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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Reaktion auf ein Geschehen, das plötzlich Wirklichkeit wurde. Das ist zumindest die Meinung vieler Wissenschaftler, in erster Linie der Soziologen und Psychologen. Und die Anthropologen erklären uns, dass beim Zusammenprall zweier Kulturen, die auf verschiedenen Entwicklungsstufen stehen, die weniger entwickelte das Vertrauen in ihre eigenen Traditionen und Institutionen verliert, dass diese oft völlig zusammenbrechen. Die primitivere Kultur verliert jede Achtung vor ihren Religionen und Regierungssystemen. Die sexuellen Praktiken, die sozialen Wertvorstellungen, die Familienstrukturen -alles wird plötzlich in Zweifel gezogen. Denken Sie nur einmal daran, was mit den Eskimos geschah, nachdem sie mit der westlichen Zivilisation konfrontiert worden waren: Der Alkoholismus nahm katastrophale Ausmaße an, der Generationenkonflikt zerstörte die Familien, die Selbstmordrate schoss sprunghaft in die Höhe ... Nicht etwa, weil die westliche Kultur gefährlich oder gar schlecht wäre. Das ist sie nicht. Aber unsere Kultur war viel komplizierter strukturiert als die der Eskimos, und der Kontakt mit uns führte bei ihnen zu einem folgenschweren Verlust der Selbstachtung, von dem sie sich nie wieder erholt haben.«
    Stefan musste seine Ausführungen unterbrechen, weil sie am Ende des Schotterweges angelangt waren.
    Parker studierte im schwachen Licht des Handschuhfachs die Landkarte. Dann schaute er auf den Kompass.
    »Hier entlang«, sagte er und deutete nach links. »Wir müssen knapp fünf Kilometer querfeldein nach Westen fahren, bis zu einer Straße namens Vista Valley Road, und wenn wir die überquert haben, geht es weiter querfeldein bis zum Motel - etwa dreizehn oder vierzehn Kilometer.«
    »Kontrollieren Sie bitte den Kompass, ob ich immer in westlicher Richtung bleibe.«
    Stefan fuhr in die schneeverwehte nächtliche Landschaft hinein.
    »Diese Sache über die Eskimos, all diese Einzelheiten über den  Standpunkt des CISG -das alles konnte Mr. X Ihrem Kaplan doch nicht während eines einzigen Telefongesprächs mitteilen?«
    »Einiges schon, aber nicht alles.«
    »Sie müssen also schon früher über dieses Thema nachgedacht haben.«
    »Nicht über Kontakte mit außerirdischen Wesen«, erwiderte Vater Wycazik. »Aber zur Ausbildung eines Jesuiten gehören auch kritische Betrachtungen über die positiven und negativen Auswirkungen der Bemühungen der Kirche im Laufe der Geschichte, rückständigen Kulturen den christlichen Glauben nahezubringen. Und die vorherrschende Meinung ist inzwischen die, dass wir durch unsere Missionstätigkeit, auch wenn wir diesen Völkern Aufklärung und Erleuchtung brachten, beträchtlichen Schaden angerichtet haben. Nun ja, jedenfalls beschäftigen wir Jesuiten uns viel mit Anthropologie, deshalb kann ich die Befürchtungen des CISG in gewisser Weise verstehen.«
    »Unser Kurs ist im Augenblick ein bisschen zu weit nördlich«, stellte Parker nach einem Blick auf den Kompass fest. »Halten Sie sich, sobald die Bodenverhältnisse es erlauben, weiter nach links. Was ich aber vorhin sagen wollte - ich kann die Befürchtungen dieses Komitees immer noch nicht so recht begreifen.«
    »Denken Sie doch mal an die amerikanischen Indianer. Es waren letztlich nicht die Gewehre des weißen Mannes, die sie vernichteten, sondern es war der Zusammenprall der Kulturen. Sie sahen sich plötzlich mit neuen Ideen konfrontiert, die sie zwangen, ihre verhältnismäßig primitive Gesellschaftsform aus einer anderen Perspektive zu sehen, und das führte zu einem Verlust der Selbstachtung, zum Verlust der eigenen kulturellen Werte und Zielsetzungen. Und Mr. X hat in seinem Telefongespräch mit Vater Gerrano erwähnt, dass der CISG befürchtete, ein Kontakt zwischen uns Menschen und irgendwelchen außerirdischen Wesen mit einer viel höheren Entwicklungsstufe könnte für uns die gleichen Folgen haben: Zusammenbruch des religiösen Glaubens, Einbuße des Vertrauens in Regierungen und andere überkommene Institutionen, zunehmende Minderwertigkeitskomplexe, Selbstmorde etc. etc.«
    Parker Faine gab einen spöttischen Laut von sich. »Vater, würden Sie dadurch Ihren Glauben verlieren?«
    »Nein. Ganz im Gegenteil!« erklärte Stefan erregt. »Wenn es im riesigen Universum kein anderes Leben gäbe, wenn all die Trillionen und Billionen von Planeten öde und leer wären - das könnte mich auf den Gedanken bringen, dass es keinen Gott gibt, dass die Evolution unserer Spezies reiner Zufall war. Wenn es nämlich

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