Schwarzer Engel
Gesicht. Er schenkte mir noch mal Champagner in mein Glas. »Ich wünschte, ich hätte dich damals gekannt, und Tom und die anderen. Ihr hättet mir so viel von eurer Energie weitergeben können.«
»Troy! Hör auf, so zu reden!« begehrte ich erschreckt auf, weil ich seine Stimmung nicht begriff. Ich war zornig, weil er mich jetzt eigentlich küssen sollte, meine Kleider ausziehen sollte, anstatt zu reden. »Was versuchst du denn, mir zu erzählen? Daß du mich nicht liebst? Daß du es bedauerst, mit mir geschlafen zu haben? Gut, ich bedauere gar nichts. Mir wird’s nie leid tun, daß du mir wenigstens eine Nacht mit dir geschenkt hast! Und wenn du meinst, du könntest mich ausradieren, dann liegst du falsch. Ich bin ein Teil deines Lebens, Troy, ganz tief drinnen. Und wenn dich der Winter traurig und morbide macht, werden wir gemeinsam der Sonne folgen, und während all dieser Nächte werden dich meine Arme so festhalten, daß du nie wieder einen Alptraum haben wirst.«
Aber als ich mich sehnsüchtig nach ihm ausstreckte, trieb mein Herz an den Rand eines Abgrundes, jeden Moment bereit, hinunterzustürzen und zu sterben, wenn er mich zurückweisen würde!
»Ich möchte nichts mehr hören!« rief ich, ehe ich meine Lippen auf seine preßte. »Nicht jetzt, bitte, jetzt nicht!«
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11. KAPITEL
JANUAR IM JULI
Einige Male versuchte Troy, mir wieder seine traurige Geschichte von Winter, Schwachheit und Tod zu erzählen, aber ich stellte mich schützend vor unsere Freude und unsere Leidenschaft. Immer und immer wieder brachte ich ihn mit Küssen zum Verstummen. Drei Nächte und zwei Tage lang waren wir ein glühendes Liebespaar, das es nicht ertragen konnte, länger als ein paar Minuten getrennt zu sein. Die Gärten, die Farthy umgaben, verließen wir nicht und riskierten es auch nicht, nochmals durch die Wälder zu reiten. Für unsere Pferde wählten wir keine riskanten Wege mehr und entfernten uns nie zu weit. Denn wir wollten so rasch wie möglich wieder in die Hütte zurückkehren, zu dem sicheren Gefühl, das wir bei unseren Umarmungen hatten. Am frühen Abend eines Tages hatte sich der Regen übers Meer hinaus verzogen, und die Sonne war endlich wieder am Horizont aufgetaucht. Troy hielt mich auf dem Boden vor seinem Kaminfeuer eng umschlungen. Aber diesmal war er sehr hartnäckig.
»Du mußt mir zuhören, versuche nicht, mich wieder wegzuschieben. Ich möchte nicht dein Leben ruinieren, nur weil ein Schatten über meinem liegt.«
»Wird denn deine Geschichte das zerstören, was uns jetzt gehört?«
»Ich weiß es nicht, die Entscheidung wird bei dir liegen.«
»Und du riskierst es tatsächlich, mich zu verlieren?«
»Nein, ich hoffe, dich nie zu verlieren, aber wenn ich es tun muß, werde ich es tun.«
»Nein!« schrie ich, sprang auf und stürzte in seinen Flur.
»Laß mich diesen Sommer ganz genießen, ohne Gedanken an den Winter!«
Mit großen Schritten lief ich zur Hütte hinaus und direkt ins Labyrinth, durch den feuchten Abendnebel, der sich zwischen den schmalen Wegen der Hecken sammelte. Zu meiner großen Bestürzung wäre ich beinahe kopfüber mitten in eine kleine Gruppe vor der Haupttreppe von Farthinggale Manor geplatzt, die dabei war, Tonys lange, schwarze Limousine auszuladen.
Jillian und Tony waren zurück! Rasch duckte ich mich wieder hinter dem Labyrinth. Ich hatte keine Lust, daß sie mich auf meinem Rückweg von Troys Hütte ertappten.
Während der Chauffeur das Gepäck hineintrug, hörte ich, wie Tony Jillian dafür tadelte, daß sie mich nicht benachrichtigt hatte. »Das heißt also, du hast Heaven nicht, wie versprochen, gestern angerufen?«
»Wirklich, Tony, ich habe mehrmals daran gedacht, aber dann kam immer wieder etwas dazwischen. Außerdem wird sie sicher mehr überrascht und erfreut sein, wenn wir unerwartet zurückkommen. Ich in ihrem Alter wäre entzückt über all die hübschen Dinge gewesen, die wir für sie aus London mitgebracht haben, da bin ich mir sicher.«
Sobald sie im Haus verschwunden waren, rannte ich zum Seiteneingang und die hintere Treppe zu meinen Zimmern hoch. Dort verkroch ich mich sofort im Bett und weinte herzzerreißend. Als Tony an meine Türe klopfte und meinen Namen rief, trocknete ich rasch meine Tränen.
»Wir sind wieder zu Hause, Heaven, darf ich reinkommen?«
Irgendwie freute ich mich, ihn wiederzusehen. Er lächelte und war so guter Laune, während er mich mit Fragen überschüttete: Was ich denn so gemacht habe und wie
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