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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Das ist es! – Hat er den Brief überhaupt gelesen?«
    »Genau!«, stimmte Stevie erfreut, dass das Rätsel endlich gelöst war, zu: »Ich verlege auch andauernd wichtige Briefe, und dann kommen Mahnungen, und ich weiß gar nicht, wofür … Vielleicht hat er ihn ganz einfach irgendwo verlegt«, schlug er strahlend vor.
    »Wo hast du den Brief für ihn hinterlassen?«, fragte Alfons, und seine klugen Augen blitzten ungewohnt scharf.
    »Auf dem Esszimmertisch, deutlich sichtbar. Rosie müsste ihn beim Tischdecken gefunden haben«, sagte ich verwirrt.
    »Natürlich! – Nichts leichter, als einen Brief verschwinden lassen!« Monika verzog ihr Gesicht in einer Grimasse des Abscheus und zischte bedeutsam »Jessica!«.
    »Aber warum sollte Jessica …?« Ich war so in meinem Gefühlswirrwarr gefangen gewesen, dass ich dieser neuen Wendung nur schwer folgen konnte.
    »Oh, Reni!«, seufzte sie ungeduldig. »Jetzt komm doch endlich auf den Boden. Ohne deinen Brief sieht die Angelegenheit so aus, als hättest du dich einfach klammheimlich aus dem Staub gemacht.«
    »Wer ist Jessica?«, mischte Stevie sich ein.
    »Die Tochter der Köchin. Und sie will Mark für sich«, informierte Mike ihn kurz und bündig.
    »Na, da haben wir ja alle klassischen Zutaten beieinander!«, stellte Alfons heiter fest. »Mein Gott, die Menschen ändern sich doch nie! Ich komme mir vor wie im Kino.«
    »Es ist aber kein Film, es geht um Reni«, erinnerte Monika ihn erbost. »Wie kannst du das bloß lustig finden?«
    »Na, weil es das irgendwie ist«, erwiderte er wenig zerknirscht. »Man sollte nicht meinen, dass vernünftige Menschen in erwachsenem Alter ein solches Kuddelmuddel anrichten. Anstatt über mich herzufallen, solltet ihr lieber überlegen, wie ihr da wieder herausfindet!«
    »Ganz einfach: Reni wird ihn heute Abend anrufen und ihm alles erklären.«
    »Und wenn er nicht mit mir sprechen will?«
    »Er wird wollen«, beschied Mike mit einer solchen Zuversicht, dass ich meine Zweifel nur zu gerne beiseite schob.
    Meine Hand, die den Hörer hielt, war klitschnass und mein Mund so trocken, dass ich fürchtete, keinen Ton herauszubekommen, aber ich zwang mich, die Zahlenfolge einzutippen. Das Freizeichen erklang – einmal, zweimal. Dann hörte ich Rosies leicht keuchende Stimme: »Hallo?«
    Ich räusperte mich und sagte langsam: »Guten Abend, Rosie. Hier ist Verena Naumann aus Deutschland. Ist Mark da?«
    Sekundenlang hörte ich keinen Ton, nicht einmal ihren Atem. »Wie geht es Mrs. Abernathy? Ist sie inzwischen wieder zu Hause?«
    Gespannt wartete ich auf ihre Antwort. Was sie sagte, kam mir so unglaublich vor, dass ich noch dastand, als sie schon längst aufgelegt hatte, den Hörer in der Hand hielt und wie betäubt die Wand vor mir anstarrte.
    Rosie hatte gesagt: »Da sind sie falsch verbunden. Guten Abend.«
    »Bist du sicher, dass es tatsächlich die richtige Nummer war?« Monika zog ungläubig die Stirn kraus und versuchte, einen Sinn in dem Irrsinn zu erkennen.
    »Natürlich, ich habe doch Rosies Stimme erkannt.«
    »Vielleicht wollte sie dich abwimmeln, weil sie gerade viel zu tun hatte?«, schlug Stevie hilfsbereit vor. »Ich mache das auch manchmal so, wenn Leute anrufen, mit denen ich gerade nicht sprechen will.«
    »Ruf morgen Vormittag im Geschäft an. Vielleicht erreichst du ihn da zufällig«, riet Alfons kurz angebunden.
    »Was meinst du damit?«, fragte ich begriffsstutzig.
    Alfons seufzte tief auf und erklärte: »Zu Hause kannst du dir die Mühe sparen: Es ist doch klar wie Kloßbrühe, dass diese Person, die sicher heilfroh über deine Abwesenheit ist, alles versuchen wird, dass es auch so bleibt.«
    »Natürlich«, stimmte Monika sofort zu. »Wie dumm von uns. Daran hätten wir denken sollen. Aber im Geschäft sitzt Jessicas Vater. Ruf ihn lieber auf dem Handy an!«
    »Er hat keines.«
    »Wie bitte?«
    »Er mag keine Handys.« Nur zu gut erinnerte ich mich an mein eigenes Erstaunen darüber.
    »Ach, Schatz, Engländer sind eben etwas seltsam. Hast du nicht Asterix bei den Briten gelesen?«, versuchte Stevie sich an einer Erklärung, tätschelte liebevoll ihre Hand und fing geschickt das Kissen auf, das er ihr immer in den Rücken schob und das sie bei jeder Gelegenheit heimlich auf den Boden fallen ließ. Das hätte Zeit, bis sie einen dicken Bauch hätte, grummelte sie dann immer, aber insgeheim genoss sie seine übertriebene Fürsorglichkeit schon, auch wenn sie ihr manchmal

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