Schwarzer Tod
Mannes, der soeben zur Todesstrafe verurteilt worden war, öffnete er die Tür und kletterte aus der Kabine.
Schörner holte tief Luft. »Alles in Ordnung?« rief er den Männern auf der Ladefläche zu.
»Hofer ist an einer Schrapnellwunde gestorben, Sturmbannführer. Aber wir anderen sind gesund.«
»Absitzen. Alle.«
Die SS-Männer sprangen auf den Boden und bildeten eine Reihe, Waffen im Anschlag.
Schörner rückte seine Augenklappe zurecht und richtete sich auf. »Es verstecken sich mindestens zwei alliierte Kommandos am Flußufer in der Nähe der Fähre, möglicherweise mehr. Die Fähre ist wahrscheinlich festgefroren, aber möglicherweise befindet sich Giftgas zwischen ihnen und uns. Bock und Fischer, Sie bleiben im Lastwagen, falls sie versuchen, mit einem Fahrzeug zu entfliehen. Der Rest von uns marschiert zu Fuß auf die Fähre zu.«
Schörner marschierte die Reihe ab, während er sprach, und sah jedem Mann mindestens einmal in die Augen. »Ich will, daß fünf Soldaten vor mir eine Linie bilden, und zwar in je 10 Metern Abstand. Ich will jeweils einen Mann rechts und links neben mir, in 20 Metern Abstand, und einen hinter mir, 15 Meter zurück. Feuert auf alles, was sich bewegt. Wenn jemand von uns dem Gas zum Opfer fällt, bewegt sich der Rest in die entgegengesetzte Richtung, aber gekämpft wird weiter, verstanden?«
Schörner hatte bemerkt, wie einige Gesichter schon bei der simplen Erwähnung von Gas weiß geworden waren, und den restlichen Männern erging es ähnlich, als ihnen klarwurde, daß Schörner sie als menschliche Gasmelder benutzen wollte. Aber für Situationen wie diese hier war die SS geschaffen worden. Würde sich Sturms Konzentrationslagerabschaum der Tradition des Corps würdig erweisen? Doch andererseits ... Sie mochten Abschaum sein, aber sie waren immerhin deutscher Abschaum. Schörner blickte die Reihe entlang.
»Erinnern Sie sich an Ihren Eid auf den Führer, meine Herren. Ich gelobe dir und den Vorgesetzten, die du ernennst, Gehorsam bis in den Tod, so wahr mir Gott helfe. Heil Hitler!«
Wie ein Mann schlugen zehn Paar Stiefelabsätze zusammen, und zehn Arme reckten sich in den eiskalten Nachthimmel. »Heil Hitler!« ertönte die Antwort.
Gewehrverschlüsse klickten in der Dunkelheit. Die Soldaten nahmen genau die Formation ein, die Schörner angeordnet hatte, und bewegten sich rasch in Richtung Fähre.
Anna hätte fast geschossen, als die schwarzgekleidete Gestalt ans Fenster hämmerte. Sie hatte die Scheinwerfer des Lastwagens beobachtet und nicht gesehen, daß jemand die Straße überquert hatte. Doch ihr Unterbewußtsein registrierte den Tartanfetzen, den McConnell in seinen Tankharnisch gestopft hatte, bevor sie den Abzug betätigte. Sie stieg aus, schloß die Tür und umarmte ihn.
Plötzlich ertönte ein dumpfes Grollen, und die Fähre vibrierte im Wasser. Anna blickte über das Dach des Mercedes. Stern stand im Steuerhaus und gab volle Kraft auf die Zwillingsschrauben - alles, was die Maschine hergab. Die Fähre legte vom Ufer ab und krachte gegen das Eis, das den Kanal bedeckte. Anna und McConnell stürzten aufs Deck. Stern ließ das Boot rückwärts laufen, nahm Anlauf und rammte das Eis erneut.
Nichts.
Beim dritten Mal lenkte er das Heck der Fähre gegen das Dock, zerfetzte unter dem schrillen Kreischen von Metall einen Teil der Rampe, veränderte die Schraubendrehung, gab volle Kraft, schloß die Augen und betete. Dann hörte er gleichzeitig das tiefe, schauerliche Geräusch brechenden Eises und die Einschläge der ersten Kugeln, die die Fenster des Steuerhauses zerschmetterten.
»Schneller!« bellte Schörner. »Sie haben die Fähre in Betrieb genommen!«
Die Formation des Sturmbannführers kam zügig entlang des Flusses voran, und die Soldaten eröffneten sofort das Feuer, als sie sich dem Pier näherten. Während die Männer auf die Stelle schössen, wo sie die Fähre vermuteten, behielt Schörner die Linie vor sich im Auge und achtete auf Anzeichen für Gas in der Nähe. Aber als der Motor der Fähre aufheulte, wußte er, daß er nun alles riskieren mußte. 80 Meter weiter schob sich das flache Boot in den Fluß hinaus. Es bot ein klares Ziel gegen den weißen Schnee. Schörner wollte gerade befehlen, daß die Männer zum Pier laufen sollten, da bemerkte er, daß der Mann zu seiner Linken nicht mehr da war.
»Gas!« schrie er. »Nach rechts! Schnell!«
Die Männer stürmten auf das Wasser zu, immer noch im Vorwärtsgang und immer noch auf die Fähre
Weitere Kostenlose Bücher