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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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des Spielfeldes aufgesogen zu werden. Nebelschwaden, die dem anderthalb Kilometer entfernten Mississippi entstiegen, trieben unter den Flutlichtern dahin.
    Kabakov und Moschevsky standen am oberen Tribünenrand. Hin und wieder leuchtete die Glut ihrer Zigarren auf. Seit einer halben Stunde hatten sie beide kein Wort mehr gesprochen.
    »Sie können immer noch etwas von dem Zeug am Körper ins Stadion schmuggeln«, sagte Moschevsky schließlich. »Wenn sie nicht zusätzlich noch Schußwaffen oder Zündbatterien mitschleppen, sprechen die Metalldetektoren nicht an.«
    »Stimmt.«
    »Selbst wenn nur zwei von ihnen das machten, wäre es schlimm genug.«
Kabakov schwieg.
»Und dagegen kann man überhaupt nichts machen«, fuhr Moschevsky fort. Kabakovs Zigarre glühte mehrmals hintereinander zornig auf.
Moschevsky nahm sich vor, lieber den Mund zu halten.
»Morgen halten Sie sich bei der Eingreifreserve an der Westseite des Stadions auf«, sagte Kabakov. »Renfro weiß Bescheid. Sie werden dort erwartet.«
»Jawohl, Major Kabakov.«
»Sollten sie es mit einem Lastwagen versuchen, springen Sie hinten drauf und reißen als erstes die Zündkapseln raus. Es steht zwar bei jedem Eingreiftrupp auch ein Feuerwerker, aber kümmern Sie sich lieber selber darum.«
»Falls es sich um einen Wagen mit Plane handelt«, sagte Moschevsky, »sollte man das Segeltuch von der Seite her aufschneiden. Die hintere Ladeklappe könnte mit einer Handgranate gesichert sein.«
Kabakov nickte. »Sagen Sie das auch dem Vorgesetzten des Eingreiftrupps, sobald Sie sich bei ihm melden. Rachel macht eine kugelsichere Weste für Sie fertig. Ich selber kann die Dinger auch nicht ausstehen, aber ich will, daß Sie eine tragen.«
»Jawohl, Major Kabakov.«
»Corley holt Sie um 8 Uhr 45 ab. Und wenn Sie länger als bis ein Uhr früh im Hotsy-Totsy Club bleiben, kriegen Sie’s mit mir zu tun.«
»Jawohl, Major Kabakov.«
    Mitternacht in New Orleans. Das Licht der Neonlampen in der Bourbon Street wirkte im Nebel wie hingewischt. Der Aldrich-Blimp schwebte, von Farley gesteuert, über der Mississippibrücke. Über seine Flanken lief in riesigen Leuchtbuchstaben die Aufforderung: »Nicht vergessen, Citro essen. Reich an Vitamin C.«
    Zwei Stockwerke über Farleys Zimmer im Hotel Fairmont hatten sich Dahlia Iyad und Lander eingemietet. Dahlia schlug das Thermometer herunter und steckte es Lander in den Mund. Der Flug von New Jersey hierher hatte ihn ermüdet. Um den International Airport zu meiden, wo Dahlia womöglich erkannt worden wäre, waren sie nach Baton Rouge geflogen. Von dort waren sie mit einem Mietwagen in die Stadt gefahren, und Lander hatte sich auf dem Rücksitz ausgestreckt. Er sah blaß aus, doch seine Augen blickten klar. Dahlia las das Thermometer ab. Normal.
    »Kümmere dich jetzt um den Lastwagen«, sagte er. »Entweder ist er da oder nicht. Falls du meinst, ich soll auf alle Fälle nachsehen, tu ich’s natürlich. Aber je weniger ich auf der Straße gesehen werde -«
»Du hast recht. Entweder er ist da oder nicht. Ist meine Uniform in Ordnung?«
»Ich habe sie aufgehängt. Sie sieht tadellos aus.« Sie ließ sich ein Glas heiße Milch aufs Zimmer bringen und gab Lander dazu ein leichtes Beruhigungsmittel. Eine halbe Stunde später war er eingeschlafen. Dahlia Iyad schlief nicht. Bei Landers Verfassung konnte sie ihn nicht allein fliegen lassen, auch wenn dies bedeutete, daß man vielleicht einen Teil der Bombe zurücklassen mußte. Sie würde ihm mit dem Höhensteuerrad helfen und konnte die Bombe zünden. Anders ging es nicht.
Sie wußte, daß sie morgen sterben würde, und sie weinte eine halbe Stunde leise vor sich hin. Dann zwang sie sich, an die schlimmen Jahre im Flüchtlingslager zu denken, an den Todeskampf ihrer Mutter, die, mit 35 Jahren bereits alt, zuckend am Boden des Zeltes lag. Dahlia war zehn, und sie konnte nichts weiter tun, als die Fliegen vom Gesicht ihrer Mutter fernzuhalten. So viele Menschen litten. Ihr eigenes Leben bedeutete nichts. Nichts. Bald hatte sie sich beruhigt, doch schlafen konnte sie nicht.
    Im Hotel Royal Orleans saß Rachel Bauman vor dem Spiegel und bürstete sich die Haare. Kabakov lag rauchend auf dem Bett und sah ihr zu.
    »Wie lange bleibst du noch, wenn morgen alles vorüber ist,
    David?« fragte sie und beobachtete ihn im Spiegel. »Bis wir den Sprengstoff gefunden haben.«
»Was ist mit den beiden anderen - dieser Frau und dem Amerikaner?«
    »Keine Ahnung. Die Frau wird man irgendwann aufgreifen.

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