Schwarzer Mond: Roman
hätten mir das nicht erzählt, wenn Sie VIGILANT nicht bereits umprogrammiert hätten.«
»Sie haben völlig recht«, bestätigte Leland. »Als ich Thunder Hill vorhin betrat, habe ich mich nicht wie sonst mit der rechten Hand ausgewiesen, sondern mit der linken. Das war für VIGILANT das vereinbarte Signal. Niemand außer mir und Lieutenant Horner kann Thunder Hill verlassen, bis ich entscheide, dass es ungefährlich ist.«
Leland Falkirk verließ das Büro und trat auf den >Nabel< hinaus. Er war so zufrieden mit sich, wie es unter diesen betrüblichen Umständen möglich war. Nach achtzehn Monaten war es ihm nun endlich doch gelungen, Miles Bennell aus der Fassung zu bringen.
Er hätte den Wissenschaftler völlig in die Knie zwingen können, wenn er ihm noch etwas anderes erzählt hätte. Aber dieses eine Geheimnis musste er für sich behalten. Er hatte einen genauen Plan ausgearbeitet, wie er alle und alles in Thunder Hill vernichten konnte, falls er zu der Erkenntnis kommen sollte, dass sie infiziert waren und nur so taten, als wären sie noch Menschen. Er hatte die Mittel, die gesamte Militäreinrichtung in geschmolzene Schlacke zu verwandeln, um diese Seuche ein für allemal auszurotten. Der einzige Haken an der Sache war, dass er dabei ebenfalls ums Leben kommen würde. Aber er war zu diesem Opfer bereit.
Nach nur fünfeinhalb Stunden Schlaf duschte Jorja, zog sich an und ging in die Wohnung der Blocks, wo Marcie mit Jack Twist am Küchentisch saß. Jorja blieb im Wohnzimmer stehen und beobachtete die beiden, ohne dass sie etwas davon bemerkten.
Nachdem Jorja, Jack und Brendan sich um halb fünf morgens am Mini-Mart in Elko mit dem zweiten Team getroffen hatten und ins Motel zurückgekehrt waren, hatte Jack im Wohnzimmer der Blocks auf dem Fußboden geschlafen, damit Marcie morgens nicht allein sein würde, wenn Faye und Ernie zu ihren wichtigen Erkundungen aufbrachen. Jorja hatte das Mädchen in ihr eigenes Zimmer bringen wollen, aber Jack hatte erklärt, es mache ihm überhaupt nichts aus, den Babysitter zu spielen, sobald Marcie erwachen würde.
»Sieh mal«, hatte er gesagt, »sie schläft jetzt bei Faye und Ernie im Bett. Wenn wir sie jetzt in dein Zimmer bringen, wecken wir alle drei auf, und heute nacht sollte jeder soviel Schlaf wie nur irgend möglich bekommen.«
Jorja hatte eingewandt: »Aber Marcie schläft schon stundenlang. Sie wird morgens viel früher aufwachen als du. Sie wird dich aufwecken.«
Und er hatte erwidert: »Lieber mich als dich. Ich brauche wirklich nicht viel Schlaf.«
»Du bist ein netter Kerl, Jack Twist«, hatte sie gesagt.
»Oh, ich bin ein richtiger Heiliger«, hatte er selbstironisch geantwortet.
Und sie hatte völlig aufrichtig bekräftigt: »Du bist, glaube ich, der netteste Mann, dem ich je begegnet bin.«
Zu dieser Einschätzung seiner Person war sie während der Stunden gelangt, als sie in seinem Cherokee durch die nächtlich leeren Straßen von Elko gefahren waren. Er war klug, geistreich, empfindsam und freundlich, und sie hatte noch nie einen Menschen kennengelernt, der so gut zuhören konnte. Um halb zwei nachts war Brendan auf dem Rücksitz des Jeeps vor Erschöpfung eingeschlafen, und erst in diesem Augenblick hatte Jorja begriffen, weshalb sie auf die Begleitung des Priesters so gereizt reagiert hatte. Ihre Gefühle hatten nichts mit der Person Vater Cronins zu tun gehabt, sondern sie hatte, ohne sich dessen bewusst zu sein, Jack Twist für sich allein haben wollen. Dieser Wunsch war in Erfüllung gegangen, als Brendan einschlief, und sie hatte sich immer stärker zu Jack hingezogen gefühlt. Seit ihre beste Freundin weggezogen war, als sie beide sechzehn gewesen waren, hatte sie keinem Menschen mehr so viel über sich erzählt wie Jack in dieser Nacht. In den fast sieben Jahren ihrer Ehe hatte sie mit Alan nie ein auch nur annähernd so ernsthaftes Gespräch geführt wie mit diesem Mann, den sie erst seit wenigen Stunden kannte.
Während sie nun in der Wohnung der Blocks stand und Jack und Marcie beobachtete, entdeckte Jorja einen weiteren positiven Charakterzug an ihm. Er konnte mit einem Kind reden, ohne im geringsten gelangweilt oder herablassend zu sein - eine Gabe, die den meisten Erwachsenen fehlte. Er scherzte mit Marcie, fragte nach ihren Lieblingsliedern, -gerichten und -filmen, half ihr beim Ausmalen eines der letzten noch nicht kolorierten Monde in ihrem Album.
Aber Marcie war in einer noch tieferen, erschreckenderen Trance als am
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