gewirr nackter Arme und Beine. »Ich muss unsere Verbindung kappen, Anita. Ich muss. Ich kann mich von dem Zombie nicht abgrenzen. Ich fühle immer wieder, was er tut. Und will jedes Mal, dass er mehr Blut bekommt.« Er barg das Gesicht in den Händen. Irgendwo hatte er sein Hemd gelassen. Er saß mit nacktem Oberkörper und gebeugtem Rücken da. »Es tut mir leid, Anita, ich habe es versucht, hab’s wirklich versucht.«
»Schon gut, Richard. Wir werden hier schon klarkommen. Kümmere dich um dich selbst.«
Als er aufblickte, sah ich Tränen glänzen. »Dabei sollte ich mich eigentlich um dich kümmern.«
»Wir sind Partner, Richard, wir helfen uns gegenseitig. Mal der eine, mal der andere.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich hab’s verbockt, Anita, es tut mir leid.«
»Geh, Richard, geh zu deiner Familie zurück. Die machen sich bestimmt schon Sorgen.«
Dann schrie ich auf, weil der Zombie noch fester biss, und Richard kappte die Verbindung so schnell, dass ich taumelte. Requiem und Graham mussten mich auffangen. »Anita!« Graham hatte den Zombie loslassen müssen. Doch die Finger an meinem Handgelenk lockerten sich.
Ich blickte dem knienden Zombie ins Gesicht. Der Ausdruck in seinen Augen hatte sich verändert, da war Persönlichkeit zu erkennen. Ich war dumm gewesen. Richard hatte ihn versehentlich an sich gebunden, und als er die Verbindung kappte, gehörte der Zombie wieder mir. Gute Neuigkeiten, aber ich kam mir dumm vor, weil ich dran nicht gedacht hatte. Die Toten sind eigentlich mein Spezialgebiet. Aber wie eine Spezialistin kam ich mir gerade nicht vor.
Er blickte mich an und nahm den Mund von meinem Handgelenk. Sein Schnurrbart war blutig. Er runzelte die Stirn. »Es tut mir leid, ich weiß nicht, was ich hier tue.« Er ließ mich los und stand auf, starrte entsetzt auf seine Hände und mein blutiges Handgelenk. »Verzeihung, Miss, ich weiß nicht, was ich Ihnen da angetan habe. Ich bitte aufrichtig um Vergebung. Das ist monströs, monströs.« Er wischte sich über den Mund und starrte erneut auf seine blutigen Hände.
Mist, ihm war
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