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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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eine Garbe Kugeln über das Wasser. Stern hechtete aus dem Steuerhaus, als die Geschosse auch noch die letzte Scheibe zerschmetterten und die Seite des Mercedes durchlöcherten.
    Die Fähre mußte allein anlegen.
    Stern schickte ein Stoßgebet gen Himmel, daß keine Kugel die Reifen des Mercedes durchlöchert hatte.
    Wolfgang Schörner starb in seinen Stiefeln. Noch während die Kugeln aus seiner Waffe stieben, zerstörte das tödliche Gas sein zentrales Nervensystem. Der unsichtbare Kampfstoff war durch jede frei zugängliche Körperoberfläche in ihn eingedrungen, aber am schnellsten durch die Schleimhäute von Mund und Nase und die feuchte Haut seiner Augen.
    Seine Maschinenpistole klickte. Das Magazin war leer. Er wollte sie wegwerfen, doch seine Hände wollten sich nicht öffnen. Es war ihm merkwürdig peinlich, als seine Blase sich unwillkürlich entleerte. Dann gab auch sein Schließmuskel nach. Er sah, wie die Fähre sich aufs andere Ufer schob. Fast gleichzeitig flammten die Rückleuchten des Wagens auf. Schörner nickte heftig, wußte aber nicht, warum. Im letzten Augenblick erkannte er, daß der Fluß selbst ihn vielleicht vor dem Gas beschützen konnte. Mit schier unglaublicher Willenskraft zwang er sein rechtes Bein dazu, einen Schritt nach vorn zu machen. Dann geriet er ins Taumeln und fiel am Ende des Piers flach aufs Gesicht.
    Das letzte, was er fühlte, war das eisige Wasser, das an seiner rechten Hand leckte.

49

    Stern lenkte den Wagen nach Südwesten über die harte Schotterstraße, die dem Flußlauf folgte. Totenhausen lag weit hinter ihnen; aber McConnell wußte, daß der Mercedes zu lange im Lager gestanden hatte, als daß er nicht hätte vergiftet sein können. Er beugte sich über den Beifahrersitz nach hinten und kurbelte das Fenster über Annas noch immer maskiertem Kopf herunter. Er hätte gern die Schulterwunde behandelt oder zumindest einen provisorischen Druckverband angelegt, doch wenn noch Gasrückstände an seinem Handschuh waren, dann würde er sie damit umbringen. Er griff über das aufgeblähte Vinylbündel, in dem Hannah Jansen lag, und kurbelte auch das Fenster auf ihrer Seite herunter.
    Kalte Luft wehte durch den Wagen.
    Nach einer vollen Minute Frischluftzufuhr riß McConnell den Luftschlauch aus der Maske und atmete tief durch. Noch nie hatte Luft so gut geschmeckt. Er wartete noch 30 Sekunden, dann nahm er auch Stern die Maske ab. Sein Gesicht war schwer verletzt und mit trockenem Blut verklebt. Ein Auge war fast vollkommen zugeschwollen.
    »Wie weit ist es noch bis zur Küste?« fragte McConnell, öffnete den Anzug und zog seine Hände aus den schweren Handschuhen.
    »40 Kilometer Luftlinie. Über die Straße dauert es wahrscheinlich eine Stunde.«
    Etwas drückte McConnell aufs Bein. Er griff in den Anzug und holte Annas Tagebuch heraus. Es war feucht vom Flußwasser. Churchills Zettel klemmte zwischen den Seiten wie ein nasses Lesezeichen. McConnell legte das Buch in Sterns Lederbeutel und kletterte dann nach hinten, wo er sich um Anna kümmerte. Nachdem es ihr gelungen war, seinen Befehlen zu gehorchen und ihren eigenen Anzug auszuziehen, riß er ein Stück aus ihrer Bluse heraus und stopfte es auf die Wunde in ihrer Schulter. Sorgfältig achtete er darauf, nur die Innenseiten des Ölzeugs zu berühren, als er Annas durchsichtige Gasmaske abnahm und das Ding aus dem Fenster warf.
    »Wir überqueren gleich wieder den Fluß«, sagte Stern von vorn. »Das ist Tessin. Bleibt unten.«
    McConnell duckte sich in Annas Schoß, während sie durch das verdunkelte Dorf rollten.
    »Lebt das kleine Mädchen noch?« erkundigte sich Stern.
    »Es bewegt sich.«
    McContiell nahm ein britisches Kommandomesser aus Sterns Lederbeutel und schnitt vorsichtig die Vinyldecke auf, in die das kleine Mädchen und die Sauerstoffflasche eingewickelt worden waren. »Ich bezweifle zwar, daß dieses Ding vollkommen luftdicht war, aber der Druck aus der Sauerstoffflasche sollte eigentlich verhindert haben, daß Nervengas von außen eingedrungen ist.«
    Ein schriller Schrei verkündete die Rückkehr der zweijährigen Hannah Jansen in die Welt der Lebenden. McConnell warf das Vinyl aus dem Fenster und nahm das dunkelhaarige Kind in den Arm. Er versuchte, es so gut zu trösten, wie er konnte. Es würde lange dauern, das wußte er, bis Hannah den Schrecken aus ihrem Verstand verdrängen konnte.
    »Wissen Sie, wohin wir gehen sollen?« fragte er.
    Stern nickte, ohne den Blick von der Straße zu

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