Schwarzer, Alice
Analysen
dazu.
Vollends grotesk aber wird der in der Zeit erhobene Vorwurf der »Unwissenschaftlichkeit«, wenn wir
uns die Autorinnen des Traktats ansehen: Yasemin Karakasoglu und Mark
Terkessidis. Die eine ist Erziehungswissenschaftlerin an der Uni Bremen und der
andere ist freier Autor in Köln. Beide haben interessanterweise binationale
Eltern, sie einen türkischen Vater, er einen griechischen. Sie kommt aus der
militanten Pro-Kopftuchszene, deren hervorragende Stimme sie ist; er kommt aus
der radikalen Linken.
Yasemin Karakasoglu selbst ist sehr, sehr weit von wissenschaftlicher
Neutralität entfernt und sehr, sehr eng mit der islamistischen Szene in
Deutschland verbandelt. Es war ihr Gutachten, das beim sogenannten
Kopftuch-Urteil des Verfassungsgerichtes - bei dem es um die Frage ging, ob
Lehrerinnen in deutschen Schulen das Recht haben sollen, in der Klasse Kopftuch
zu tragen - den Ausschlag gab für die halbherzige Entscheidung, nichts zu
entscheiden. Karakasoglu, für die ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst
eine »deutsche Fatwa« ist und Kopftuchträgerinnen »glückliche Töchter Allahs«
sind, stützte sich dabei auf eine eigene »wissenschaftliche Untersuchung«, die
beweise, dass das islamische Kopftuch absolut vereinbar sei mit einer »modernen
Lebensführung«. Für diese Untersuchung hatte die Professorin 25 (!) von ihr
ausgesuchte türkische Pädagogikstudentinnen nach ihrer Haltung zum Kopftuch
befragt. Übrigens: Yasemin Karakasoglu selbst wurde noch nie mit Kopftuch
fotografiert.
Seit den 90ern ist die Erziehungswissenschaftlerin
politisch sehr aktiv, seit 2004 hat sie eine Professur in Bremen für »interkulturelle
Bildung«. Wissenschaftlerinnen, die es wagen, auf die Gefahr von
Identitätsstörungen und Gewaltbereitschaft islamischer Jugendlicher in
Deutschland aufmerksam zu machen, wie Prof. Wilhelm Heitmeyer in einer Studie,
greift sie als »rassistisch« an. Und gern gibt sie über diesen »rassistischen
Diskurs« ellenlange Interviews, zum Beispiel in der Islamischen Zeitung.
Letzten Monat saß Karakasoglu mal wieder auf einem Podium
mit den Freunden und Freundinnen der bärtigen Brüder, wie dem deutschen
Konvertiten Mohammed A. Hobohm (Geschäftsführer der König-Fahad-Akademie in
Bonn, die der Verfassungssschutz eigentlich geschlossen wissen möchte wg. fundamentalistischer
Umtriebe), dem Konvertiten Murat Hofmann (Ex-Botschafter, deklarierter
Fundamentalist und Verantwortlicher des Annemarie-Schimmel-Forums) und last but
not least Tariq Ramadan (führender islamistischer Theoretiker in Europa).
Auch Sabiha El-Zayat saß mit auf dem Podium bei diesem
»Internationalen Symposium« am 21./22. Januar 2006 im Bonner Haus der
Evangelischen Kirche. (Die mit ihrer übereifrigen Bereitschaft zur
Anbiederung, Selbstaufgabe und zum sich Erstickenlassen in der Umarmung der
anderen noch mal ein Extra-Kapitel wäre.) El-Zayat ist die Tochter von Amina
Erbakan, Nichte des Islamistenchefs Necmettin Erbakan, Schwester des langjährigen
Milli-Görüs-Chef Mehmet Erbakan und Ehefrau von Ibrahim El-Zayat, »der als Multi-Manager
in ein weitgefächertes islamistisches Geflecht hineinwirkt« (Raddatz). Kurzum,
da saßen mal wieder alle beieinander. Und Karakasoglu mittendrin.
Es wären noch etliche Namen aus dem harten Kern dieser
Kreise der Rede wert, die selbstverständlich auch 2003 bei dem von der grünen
Ex-Ausländerbeauftragten Marie-Luise Beck initiierten >Aufruf wider eine
Lex-Kopftuch< dabei waren. Prof. Barbara John zum Beispiel, ehemalige
Berliner Ausländerbeauftragte und Initiatorin und Kuratoriumsmitglied der
Muslimischen Akademie<; oder Prof. Ursula Boos-Nünning, Pädagogin von der
Uni Duisburg/Essen; oder Prof. Ursula Neumann, an der Hamburger Universität
zuständig für »interkulturelle Pädagogik« (Neumann antwortet der Welt übrigens auf die Nachfrage, ob ihr Forschungen zum
Problem der Ehrenmorde bekannt seien: »Man kann nicht über alles forschen«).
Oderoderoder. Es sind eben immer dieselben.
Aber was macht ein Mark Terkessidis in der Runde? Diplom-Psychologe
in Köln, Redakteur und Mitglied von Kanak Attak, seine
Themen: Populärkultur, Identitätsbildung, Rassismus. Zu Letzterem liefert
Terkessidis auch gleich eine wissenschaftliche Definition: »Ich möchte
Rassismus als eine Verbindung von sozialer Praxis und gleichzeitiger Wissensbildung
fassen.« Noch ein Zitat? »Die wenigen Merkmale, mit denen der Islam
dargestellt wird, ergeben eine Art Syndrom, das wie
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