Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
bevor sie dich vermissen, das ist nicht viel, aber es reicht ...
    Er geriet in völlig grundlose Panik. Er hatte ein mulmiges Gefühl im Magen, seine Kehle war wie zugeschnürt.
    Ohne zu wissen, warum er es tat, aber außerstande, dem Drang zu widerstehen, schob er den Riegel zurück, stieß das Fenster weit auf.
    Er war nicht allein.
    Etwas war auf der anderen Seite des Fensters, draußen auf dem Dach, etwas mit einem dunklen, glänzenden, konturlosen Gesicht. Während Ernie erschrocken zusammenfuhr, registrierte er, dass es ein Mann war, der einen weißen Helm mit getöntem Visier auf dem Kopf trug, dass dieses Visier sein ganzes Gesicht verdeckte und so dunkel getönt war, dass es fast schwarz aussah. Eine schwarz behandschuhte Hand schob sich durch das offene Fenster, so als wollte sie ihn packen, und Ernie schrie auf und
    machte einen Schritt rückwärts und fiel über den Rand der Badewanne. Er versuchte verzweifelt, sich am Duschvorhang festzuklammern, riss ihn zum Teil aus den Ringen, konnte seinen Sturz jedoch nicht aufhalten. Er schlug krachend auf dem Boden auf. Heftiger Schmerz durchzuckte seine rechte Hüfte.
    »Ernie!« rief Faye, und gleich darauf riss sie die Tür auf. »Ernie, mein Gott, was ist los, was ist passiert?«
    »Komm nicht näher!« Er erhob sich mühsam. »Da draußen ist jemand.«
    Kalte Nachtluft drang durch das offene Fenster herein und blähte den halb von der Stange gerissenen Duschvorhang.
    Faye fröstelte, denn sie trug einen Pyjama mit kurzem Höschen.
    Auch Ernie fröstelte, aber aus anderen Gründen. Der Schmerz in seiner Hüfte beim Aufprall auf den Boden hatte ihn jäh aus seiner Trance gerissen. In seiner wiedergewonnenen geistigen Klarheit fragte er sich nun, ob er sich die behelmte Gestalt nur eingebildet hatte, ob es nur eine Halluzination gewesen war.
    »Auf dem Dach?« fragte Faye. »Am Fenster? Wer?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Ernie. Er rieb sich die schmerzende Hüfte, stieg wieder in die Wanne und spähte aus dem Fenster. Diesmal war niemand zu sehen.
    »Wie sah er denn aus?«
    »Kann ich nicht sagen. Er hatte eine Motorradkluft an. Helm, Handschuhe.« Ernie wusste selbst, wie verrückt sich das anhörte.
    Er zog sich am Sims hoch, beugte sich hinaus und ließ seine Blicke aufmerksam über das ganze Dach des Werkraums schweifen. Hier konnte sich nirgendwo jemand verstecken. Der Eindringling musste geflüchtet sein -wenn er überhaupt jemals existiert hatte.
    Schlagartig kam Ernie die unendliche Finsternis hinter dem Motel zum Bewusstsein. Sie erstreckte sich über die Hügel bis hin zu den fernen Bergen, eine gewaltige Finsternis, die nur vom Sternenlicht schwach erhellt wurde. Lähmende Schwäche überwältigte ihn. Keuchend ließ er sich vom Fensterbrett in die Wanne hinab und wollte dem Fenster rasch den Rücken zuwenden.
    »Mach es zu«, sagte Faye.
    Er kniff die Augen fest zusammen, um die Nacht nicht noch einmal sehen zu müssen, tastete blindlings nach dem Fenster und zog es mit solcher Kraft zu, dass er dabei fast die Scheibe zerbrach. Mit zitternden Händen schob er den Riegel vor.
    Als er aus der Wanne stieg, sah er Sorge in Fayes Augen. Damit hatte er gerechnet. Er sah auch Überraschung, und auch damit hatte er gerechnet. Nicht gefasst war er hingegen auf das Wissen, das aus ihrem eindringlichen Blick sprach. Einen Augenblick lang schauten sie einander schweigend an.
    Dann sagte Faye: »Bist du bereit, mir davon zu erzählen?«
    »Wie ich schon sagte ... ich glaubte, auf dem Dach einen Mann gesehen zu haben.«
    »Davon rede ich nicht, Ernie. Ich meine vielmehr - bist du jetzt bereit, mir zu erzählen, was mit dir los ist, was dich quält?« Ihre Augen ließen seinen Blick nicht los. »Schon seit einigen Monaten. Vielleicht schon länger.«
    Er war völlig sprachlos. Er hatte geglaubt, sich perfekt verstellt zu haben.
    »Liebling, du machst dir doch seit einiger Zeit schreckliche Sorgen. So habe ich dich nie zuvor erlebt. Und du hast Angst.«
    »Nein, Angst ist es eigentlich nicht.«
    »O doch. Du hast Angst«, wiederholte Faye, aber ohne jeden Unterton von Spott; sie sprach es nur aus, weil sie ihm helfen wollte. »In all den vielen Jahren habe ich nur einmal erlebt, dass du Angst hattest - damals, als Lucy fünf Jahre alt war und jenes Muskelfieber hatte und die Ärzte glaubten, es könnte Muskeldystrophie sein.«
    »Mein Gott, ja, damals war ich vor Angst völlig außer mir.«
    »Aber seitdem nie.«
    »Oh, in Vietnam hatte ich manchmal auch

Weitere Kostenlose Bücher