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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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bezweifelte, dass es bei dem »Okay« um die Frage ging, ob sie Simone und ihre Schwestern ebenfalls zum Tee einladen sollten. Es gelang mir, mir meine Furcht nicht anmerken zu lassen, Caffreys Kumpels fröhlich zuzuwinken und durch die Hintertür und die Remise auf die Straße zu entkommen. Ich schätzte, dass Nightingale in ungefähr zehn Minuten merken würde, dass ich weg war; in zwanzig, wenn ich das Auto in der Garage ließ. Er kannte mich gut genug, um zu erraten, was ich vorhatte. Wahrscheinlich dachte er, er müsse versuchen, mich vor mir selbst zubeschützen, was ironisch war, weil ich der festen Meinung war, dass ich genau das für ihn tat.
    Zwanzig Minuten, bis er bemerkte, dass ich weg war, weitere zehn, um die Ausrüstung fertigzumachen und alle in den unauffälligen Van zu packen, in dem die Paras zweifellos gekommen waren   – vermutlich ein Ford Transit   –, weitere zehn bis zur Berwick Street. Vierzig Minuten. Allerhöchstens.
    Als ich auf den Bürgersteig trat, kam gerade ein Taxi um die Ecke. Ich rief »Taxi!« und winkte. Aber der Mistkerl tat, als hätte er mich nicht gesehen, und brauste direkt an mir vorbei. Ich fluchte und merkte mir die Nummer, falls sich je die Gelegenheit zu kleinlicher Rache bieten sollte. Zum Glück kam schon das nächste Taxi um die Ecke und lud einige Touristen vor einem der Hotels in der Southampton Row aus. Ich schlüpfte hinein, bevor der Fahrer irgendwelche Probleme mit seiner Nachtsicht bekommen konnte. Er war einer jener stolzen Männer, die sich den Schädel so gut wie kahl rasieren, weil sie sich niemals dazu herablassen würden, ihre schwindende Haarpracht zu überkämmen. Um seinem Tag einen Höhepunkt zu verleihen, hielt ich ihm meinen Dienstausweis vor die Nase. »Bringen Sie mich in weniger als zehn Minuten in die Berwick Street, und Sie kriegen für den Rest des Jahres keine Strafzettel mehr.«
    »Meine Frau auch nicht?«
    »Von mir aus.« Ich reichte ihm meine Karte.
    »Alles klar«, sagte er, gab mir eine Kostprobe von dem unglaublich kleinen Wendekreis des schwarzen Londoner Taxis, indem er eine höchst illegale Kehrtwende ausführte, bei der ich gegen die Seitentür geschleudert wurde, undbeschleunigte dann sofort den Bedford Place hinunter. Entweder war er völlig wahnsinnig, oder seine Frau hatte die Strafzettelbefreiung wirklich bitter nötig, denn wir schafften es in nicht einmal fünf Minuten. Ich war so beeindruckt, dass ich ihm zusätzlich sogar den Fahrpreis bezahlte.
    Ein Freitagabend auf der Berwick Street   – still und heimlich stahlen sich die Kunden in die Sexshops an der Ecke Peter Street und wieder hinaus. Der Markt war geschlossen, aber die Pubs und Musikläden hatten noch geöffnet, und ein steter Strom von Angestellten der Medienbranche suchte sich zwischen den Touristen hindurch seinen Weg nach Hause. Ich sah an Simones Haus hinauf. Im obersten Geschoss brannte Licht.
    Der Gedanke, dass Simone und ihre Schwestern einfach durch die Hand Caffreys und seiner Kumpels verschwinden sollten, gefiel mir überhaupt nicht. Ich glaube an Recht und Gesetz, und so abgefahren diese Geschichte auch war, sie war Sache der Polizei. Und ich war ein vereidigter Polizeibeamter, der im Begriff stand, nach eigenem Ermessen einem Verstoß gegen die öffentliche Ordnung zuvorzukommen.
    Oder, wie Lesley sagen würde   – ich war völlig durchgeknallt.
    Ich drückte wahllos ein paar Klingelknöpfe, bis eine Stimme durch die Sprechanlage kam.
    »Muss den Zähler ablesen«, sagte ich, und schon summte der Türöffner. Ich nahm mir vor, die Hausnummer an die Verbrechenspräventionsstelle von West End Central weiterzugeben, damit die den Bewohnern eine ordentliche Standpauke hielten, und stieg die Treppe hinauf.
    Sie war nicht weniger steil geworden. Kein Wunder, dass Simone und ihre Schwestern massenhaft Lebensenergie von fremden Leuten brauchten.
    Ich stand vor ihrer Tür und versuchte zu Atem zu kommen, als mich jemand von hinten packte und mir ein Messer an die Kehle hielt.
    »Er ist es«, zischte sie. »Macht die Tür auf.«
    Aufgrund des Größenunterschieds musste sie unter meinem Arm durchgreifen, um mir das Messer   – ein altes Küchenmesser, wie es aussah   – an den Hals zu halten. Es wäre geschickter von ihr gewesen, es mir gegen Bauch oder Rücken zu drücken. Ich hätte mit einem Schwung meines Arms ihre Hand nach unten schlagen können. Dann wäre nur die Frage gewesen, wie schnell und wie kaltblütig sie war.
    Die Tür öffnete

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