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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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abzuschätzen, wie lange es dauern würde, die Treppe hinunterzustürmen und die Kette aufzufummeln. Nein, das würde sie nicht schaffen. Das Handy in ihrer Tasche fiel ihr ein. Selbst wenn es ihr gelang, eine Nachricht hineinzuflüstern, was brachte das schon? Es würde zehn, fünfzehn Minuten dauern, bis Hilfe eintraf, und dann war da immer noch die abgeschlossene und zusätzlich verriegelte Tür.
    Frieda spürte, wie ihr Puls raste. Sie zwang sich, tief durchzuatmen und dabei langsam bis zehn zu zählen. Dann blickte sie sich nach einem Versteck um, verwarf den Plan aber sofort wieder als hoffnungslos. Beim Hereinkommen hatte sie viel zu viel Lärm gemacht. Sie nahm eine Bürste von ihrer Kommode. Das Ding war so windig, dass man es als Waffe völlig vergessen konnte. Als sie daraufhin ihre Jackentasche durchwühlte, stieß sie auf einen Stift. Sie nahm ihn fest in die Faust und hielt ihn vor sich hin. Zumindest besaß er eine Spitze. Obwohl es ihr wie das Allerschlimmste auf der Welt vorkam, schob sie sich vorsichtig aus dem Schlafzimmer hinaus auf den Treppenabsatz. Es würde nur ein paar Sekunden dauern. Wenn sie es schaffte, die Treppe hinunterzuschleichen, ohne dass die Stufen knarrten, dann …
    Wieder war ein Schaben zu hören, diesmal lauter, und dann noch ein anderes Geräusch, eine Art Pfeifen. Es kam von gegenüber, aus dem Badezimmer. Das Gepfeife ging weiter. Frieda lauschte ein paar Sekunden, trat dann näher und gab der Badezimmertür einen Schubs, so dass sie aufschwang. Einen Moment lang hatte sie das Gefühl, im falschen Raum oder sogar im falschen Haus zu sein. Nichts befand sich mehr an seinem angestammten Platz. Ein Stück Wand mit Leitungen war freigelegt und daneben eine große Fläche Boden. Der ganze Raum erschien Frieda größer, als sie ihn in Erinnerung gehabt hatte. Und in der Ecke stand eine vornübergebeugte Gestalt, die gerade an etwas zerrte.
    »Josef«, sagte Frieda mit schwacher Stimme, »was machst du hier?«
    Josef blickte sich lächelnd um, wirkte dabei aber leicht zerknirscht.
    »Frieda«, antwortete er, »ich habe dich gar nicht kommen hören.«
    »Was machst du hier? Wie bist du hereingekommen?«
    »Mit dem Schlüssel, den du mir mal gegeben hast.«
    »Aber der war doch nur dafür gedacht, dass du während meiner Abwesenheit die Katze fütterst.« Sie blickte sich um. »Was ist hier überhaupt los?«
    Josef richtete sich auf. Er hatte einen großen Schraubenschlüssel in der Hand.
    »Frieda. Es geht dir zurzeit nicht gut. Wenn ich dich anschaue, dann sehe ich, dass du traurig bist und Schmerzen hast und alles so beschwerlich für dich ist.« Frieda wollte etwas sagen, doch Josef ließ sie nicht zu Wort kommen. »Nein, nein, warte. Es ist nicht leicht, dir zu helfen, aber ich kenne dich, ich weiß, dass du gerne stundenlang sehr heiß badest, wenn es dir schlecht geht.«
    »Na ja, nicht stundenlang «, widersprach Frieda. »Aber wo ist überhaupt meine Wanne? Ich wollte sie gleich benutzen.«
    »Deine Wanne ist weg«, erklärte Josef. »Während du mit deiner Freundin Sasha unterwegs warst, haben ich und mein Freund Stefan deine Wanne abgeholt und entsorgt. Sie war aus einem schlechten Material – aus Plastik und viel zu klein. Man konnte nicht gut darin liegen.«
    »Man konnte sogar sehr gut darin liegen!«, widersprach Frieda.
    »Nein«, entgegnete Josef in entschiedenem Ton. »Jedenfalls ist sie weg. Ich habe im Moment großes Glück. Ich arbeite an einem Haus in Islington. Der Besitzer gibt viel Geld dafür aus. Er lässt mich alles rausreißen, in vier große Container entsorgen und anschließend alles neu machen. Dabei wirft er viele schöne Sachen weg, aber das Allerschönste ist eine große gusseiserne Badewanne. Als ich sie gesehen habe, musste ich sofort an dich denken. Sie ist perfekt.«
    Frieda nahm das Bad genauer in Augenschein. Wo vorher die Wanne gestanden hatte, lagen nun Wand und Boden frei. Man sah etliche gesprungene Fliesen, nackte Bodendielen und eine große Rohröffnung. Josef selbst war mit einer Staubschicht überzogen, die sein dunkles Haar wie grau meliert aussehen ließ.
    »Josef, du hättest mich vorher fragen sollen.«
    Josef breitete hilflos die Arme aus.
    »Wenn ich dich gefragt hätte, dann hättest du Nein gesagt.«
    »Genau deswegen hättest du mich ja fragen sollen.«
    Josef machte plötzlich einen traurigen, nachdenklichen Eindruck.
    »Frieda, du beschützt alle anderen Leute, und manchmal wirst du dadurch verletzt. Du musst auch mal

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