Schwarzer Mond: Roman
nicht in letzter Zeit.
»Heilige Maria, bitte für uns ... Du reine Mutter, bitte für uns ... Du keusche Mutter, bitte für uns ...«
Er betete nicht mechanisch, nicht unbewusst, sondern mit glühender Inbrunst, überzeugt davon, dass die Gottesmutter seine verzweifelten Rufe hörte, dass -durch die Verbindung seiner neuen Kraft mit der Fürsprache der Heiligen Jungfrau - Vater Wycazik auferstehen würde. Wenn er seinen Glauben jemals wirklich verloren hatte, so gewann er ihn in diesen dunklen Minuten zurück. Er glaubte aus ganzem Herzen, mit Leib und Seele. Wenn Vater Wycazik versehentlich gestorben war, vor der ihm dafür bestimmten Zeit, und wenn die Heilige Jungfrau die mit ihren Tränen benetzten Fürbitten ihm vortrug, der seiner Mutter nichts abschlagen kann, was sie im Namen der Liebe erbittet - dann würde das zerfetzte Fleisch des Priesters heilen, und Stefan würde dieser Welt zurückgegeben werden, damit er seine Mission fortsetzen konnte.
Brendan kniete im Schnee, die Hände auf der nassen Wunde seines väterlichen Freundes, mit gebeugten Schultern, und sang die Lauretanische Litanei. Er flehte Maria an -Königin der Engel, Königin der Apostel, Königin der Märtyrer. Aber immer noch lag sein geliebter Vorgesetzter regungslos auf der Erde.
Brendan bat die Heilige Jungfrau inbrünstig, ihm zu helfen sie, die geheimnisvolle Rose, den Morgenstern, den elfenbeinernen Turm, das Heil der Kranken, die Trösterin der Betrübten.
Aber die erloschenen Augen, die stets so viel Wärme, Intelligenz und Zuneigung ausgestrahlt hatten, starrten leblos zum Himmel empor, und Schneeflocken ließen sich darauf nieder.
»Du Spiegel der Gerechtigkeit, bitte für uns ... Du Ursache unserer Freude, bitte für uns ...«
Schließlich fand Brendan sich damit ab, dass es Gottes Wille gewesen war, Vater Wycazik zu sich zu rufen.
Er beendete die Litanei mit einer Stimme, die von Wort zu Wort stärker schwankte. Er nahm seine Hände von der Wunde, umschloss statt dessen eine von Vater Wycaziks schlaffen, toten Händen und umklammerte sie, als wäre er ein kleines, verängstigtes Kind. Ihm wollte vor Kummer fast das Herz zerspringen.
Colonel Leland Falkirk beugte sich über ihn.
»Es gibt also Grenzen für Ihre Macht, wie? Ausgezeichnet! Gut, das zu wissen. Los, kommen Sie jetzt! Gehen Sie zurück zu den anderen!«
Brendan blickte in dieses kalte Gesicht mit den Feuersteinaugen empor, und nun flößte der Colonel ihm überhaupt keine Furcht mehr ein. Er sagte ruhig: »Er ist gestorben, ohne eine Gelegenheit zur letzten Beichte gehabt zu haben. Ich bin Priester, und ich werde hierbleiben und tun, was ein Priester in einem solchen Fall tun muss, und wenn ich fertig bin, werde ich zu den anderen zurückkehren. Die einzige Möglichkeit, mich jetzt von der Stelle zu bewegen, ist, mich zu töten und wegzuschleppen. Wenn Sie nicht warten können, werden Sie mich von hinten erschießen müssen.«
Er wandte sich von Falkirk ab. Sein Gesicht war nass von Tränen und vom Schnee, als er tief Luft holte und feststellte, dass die richtigen Gebete ihm mühelos über die Lippen kamen.
Das Loch, das Jack in den Maschendrahtzaun geschnitten hatte, war schmal, aber weder Jack noch Dom noch Ginger waren dick, und nachdem sie die Rucksäcke durchgeschoben hatten, krochen sie ohne Schwierigkeiten auf das Gelände von Thunder Hill.
Auf Jacks Anweisung hin blieben Dom und Ginger dicht am Zaun stehen, bis er die nähere Umgebung mit seinem Star-Tron-Nachtsichtgerät abgesucht haben würde. Er hielt Ausschau nach Pfosten, auf denen Überwachungskameras und fotoelektrische Alarmanlagen montiert sein könnten. Obwohl das Schneetreiben die Inspektion erschwerte, machte er bald zwei Pfosten mit Kameras aus, die diesen Teil des Geländes aus verschiedenen Winkeln im Blickfeld hatten. Er nahm an, dass die Objektive der Kameras mit Schnee überzogen waren, konnte sich dessen aber wegen des Sturms nicht hundertprozentig sicher sein. Fotoelektrische Systeme, die Bewegungen registrierten, konnte er nirgends entdecken.
Als nächstes holte er aus einer Reißverschluss-Innentasche eine Vorrichtung von der Größe einer Brieftasche -eine Art Voltameter, nur wesentlich komplizierter. Mit diesem Gerät konnte er Stromleitungen aufspüren, allerdings nicht die Stromstärke messen.
In gebückter Haltung bewegte er sich langsam vorwärts, das Gerät etwa 60 Zentimeter über dem Boden in der vorgestreckten Hand haltend. Der Spannungs-Detektor würde jede
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