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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Wangen, so fest, daß sich die Lippen öffneten. Und dann kamen Schreie, fürchterliche, stumme Schreie, die ihr Gesicht zermarterten –
    und plötzlich war Tony da und brüllte mich an!
    »Sag bloß keinen Ton mehr!« Er ging auf Jillian zu und nahm sie in die Arme. »Geh in dein Zimmer, Heaven, und bleib dort bis ich komme, um mit dir zu reden.« Dann trug er Jillian in ihr Schlafzimmer, und ich sah, wie er sie sorgfältig auf ihre elfenbeinfarbige Tagesdecke legte. Erst dann fand ihre stumme Qual eine Stimme.
    Immer und immer wieder schrie sie hysterisch, die Lautstärke nahm zu und wieder ab. Sie schrie, bis sie sich aufbäumte und wild mit den Armen um sich schlug. Ich aber stand da und war wie gelähmt von dem, was ich heraufbeschworen hatte. Ich beobachtete, wie das jugendliche Äußere von ihrem Gesicht abblätterte, als ob sie die ganze Zeit eine Maske getragen hätte.
    Über meine Tat betroffen, wandte ich mich ab. Kummer überwältigte mich, weil ich etwas zerstört hatte, das so sorgsam gehütet worden war.
    In meinen Räumen ging ich dann auf und ab. Außer Troy und seinem Wohlergehen war mir alles andere egal. Gelegentlich schweiften die Gedanken noch zu Jillian. Dann klopfte Tony an die Tür und kam, ohne meine Antwort abzuwarten, herein.
    Er bemerkte, daß ich gerade meine Koffer packte. Daraufhin zuckte er zusammen. »Jill ist jetzt eingeschlafen«, informierte er mich. »Ich mußte sie zwingen, ein paar Beruhigungstabletten zu schlucken.«
    »Kommt sie denn wieder in Ordnung«, fragte ich besorgt.
    »Nein, Jill wird nie ›in Ordnung‹ sein, und sie war’sauch nicht seit dem Tag, als deine Mutter fortlief. Immer hatte sie sich geweigert, mit mir über diesen letzten Tag zu sprechen…
    Erst jetzt habe ich alle Puzzleteile beisammen.«
    Rasch setzte ich mich und beugte mich gespannt vor, denn das Schlimmste hatte ich ja schon gehört – dachte ich wenigstens. Aber ich war immer noch ein Unschuldslamm und mit der Vielschichtigkeit der menschlichen Natur nicht vertraut. Ich hatte keine Ahnung von den abwegigen Methoden, mit denen sie sich ihre Selbstachtung sicherte, auch wenn einiges gar nicht mehr gerettet werden konnte.
    Er senkte die Augen, als ob er sich jetzt, da es zu spät war, schämen würde. Dann begann er: »In dem besagten Jahr war ich nach Deutschland zu Gesprächen mit einem Fabrikanten geflogen, der für uns mechanische Kleinteile produziert.«
    »In der jetzigen Situation interessieren mich deine Spielsachen überhaupt nicht«, fuhr ich dazwischen.
    Da hob er kurz die Augen. »Tut mir leid, daß ich abschweife, aber ich wollte dir zu verstehen geben, warum ich fort war.
    Jedenfalls hatte deine Mutter unzählige Male mit Jillian zu reden versucht. Sie wollte ihr meine schamlosen Annäherungsversuche klar machen. Und an dem erwähnten Tag schrie sie es Jillian, die keine Lust zum Zuhören hatte, direkt ins Gesicht. Eine ihrer Perioden war ausgeblieben.
    ›Heißt das, ich bin schwanger, Mutter, heißt es das?‹ Jillian wirbelte herum und ging auf sie los. Sie weigerte sich irgend etwas davon zu glauben. ›Du dreckige, kleine Hure‹, schrie sie.
    ›Weshalb sollte ein Mann wie Tony ein Mädchen wie dich wollen, wenn er doch mich hat? Solltest du dir das einbilden, dann jage ich dich fort!‹
    ›Keine Sorge‹, flüsterte Leigh mit totenblassem Gesicht, ›ich werde abhauen und du wirst mich nie wiedersehen! Sollte ich aber schwanger sein, dann bin ich diejenige mit dem Tatterton-Erben.‹«
    Diese Worte trafen mich unvorbereitet. »Wie hast du das herausgefunden? Wie?«
    Tony verschränkte die Arme, seine Antwort kam gequält.
    »Schon vor langer Zeit wußte ich, daß Jillian auf Leighs gutes Aussehen neidisch war. Sie brauchte nämlich kein Make-up oder andere Verschönerungen… Aber erst nach ihrem Zusammenbruch vor ein paar Minuten hat sie mir die Wahrheit ins Gesicht geschrien. Leigh war schwanger, als sie hier fortging. Die Unfähigkeit ihrer eigenen Mutter, zu verstehen und zu helfen, hat sie fortgetrieben. Aber mit meiner Liebe zu Leigh habe ich nicht nur sie zerstört, sondern auch meinen Bruder.«
    Lange saß ich so da, die Wucht der ganzen Enthüllungen machte mich schwindelig. Ich war also nicht Pas Tochter, keine lumpige Casteel, keine Tochter aus den Bergen. Aber was würde mir das jetzt noch nützen, jetzt, da Troy weg war?
    18. KAPITEL

    ZEIT VERGEHT

    Troy war fort. Ich wartete täglich auf einen Brief von ihm.
    Niemals ist einer gekommen. Jeden Tag ging ich

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