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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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funktionieren würde.
    Er und Brendan Cronin saßen jeder an einem Ende des langen Tisches. Jorja Monatella hatte ihre schlafende Tochter auf die Bank in einer Nische gelegt, ohne dass das Mädchen aufgewacht war. Die Erwachsenen -alle sieben - standen im Halbkreis um den Tisch herum, einige Schritte davon entfernt, damit Dorn und Brendan sich konzentrieren konnten, ohne durch irgend etwas abgelenkt zu werden.
    Auf dem Tisch vor Dom stand ein Salzstreuer. Das Experiment bestand darin, dass er versuchen sollte, diesen Gegenstand zu bewegen, ohne ihn zu berühren.
    »Nur einen Zentimeter«, hatte Ginger gesagt. »Wenn Sie den Streuer auch nur geringfügig zu bewegen vermögen, werden wir wissen, dass Ihnen diese Kraft innewohnt.«
    Am anderen Ende der drei zusammengeschobenen Tische stand vor Brendan Cronin ein Pfefferstreuer. Der Priester starrte den kleinen Glasbehälter genauso intensiv an wie Dom den seinigen, und sein rundes, sommersprossiges Gesicht hatte einen kaum weniger düsteren Ausdruck als Doms Gesicht. Obwohl Brendan bestritten hatte, dass die wundersamen Heilungen und die wiederholte Erscheinung des mysteriösen Lichtes Gottes Werk sein könnten, begriff Dom, dass der Priester insgeheim doch von Herzen hoffte, dass eine göttliche Präsenz diese Phänomene bewirkt hatte. Er wollte zu seinem Glauben zurückfinden, wollte in den Schoß der Kirche zurückkehren können. Falls die Wunder sich nun aber als seine eigenen Werke erwiesen, die er durch die Ausübung ihm selbst nicht bewusster psychischer Kräfte vollbracht hatte, und falls sich dann auch noch erweisen würde, dass er diese Kraft einem Bazillus verdankte, wie Ginger vermutete, dann würde Brendans sehnsüchtiges Verlangen nach geistlicher Erhebung und heiliger Führung unerfüllt bleiben.
    Der Salzstreuer.
    Dom fixierte seine Blicke darauf und versuchte, alle störenden Gedanken völlig auszuschalten, um sich ausschließlich darauf konzentrieren zu können, den Salzstreuer von der Stelle zu bewegen. Obwohl er hoffte, diese seltsame Begabung nicht zu haben, so musste er es doch auf einen Versuch ankommen lassen.
    Er musste wissen, ob Gingers Theorie stimmte.
    Weder Ginger noch jemand von den anderen konnte sich vorstellen, wie die Kraft - falls Brendan und er tatsächlich darüber verfügen sollten -praktisch angewendet und in Gang gesetzt werden konnte.
    »Aber«, hatte Ginger gesagt, »wenn sie in Momenten großer Erregung spontan und in spektakulärer Weise zur Auslösung kommt, so können Sie bestimmt auch lernen, diese Kraft kontrolliert anzuwenden, wann immer Sie das wollen ... so wie ein Musiker sein musikalisches Talent jederzeit einsetzen kann. Oder so, wie Sie Ihr schriftstellerisches Talent einsetzen.«
    Der Salzstreuer stand fest auf dem Tisch.
    Dom bemühte sich, nur noch diesen kleinen Glaszylinder mit dem durchlöcherten Schraubverschluss und dem körnigen weißen Inhalt wahrzunehmen und die ganze übrige Welt völlig zu vergessen. Er fixierte seinen Geist und seine Willenskraft auf diesen Gegenstand. Schließlich wurde ihm bewusst, dass er vor Anspannung die Fäuste ballte und mit den Zähnen knirschte.
    Nichts tat sich.
    Er änderte seine Taktik. Anstatt den Salzstreuer mit geistigen Kanonen anzugreifen, entspannte er sich und betrachtete den Gegenstand genau, prägte sich dessen Größe, Form und Muster ein. Vielleicht bestand der Schlüssel zum Erfolg darin, ein Gespür für den Streuer zu entwickeln, eine Art Einfühlungsvermögen.
    >Einfühlungsvermögen< schien ihm der richtige Ausdruck zu sein, obwohl es sich um einen unbelebten, anorganischen Gegenstand handelte. Anstatt den Streuer geistig zu beschießen, könnte er sich vielleicht in ihn einfühlen und ihn irgendwie dazu ... veranlassen, mit ihm zu kooperieren und eine kurze telekinetische Reise anzutreten. Nur einen Zentimeter weit.
    Dom beugte sich etwas vor, um die einfache, rein funktionelle Form besser sehen zu können: fünf schrägkantige Facetten, damit man ihn gut halten konnte; ein dicker Glasboden für gute Standfestigkeit; eine glänzende Metallkappe ...
    Nichts. Der Salzstreuer stand völlig unbeeinflusst auf dem Tisch, schien wie festgeschweißt zu sein.
    Aber in Wirklichkeit war er natürlich -wie jede Materie im Universum -nicht unbeweglich, in gewisser Weise bewegte er sich immer, stand nie still. Schließlich bestand er aus Billionen sich unablässig bewegender Atome, deren äußere Teile wie Planeten um die Billionen sonnenartiger Nukleonen kreisten. Auf

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