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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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»Schwarzen September« gewesen. Lander hatte sich an ihn gewandt, um über ihn an Plastiksprengstoff heranzukommen.
    Von Anfang an war das große Problem der Sprengstoff gewesen. In der ersten Glut seiner Offenbarung, als er Klarheit darüber gewann, was er tun würde, war es Lander nicht in den Sinn gekommen, daß er Hilfe brauchte. Die Schönheit der Tat, so wie er sie sich vorstellte, lag nicht zuletzt darin, daß er sie allein ausführte. Doch als der Plan Gestaltung annahm, und als er bei seinen Flügen immer wieder auf die Menge in den Sportstadien hinunterblickte, kam er zu dem Schluß, daß sie mehr verdient hatten als die paar Kisten Dynamit, die er vielleicht kaufen oder stehlen konnte. Er wollte, daß ihnen mehr zuteil wurde als nur die zufälligen Splitter einer von Dynamit zerrissenen Gondel und ein paar Pfund Nägel.
    Manchmal, wenn er nachts wach lag, füllten die nach oben gewandten Gesichter der Menge die dunkle Decke seines Zimmers. Ihre Münder waren geöffnet, und die Köpfe bewegten sich wie Blumen im Wind. Viele der Gesichter nahmen Margarets Züge an. Und dann hob sich der große Feuerball aus der Fieberglut seines Gesichts, stieg wirbelnd wie Spiralnebel zu ihnen empor, versengte sie zu Kohle und besänftigte ihn, so daß er einschlafen konnte.
    Er brauchte Plastiksprengstoff.
Lander reiste zweimal durchs Land und sah sich nach Plastiksprengstoff um. Er fuhr zu drei militärischen Arsenalen, um die Möglichkeiten eines Diebstahls zu erkunden, und stellte fest, daß es aussichtslos war. Er fuhr zu den Werksanlagen eines großen Konzerns, der Babyöl und Napalm, industrielle Bindemittel und Plastikexplosivstoffe herstellt, und fand heraus, daß die Sicherheitsvorkehrungen dort ebenso lückenlos waren wie bei den Militärarsenalen und sogar noch erheblich erfinderischer. Die hohe Empfindlichkeit von Nitroglyzerin machte es unmöglich, es aus Dynamit zu extrahieren.
Lander durchstöberte die Zeitungen nach Berichten über terroristische Anschläge, Explosionen, Bomben. Der Stapel von Ausschnitten in seinem Schlafzimmer wurde immer größer. Es hätte ihn gekränkt, wenn man ihm gesagt hätte, wie charakteristisch dieses Verhaltensmuster war und wie viele kranke Menschen in ihren Schlafzimmern Zeitungsausschnitte aufbewahrten und ihren großen Tag herbeisehnten. Viele von Landers Ausschnitten waren Berichte von Auslandskorrespondenten Berichte aus Rom, Helsinki, Damaskus, Den Haag, Beirut.
Mitte Juli war ihm dann in einem Motel in Cincinnati eine Idee gekommen. Er war an diesem Tag mit dem Aldrich-Blimp über einer Industrieausstellung gekreist und betrank sich jetzt langsam in der Halle des Motels. Es war schon spät. Über dem Ende der Bar hing ein Fernsehapparat an der Decke. Lander saß fast unmittelbar darunter und starrte in sein Glas. Die meisten der Gäste saßen ihm zugewandt auf ihren Barhockern, und das blasse Licht des Fernsehschirms schimmerte auf ihren nach oben gerichteten Gesichtern.
Lander blickte auf und wurde plötzlich hellwach. Irgend etwas in dem Gesichtsausdruck der Gäste, die auf den Bildschirm blickten, erregte seine Aufmerksamkeit. Besorgnis. Zorn. Nicht eigentlich Angst, denn sie befanden sich ja in Sicherheit, aber sie sahen alle aus wie jemand, der vom Fenster seiner Hütte aus ein Rudel Wölfe beobachtet. Lander nahm sein Glas auf und ging an der Bar entlang, bis er den Bildschirm sehen konnte. Eine Boeing 747, die, wie ein riesiges Insekt, von flimmernder Hitze umgeben, in der Wüste hockte. Das vordere Ende des Rumpfes explodierte, gleich darauf der mittlere Abschnitt, und dann verschwand das Flugzeug in einem wilden Ausbruch von Flammen und Rauch. Die Sendung war die Wiederholung eines Sonderberichts über arabische Terroristen.
Ein Schnitt. München 1972. Die Schreckensszenen im Olympischen Dorf. Die beiden Hubschrauber auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck. Gedämpfte Schüsse. Der Tod der israelischen Sportler. Dann die saudiarabische Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum, wo die amerikanischen und belgischen Diplomaten ermordet worden waren, und Jassir Arafat, der Führer der El-Fatah, der jede Verantwortung ablehnte.
Dann wieder Jassir Arafat, diesmal bei einer Pressekonferenz in Beirut. Erbittert klagte er England und die Vereinigten Staaten an, die Israelis bei ihren Terrorüberfällen auf die palästinensischen Freiheitskämpfer zu unterstützen. »Wenn unsere Rache kommt, wird sie gewaltig sein«, sagte Arafat mit blitzenden Augen.
Eine

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