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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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haben.
    »Ich habe da vielleicht etwas. Ich weiß nicht, ob es dir weiterhilft: Auf den ersten Blick hat es nichts mit deiner Geschichte zu tun. Aber es ist vor kurzem passiert, und es hat für ein gewisses Aufsehen gesorgt.«
    »Sag schon.«
    Sie erzählte es ihm. Die Erklärung nahm eine gewisse Zeit in Anspruch. Espérandieu hatte einige Mühe, zu verstehen, worum es ging: Es handelte sich um eine Summe von 135 000  Dollar, die in den Rechnungsbüchern von Lombard Média für eine Fernsehreportage ausgewiesen war, die bei einer Produktionsgesellschaft in Auftrag gegeben wurde. Die Überprüfung bei der besagten Gesellschaft ergab, dass bei ihr keine Fernsehreportage in Auftrag gegeben worden war. Der Eintrag ins Rechnungsbuch sollte offensichtlich eine Unterschlagung verschleiern. Als Marissa mit ihren Darlegungen fertig war, war Espérandieu enttäuscht: Er war sich nicht sicher, ob er alles begriffen hatte, und er glaubte nicht, dass sie das weiterbringen würde. Trotzdem hatte er sich ein paar Notizen gemacht.
    »Hilft dir das weiter?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete er. »Aber trotzdem danke.«
     
    Die Stimmung in der Klinik war wie elektrisch geladen: Diane hatte Xavier den ganzen Vormittag heimlich beobachtet, seine kleinsten Gesten aufmerksam verfolgt. Er wirkte besorgt, angespannt und am Rand der Erschöpfung. Mehrmals waren sich ihre Blicke begegnet.
Er wusste es
 … Oder, genauer gesagt:
Er wusste, dass sie Bescheid wusste.
Aber vielleicht bildete sie es sich auch nur ein. Projektion, Übertragung: Sie wusste, was diese Wörter in der Psychologie bedeuteten.
    Sollte sie die Polizei verständigen? Diese Frage hatte ihr den ganzen Vormittag keine Ruhe gelassen.
    Sie war sich nicht sicher, ob die Polizei zwischen dieser Bestellung von Medikamenten und dem Tod des Pferdes einen genauso direkten Zusammenhang sehen würde wie sie. Sie hatte Alex gefragt, ob ein Klinikmitarbeiter Tiere besaß, und dieser machte einen überraschten Eindruck, ehe er die Frage verneinte. Sie erinnerte sich auch daran, dass sie bei ihrer Ankunft am Institut den Vormittag mit Xavier verbracht hatte –
genau den Vormittag, an dem das Pferd entdeckt worden war –
und dass er entschieden nicht wie jemand ausgesehen hatte, der die Nacht damit zugebracht hatte, einem Tier den Kopf abzuschneiden, es auf einen 2000  Meter hohen Berg zu schaffen und bei minus zehn Grad dort an einem Gerüst aufzuhängen. Er war ihr an diesem Tag frisch und ausgeruht vorgekommen – und vor allem erfüllt von einer unerträglichen Arroganz und Herablassung.
    Jedenfalls weder erschöpft noch angespannt …
    Mit einer jähen Bangigkeit fragte sie sich, ob sie mit ihren Schlussfolgerungen nicht ein bisschen vorschnell war, ob die Abgeschiedenheit und die seltsame Atmosphäre an diesem Ort sie nicht paranoid machten. Anders gesagt, ob da nicht ein Film in ihr ablief. Und ob sie sich nicht völlig lächerlich machen würde, wenn sie die Polizei kontaktierte, und es sich, wenn der wahre Verwendungszweck dieser Medikamente herauskam, endgültig mit Xavier und den anderen Mitarbeitern verscherzt hätte. Ganz zu schweigen von dem Ruf, der ihr bei ihrer Rückkehr in die Schweiz anhaften würde.
    Diese Aussicht schreckte sie ab.
    »Interessiert es Sie nicht, was ich Ihnen erzähle?«
    Diane kehrte in die Gegenwart zurück. Der Patient, der ihr gegenübersaß, sah sie streng an. Noch immer hatte er große, schwielige Arbeiterhände. Nach einer willkürlichen Entlassung hatte er seinen Chef mit einem Schraubenzieher angegriffen. Als Diane seine Akte gelesen hatte, war sie überzeugt, dass einige Wochen in einer psychiatrischen Klinik ausgereicht hätten, um diesen unglückseligen Menschen seelisch wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Aber er war in die Hände eines übereifrigen Psychiaters gefallen. Und so wurde er zehn Jahre lang weggesperrt. Unter anderem hatte man ihm über sehr lange Zeiträume hochdosierte Psychopharmaka verordnet. So hatte dieser Mann, der ursprünglich wohl an einer einfachen Depression litt, zu guter Letzt völlig den Verstand verloren.
    »Doch, natürlich, Aaron. Es interessiert mich …«
    »Ich sehe Ihnen an, dass es nicht so ist.«
    »Ich gebe Ihnen mein Wort …«
    »Ich werde Dr. Xavier sagen, dass es Sie nicht interessiert, was ich Ihnen sage.«
    »Warum wollen Sie das tun, Aaron? Wenn es Sie nicht stört, könnten wir zurückkommen auf …«
    »Bla-bla-bla-bla, Sie versuchen, Zeit zu gewinnen.«
    »Zeit zu

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