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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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fragte mich: »Wie viel ist es dir wert, ihn herzulocken? «
    Was für eine Frage! »Alles«, antwortete ich schlicht.
    Er nickte zufrieden und erläuterte seinen Plan: »Du hast uns doch von diesen besonderen Duftwicken erzählt. Du weißt schon: die, die er dir geschenkt hat. Daran erinnert er sich ganz sicher. Von denen bestellst du eine Riesenmenge – so viele, dass er sie unmöglich liefern kann. 20000 oder 30000 Stück. – So einen Auftrag kann dieser Miles nicht vor ihm geheim halten. Und ich wette, das wird ihn aufscheuchen!«
    Ich dachte kurz darüber nach. »Also gut, ich bestelle 50000 Black Monks«, entschied ich mich. Ja, es könnte funktionieren.
    Monika schnappte nach Luft. »Bist du wahnsinnig geworden? Was sollen wir mit solchen Unmengen?«
    »So viele hat er nicht«, beruhigte ich sie.
    »Und wenn doch?«
    »Dann spenden wir sie notfalls dem Stadtgarten oder verschenken sie – ist doch egal. Mach dir keine Gedanken, das zahle ich selbstverständlich allein.«
    »Darum geht es mir doch gar nicht! Bist du sicher, dass er den Wink versteht?«
    Nein, ganz sicher war ich mir natürlich nicht. Aber ich orderte die Pflanzen trotzdem für sofortige Lieferung und schrieb die Zahlen sicherheitshalber aus, damit niemand meinen könnte, ich hätte versehentlich eine Null zu viel geschrieben.
    Wie lange würde Mark brauchen, um sich dazu durchzuringen, mich wenigstens anzurufen? Ich teilte nicht unbedingt die Meinung der anderen, er würde persönlich herkommen. Aber eine Bestellung – oder vielmehr: die Lieferschwierigkeiten – dieser Größenordnung konnte er nicht dem tüchtigen Miles überlassen. Er würde mit mir sprechen müssen.
    Da wir die Bestellung an einem Samstag gefaxt hatten, musste ich damit rechnen, dass er den Ausdruck erst am Montagmorgen zu Gesicht bekäme. Wohl oder übel würde ich mich noch etwas länger gedulden müssen.
    Der Sonntag sah mich allein bei meinen Orchideen. Alfons hatte sich zu einem Ausflug mit dem Männergesangverein überreden lassen und war bereits im Morgengrauen aufgebrochen. Monika und Stevie waren zu einem Besuch bei seinen Eltern gefahren. Die beiden wurden von Tag zu Tag bürgerlicher. Sogar Monikas fuchsrote Kaktusstoppel begannen, sich friedlich zu ringeln. Bis zur Geburt des Kindes würden ihre kastanienbraunen Wellen wohl wieder nachgewachsen sein.
    Viel zu lange hatte ich mich nicht mehr richtig um meine Pflanzen gekümmert. Und irgendwie waren sie mir fremd geworden. Die alte Vertrautheit wollte sich einfach nicht einstellen.
    Glücklicherweise schienen sie es mir nicht übel genommen zu haben. Die feuchtwarme Luft in Alfons’ altem Gewächshaus war ihnen bekommen, und mehr als die Hälfte von ihnen stand in Blüte oder hatte dicke Knospen entwickelt. Es war höchste Zeit, Stützstäbe anzubringen und sie aufzubinden, damit die kostbaren Rispen nicht abknickten.
    Ich tauchte gerade einen Topf mit ausgetrocknetem Substrat in die modrig riechende Brühe unter dem steinernen Pflanztisch, als die Tür in den alten rostigen Angeln knirschte. Hatten Monika und Stevie die Eingangstür offen gelassen?
    »Tut mir leid, wir haben geschlossen«, rief ich abwesend, ganz auf die Luftblasen konzentriert, die aus dem Topf entwichen, den ich gerade tief unter Wasser drückte. Hoffentlich verschwand der lästige Kunde, ohne dass ich ihn persönlich hinauswerfen musste.
    »Verena …?«
    Die wohl bekannte, dunkle Stimme erschreckte mich so, dass ich automatisch den Kopf hochwarf und prompt schmerzhaft an den harten Stein knallte. Ich stöhnte laut auf, während bunte Sterne vor meinen Augen zu tanzen begannen, und sank, einen Moment lang benommen, auf die Knie.
    »Wo bist du?« Rasche, zielgerichtete Schritte kamen näher. Kräftige Hände packten mich und zogen mich hoch.
    »Was machst du da unten?«
    Seine Frage machte mir bewusst, dass ich den Topf fallen gelassen hatte. Egal, es war mir gleichgültig.
    »Mark«, keuchte ich ungläubig und packte ihn am Revers seiner Lederjacke. »Wo kommst du denn her?«
    Ich sah ihn nur verschwommen, aber seine Mundwinkel zuckten, als er ansonsten vollkommen ernsthaft erwiderte. »Aus Somerset, oder was dachtest du?« Dann senkte er den Kopf – und küsste mich!
    Es war kein sanfter Kuss; harte Lippen zwangen meine auseinander, scharfe Zähne gruben sich in meine Unterlippe, und seine Zunge tastete sich nicht liebevoll vor, sondern drang wütend und besitzergreifend in mich ein. Ich schmiegte mich trotzdem an ihn, schlang meine Arme

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