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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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der Telefonliste, Jorja! Das hat Pete selbst gehört. Weißt du, was das bedeutet? Sie ist ein Callgirl! Alan lebt mit einem Callgirl. Was stimmt nur nicht mit ihm?«
    Jorja schloss die Augen und holte tief Luft.
    »Wenn er nichts mit Marcie zu tun haben will - um so besser«, fuhr Mary stur fort. »Weiß der Himmel, was für Krankheiten er sich bei diesem Weibsbild holt!«
    Jorja schob den Truthahn in den Backofen zurück, schloss die Herdtür und stand auf. »Könnten wir nicht über etwas anderes reden?«
    »Ich dachte, es interessiert dich, was diese Frau treibt.«
    »Jetzt weiß ich es ja.«
    Mary senkte die Stimme noch mehr. »Und was ist, wenn er eines Tages hier aufkreuzt und erklärt: >Pepper und ich möchten Marcie nach Acapulco mitnehmen< - oder nach Disneyland oder auch nur in ihre Wohnung?«
    »Mutter«, erklärte Jorja erbittert, »er will mit Marcie nichts zu tun haben, weil er durch sie an seine eigentlichen Pflichten  erinnert wird.«
    »Aber was ist, wenn ...«
    »Verdammt, Mutter, hör jetzt endlich auf damit!« Obwohl Jorja die Stimme nicht erhoben hatte, war ihr Ton so wütend, dass Mary augenblicklich verstummte. Gekränkt wandte sie sich von Jorja ab, ging rasch zum Kühlschrank, öffnete ihn und betrachtete die vollen Fächer. »Oh, du hast Gnocchi gemacht!«
    »Es sind keine gekauften«, sagte Jorja mit zitternder Stimme. »Selbstgemachte.«
    Sie hatte eine versöhnliche Bemerkung machen wollen, begriff aber sogleich, dass ihre Worte auch als spitze Anspielung auf die Abneigung ihres Vaters gegen fertig gekaufte Plätzchen ausgelegt werden konnten. Sie biss sich auf die Lippen und musste gegen aufsteigende Tränen ankämpfen.
    Mary starrte immer noch in den Kühlschrank. »Es wird wohl auch Kartoffeln geben? Oh, und was ist das - ach, du hast das Kraut für den Krautsalat schon geraspelt. Ich dachte, du würdest Hilfe benötigen, aber du scheinst ja an alles gedacht zu haben.«
    Sie schloss den Kühlschrank und sah sich nach irgendeiner Beschäftigung um, die ihnen beiden über diesen peinlichen Augenblick hinweghelfen würde. Tränen standen in ihren Augen.
    Jorja flog buchstäblich auf sie zu und schlang ihre Arme um sie. Mary erwiderte die Umarmung, und eine Zeitlang hielten sie einander wortlos umschlungen.
    »Ich weiß nicht, warum ich so bin«, murmelte Mary schließlich entschuldigend. »Meine Mutter hat sich mir gegenüber auch immer so aufgeführt. Damals hatte ich mir geschworen, diesen Fehler bei dir auf keinen Fall zu wiederholen.«
    »Ich liebe dich, so wie du bist.«
    »Vielleicht ist es, weil du mein einziges Kind bist. Wenn ich noch ein paar andere hätte haben können, würde ich dir das Leben nicht so schwer machen.«
    »Teilweise ist es auch meine Schuld, Mom. Ich bin in letzter Zeit wahnsinnig nervös und empfindlich.«
    »Und warum solltest du das nicht sein?« sagte ihre Mutter und drückte sie fest an sich. »Dieses Schwein lässt dich einfach sitzen, du sorgst für deinen und für Marcies Lebensunterhalt, du besuchst nebenbei Kurse ... Du hast jedes Recht, nervös und empfindlich zu sein. Wir sind so stolz auf dich, Jorja. Es erfordert solchen Mut, das zu leisten, was du leistest.«
    Im Wohnzimmer begann Marcie zu kreischen.
    Was mag jetzt schon wieder los sein? dachte Jorja.
    Von der Wohnzimmerschwelle aus sah sie, dass ihr Vater Marcie zu überreden versuchte, mit einer Puppe zu spielen.
    »Sieh mal«, zeigte Pete seiner Enkelin, »das Püppchen schreit, wenn du es auf diese Seite kippst, und es lacht, wenn du es auf die andere Seite drehst!«
    »Ich will nicht mit der blöden Puppe spielen!« schrie Marcie.
    Sie hielt die Plastik- und Gummispritze aus der Arzttasche in der Hand, und jene beunruhigende Heftigkeit hatte wieder von ihr Besitz ergriffen. »Ich will dir noch eine Spritze geben!«
    »Aber du hast mir doch schon zwanzig Spritzen gegeben, mein Liebling«, wandte Pete ein.
    »Ich muss sehr viel üben«, erklärte Marcie. »Ich werde später nie mein eigener Doktor sein können, wenn ich nicht jetzt schon anfange zu üben.«
    Pete warf Jorja einen empörten Blick zu. »Was hat sie nur mit diesem Doktor-Unsinn?«
    »Ich wünschte, ich wüsste es«, sagte Jorja.
    Mit verzerrtem Gesicht drückte Marcie auf den Kolben der Spielzeugspritze. Sie hatte Schweiß auf der Stirn.
    »Ich wünschte, ich wüsste es«, wiederholte Jorja unbehaglich.

Boston, Massachusetts
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