Schwarzer Engel
hierher gefahren hast!« schrie ich zum Fenster hinein. »Du kannst wieder nach Hause fahren, ich bin sicher, Logan wird mich zurückfahren.«
»Hat er denn ein Auto? Er kam doch zu Fuß.«
»Keine Ahnung.«
»Dann werde ich mir die Zeit vertreiben und warten, bis ich sicher bin, daß du irgendwie wieder nach Hause kommst.«
Er deutete auf ein kleines Café. »Ich werde dort drinnen warten. Sag mir Bescheid, sobald du weißt, daß er dich zurückfahren wird.«
Troy ging auf das Café zu, und ich trollte mich in Logans Richtung in der Hoffnung, ihn zu überraschen und ihm mit meinem derzeitigen Aussehen eine Freude zu machen. Er betrat den Laden jenseits der Straße, um einzukaufen. Ich beobachtete, wie er bezahlte, und wußte noch immer nicht genau, was ich tun sollte. Er war immer noch derselbe, groß und aufrecht, mit seinen breiten Schultern, und drehte sich nicht nach jedem Mädchen um, das vorbeiging – und es gingen viele vorbei. Er nahm seine Tüte in Empfang und steuerte dann auf eine Seitentüre zu, die ihn hinauslassen würde.
»Logan!« rief ich, während ich vorwärts rannte. »Geh nicht!
Ich muß mit dir reden!«
Er drehte sich um, sah in meine Richtung und – bei Gott! – er erkannte mich nicht! Er sah mich an und gleichzeitig durch mich hindurch, und in seinen saphirblauen Augen stand so etwas wie Verdruß. Vielleicht lag’s an meiner kürzeren, moderneren Frisur und am Make-up, das ich sorgfältig aufzutragen gelernt hatte, oder vielleicht war’s der Biberpelz, den mir Jillian gegeben hatte. Seine Augen musterten mich jedenfalls zweimal, ohne zu erkennen, wer ich war.
Bevor ich mich noch zum Handeln entschließen konnte, hatte er schon die Seitentüre geöffnet und ließ den kräftigen Wind herein, der durch die Titelseiten der Magazine raschelte. Und dann war er schon draußen im Schnee und schritt so rasch aus, daß mir klar war, ich würde ihn nie einholen können.
Vielleicht hatte er ja auch nur so getan, als ob er mich nicht wiedererkannte.
Töricht, wie ich mich oft benahm, ging ich zur Ladenkasse und bestellte eine Tasse heiße Schokolade. Ich ließ mir Zeit, schlürfte das dampfende Getränk und knabberte zwei Vanille-Waffeln. Ich zahlte und machte mich erst in dem Moment auf den Weg, als meiner Meinung nach genug Zeit für ein langes, ernsthaftes Gespräch verstrichen sein konnte. Die Art, wie Troy sofort aufsprang und mich breit anstrahlte, war rührend.
»Du hast ja eine Ewigkeit gebraucht. Ich wollte schon glauben, dieser Mann aus deiner Vergangenheit wollte dich nach allem bereits nach Hause fahren.«
Er zog einen kleinen Stuhl für mich heran, half mir aus meinem Pelz und hieß mich hinsetzen. »Es wäre nett gewesen, wenn du ihn mit herübergebracht und mir vorgestellt hättest.«
Mein Kopf ging nach unten. »Logan Stonewall ist aus Winnerow. Dein Bruder hat mir befohlen, keinen Kontakt zu irgendeinem meiner alten Freunde zu haben.«
»Ich bin nicht mein Bruder. Ich würde deine Freunde gerne kennenlernen.«
»Ach, Troy«, schluchzte ich, senkte den Kopf und fing tatsächlich an zu weinen. »Logan hat mich direkt angesehen.
Er hatte die Stirn, so zu tun, als ob er mich nicht einmal kennen würde! Er hat mir kerzengerade in die Augen gesehen, sich dann umgedreht und ist weggegangen.«
Sanft und freundlich klang seine Stimme, während er nach meinen Händen in den Handschuhen griff und sie zwischen seinen hielt. »Heaven, ist dir denn klargeworden, daß du dich ziemlich verändert hast? Du bist nicht dasselbe Mädchen, das hier Anfang Oktober ankam. Du trägst deine Haare anders, du schminkst dich jetzt – das hast du damals nicht getan. Und deine hochhackigen Schuhe machen dich noch ein paar Zentimeter größer. Außerdem könnte Logan doch auch anderes im Kopf gehabt haben, als eine frühere Freundin zu treffen.
Hier«, meinte er, zog ein Taschentuch hervor und gab es mir.
»Und wenn du mit dem Weinen aufgehört hast – hoffentlich bald, denn ich kann keine Frau weinen sehen – vielleicht kannst du mir dann mehr von Logan erzählen.«
Während ich meine Tränen trocknete und sein Taschentuch in meine Handtasche schob – ich wollte es später waschen und bügeln –, war noch eine Tasse heißer Schokolade gekommen.
In Troys Augen las ich so viel Liebenswürdigkeit und Verständnis, daß ich ihm ohne noch zu wissen, was ich tat, alles ganz von Anfang an erzählte. Wie Logan mich in der Apotheke seines Vaters sah und Fanny überzeugt war, er würde sie und
Weitere Kostenlose Bücher