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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Der Junge wirkte angeschlagen und erschöpft. Es war derjenige, der am Samstagabend würgend über der Kloschüssel gehangen hatte – Ted, dessen Mutter gerade erst ermordet worden war. Als sich ihre Blicke trafen, breiteten sich schlagartig hektische rote Flecken auf seinen Wangen aus. Er murmelte irgendetwas Unzusammenhängendes und neigte sich noch mehr nach vorn, bis sein Gesicht halb hinter einer Hand verschwand. Seine Nägel waren weit heruntergekaut. Am Handgelenk hatte er eine kleine Tätowierung, oder vielleicht war es auch nur eine Tintenzeichnung.
    »Hallo, Frieda«, sagte Chloë, »ich habe dich nicht erwartet. Wir machen heute doch gar keine Chemie.«
    »Ich bin mit Josef da.«
    »Wegen des Waschbeckens.«
    »Ja.«
    »Das muss schon vorher locker gewesen sein. Es ist einfach abgebrochen.«
    »Weil zwei Leute darauf gesessen haben!« Olivia senkte die Stimme. »Willst du mich denn nicht deinem Freund vorstellen?«
    Chloë wirkte plötzlich verlegen.
    »Das ist Ted. Ted, meine Mum.«
    Mit zusammengekniffenen Augen blickte Ted zu Olivia hoch und brachte sogar ein Hallo zustande. Olivia marschierte auf ihn zu, packte seine schlaffe, widerstrebende Hand und schüttelte sie enthusiastisch. »Ich freue mich so, dich kennenzulernen«, verkündete sie. »Dauernd sage ich zu Chloë, sie soll Freunde mit nach Hause bringen. Vor allem so gut aussehende junge Männer wie dich.«
    »Mum! Das ist genau der Grund, warum ich es nicht tue.«
    »Ted stört das bestimmt nicht. Oder, Ted?«
    »Und das ist Frieda«, fuhr Chloë hastig fort. »Meine Tante«, fügte sie hinzu und sah Frieda dabei Hilfe suchend an.
    »Hallo.« Frieda nickte ihm zu. Obwohl es kaum möglich schien, vertiefte sich die Röte seines Gesichts noch ein wenig, und er stotterte erneut irgendetwas Unverständliches. Frieda konnte sehen, dass er am liebsten davongelaufen wäre, um sich vor dieser Frau zu verstecken, die ihn nicht nur würgend, sondern auch weinend erlebt hatte.
    »Sollen wir in mein Zimmer gehen?«, wandte Chloë sich an Ted, woraufhin er aufstand – ein knochiger, linkischer, verlegener junger Mann, der nur aus Ecken und scharfen Kanten zu bestehen schien.
    »Ich habe das von deiner Mutter gehört«, erklärte Frieda. »Es tut mir sehr leid, dass du sie verloren hast.«
    Neben sich spürte sie Olivia erstarren. Ted drehte sich ruckartig zu Frieda um. Seine Pupillen wirkten plötzlich riesig. Chloë griff nach seiner Hand und drückte sie, um ihn zu trösten. Einen Moment schien er so von seinen Gefühlen übermannt, dass er sich weder bewegen noch etwas sagen konnte.
    »Danke«, stieß er schließlich hervor, »es ist nur … danke.«
    »Ich hoffe, ihr bekommt angemessene Hilfe«, sagte Frieda.
    »Was?«, flüsterte Olivia, sobald Chloë mit Ted den Raum verlassen hatte, wobei sie mit funkelnden Augen einen Blick über ihre Schulter warf. »Ist das …?«
    »Ihr Freund, dessen Mutter ermordet wurde. Ja.«
    Olivia schlug die Hand vor den Mund.
    »Das war mir nicht klar. Der arme Junge! Der arme, arme Junge! Nein, wie schrecklich! Aber er sieht recht gut aus, findest du nicht? Auf eine lässige, ein bisschen kaputte Art. Meinst du, Chloë ist in ihn verliebt? Was für eine Tragödie. Ich meine, was ihm passiert ist. Noch dazu in diesem Alter. Das muss man sich mal vorstellen! Jetzt brauche ich wirklich was zu trinken.«
    Billy Hunt starrte zu Karlsson hoch. Er wirkte nervöser und dürrer denn je, beharrte aber stur auf seiner Unschuld.
    Karlsson seufzte.
    »Sie machen es uns und sich selbst nur unnötig schwer. Den Einbruch haben Sie bereits gestanden, die gestohlenen Gegenstände konnten zu Ihnen zurückverfolgt werden, und auf der Mordwaffe befanden sich jede Menge Fingerabdrücke von Ihnen und das Blut von Misses Lennox. Geben Sie doch einfach zu, was Sie getan haben.«
    »Aber wenn ich es nicht war!«
    »Die Geschworenen werden Ihnen nicht glauben.«
    Karlsson stand auf. Er hatte das Gefühl, als würde ihm gleich vor Müdigkeit und Zorn der Kopf platzen. Nun blieb seinem Team nichts anderes übrig, als mühsam das ganze Beweismaterial durchzuackern, um wasserdichte Beweise zu bekommen. Die Zeit, die er eigentlich mit seinen Kindern, Bella und Mikey, verbringen wollte, würde er stattdessen damit vergeuden, jeden Zentimeter des Tatorts zu durchkämmen, zahllose Gespräche mit Fachverständigen zu führen und sicherzustellen, dass alles genau nach Vorschrift ablief.
    »Warten Sie.«
    »Ja?«
    »Eines wollte ich Ihnen noch sagen: Ich

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