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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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lange Zeit saß er da, seine eleganten, gut gepflegten Hände unter dem Kinn gefaltet, und sprach kein Wort. Dann ließ er die Hände sinken und trommelte gedankenlos auf das frische weiße Taschentuch und auch auf meine Nerven. »Ich habe Ehrlichkeit immer bewundert«, sagte er schließlich und seine blauen Augen wirkten ruhig und undurchschaubar. »Ehrlichkeit ist immer die beste Taktik, wenn man nicht sicher ist, ob eine Lüge helfen oder schaden würde. Am Schluß bringt man seine Sache durch, und wenn nicht, bleibt einem immer noch das Gefühl der eigenen Rechtschaffenheit.« Klug und amüsiert lächelte er mich an. »Drei Jahre nachdem deine Mutter hier fortgelaufen war, beauftragte ich eine Detektivagentur, sie zu finden. Und diese verfolgte ihre Spur bis nach Winnerow. Man sagte ihnen, sie würde außerhalb der Stadtgrenze wohnen und daß Geburten oder Todesfälle auf dem Land oft nicht in die Register kämen.
    Aber viele Einwohner von Winnerow erinnerten sich an ein hübsches junges Mädchen, das Luke Casteel geheiratet hatte.
    Mein Detektiv versuchte sogar ihr Grab zu finden, um ihren Todestag zu erfahren, aber fand nie ein Grab mit ihrem Namen auf dem Grabstein… aber schon lange zuvor wußte ich, sie würde nie zurückkommen. Sie hat ihr Wort gehalten…«
    Sah ich da Tränen in seinen Augen? Hatte er sie auf seine Art geliebt?
    »Kannst du ehrlich behaupten, daß sie deinen Vater geliebt hat? Hat er sie auch auf seine Art geliebt?«
    Was wußte ich schon über ihre Gefühle, außer was ich immer gehörte hatte? Ja, sie hatte ihn geliebt, hatte Granny erzählt –
    weil er sich ihr nie von seiner grausamen, häßlichen Seite gezeigt hatte! »Hör auf, mich nach ihr zu fragen!« schrie ich, bis zum Zusammenbruch gereizt. »Mein ganzes langes Leben lang wurde der Vorwurf für ihren Tod mir aufgebürdet. Und ich denke, jetzt willst du auch noch etwas anderes dazu tun!
    Gib mir meine Chance, Tony Tatterton! Ich will gehorchen, werde hart lernen, und ich werde alles versuchen, daß du stolz auf mich bist!«
    Was hörte er nur in meiner Stimme, daß er den Kopf in seine Hände vergrub? Ich wollte, daß er Pa genauso wie ich dafür haßte, weil er sie getötet hatte. Ich wollte, daß er sich mit mir zu einer gemeinsamen Racheaktion verbündete. Und mit dieser Erwartung saß ich zitternd vor ihm.
    »Du schwörst, dich gehorsam an meine Anordnungen zu halten?« fragte er, wobei er kurz aufsah und seinen starren Blick verengte.
    »Ja!«
    »Dann wirst du das Labyrinth nie mehr betreten oder Gelegenheit suchen, meinen jüngeren Bruder Troy zu besuchen.«
    Mir stockte der Atem. »Woher wußtest du das?«
    Seine Lippen kräuselten sich. »Nun, kleines Mädchen, er hat es mir erzählt. Er war sehr begeistert von dir und der Art, wie du deiner Mutter ähnlich siehst – soweit er sich daran erinnern kann.«
    »Warum möchtest du nicht, daß ich ihn sehe?«
    Stirnrunzelnd schüttelte er den Kopf. »Troy hat seine eigenen Leiden, die vielleicht genauso tödlich sein könnten wie die Krankheit deines Vaters. Ich möchte nicht, daß du dich damit ansteckst.«
    »Ich verstehe nicht«, antwortete ich hilflos und tief verstört über die Nachricht, er könnte krank sein… und sterben.
    »Natürlich verstehst du nichts, niemand versteht Troy! Hast du je einen besser aussehenden jungen Mann gesehen? Nein, natürlich nicht! Wirkt er nicht bemerkenswert gesund? Ja, selbstverständlich. Trotzdem wiegt er zu wenig. Seit dem Tag seiner Geburt – ich war damals siebzehn – hat er nur so zwischen gesund und krank sein geschwankt. Dir zuliebe tu jetzt, was ich dir sage, und laß Troy in Ruhe. Du kannst ihn nicht retten. Niemand kann es.«
    »Was heißt das, ich kann ihn nicht retten? Wovor?«
    »Vor sich selbst«, antwortete er kurz angebunden und winkte mit der Hand, um das Thema fallenzulassen. »Nun gut, Heaven, setz dich hin und laß uns zum Geschäftlichen kommen. Ich werde dir hier ein Zuhause verschaffen und dich wie eine Prinzessin ausstaffieren. Ich werde dich auf die absolut besten Schulen schicken. Und für alles, was ich für dich tue, brauchst du nur eine Kleinigkeit für mich zu tun.
    Erstens, wie ich schon sagte, wirst du deiner Großmutter nie erzählen, was dir Kummer macht. Zweitens wirst du Troy nicht heimlich sehen. Drittens wirst du nie mehr deinen Vater erwähnen, weder namentlich noch in der Umschreibung.
    Viertens wirst du alles tun, um deine Herkunft zu vergessen, und dich nur darauf konzentrieren, an dir zu

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