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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Anziehen fertig war. Schließlich trug Avram Jan die Treppe hinunter, gab ihn seiner Mutter und trat vor die Menge.
    »In den Lastwagen!« befahl Avram. »Alle! Schnell!«
    Während die Mütter ihre Kinder auf den Lastwagen hinaufreichten, suchte Avram die beiden Frauen, die er in die SS-Baracke geschickt hatte, damit sie sich Felduniformen anzogen. Sie standen am Führerhaus. Sie hatten sich nicht nur Umformen, sondern auch Gewehre besorgt. Vielleicht haben sie doch eine Chance, dachte Avram. Mit ihrem kurzen Haar konnte man sie von weitem durchaus für SS-Leute halten.
    »Er stand mit laufendem Motor und angeschalteten Scheinwerfern auf der Straße«, berichtete die Größere der beiden.
    »Können Sie einen Lastwagen fahren?«
    Die Frau nickte knapp. »Kommen Sie nicht mit uns?«
    »Nein. Hören Sie zu. Fahren Sie nach Osten, so weit Sie können, aber bleiben Sie auf Nebenstraßen. Sie sollten nicht länger als drei Stunden brauchen. Halten Sie auf keinen Fall an. Wenn Sie jemand aufhält, dann sagen Sie ihm, daß Sie typhusinfizierte Gefangene in einen Wald bringen, um sie dort zu erschießen, und zwar auf Befehl von SS-Gruppenführer Doktor Klaus Brandt. Haben Sie das verstanden?«
    Die Frauen nickten.
    »Wenn Sie in die Nähe der Grenze kommen, fahren Sie mit dem Lastwagen in den Wald, verstecken ihn zwischen den Bäumen und gehen zu Fuß weiter. Wenn Sie verfolgt werden, kämpfen Sie nicht und lassen Sie alle Verwundeten liegen. Rennen Sie um Ihr Leben. Ihre einzige Chance ist es, Kontakt mit einer freundlich gesonnenen Widerstandsgruppe aufzunehmen.« Er hob die Hände. »Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Und jetzt sollten Sie besser fahren.«
    Die beiden Frauen stiegen ein und legten den Gang ein. Avram half den letzten Kindern auf die Pritsche und gab dann der Fahrerin ein Zeichen. Als der Lastwagen an den Toten vorbeifuhr und aus der Gasse bog, dachte er an die alte Frau, die den E-Block mit einem Rettungsboot verglichen hatte. Sie war jetzt tot, aber sie hatte recht gehabt. Jetzt war der Lastwagen das Rettungsboot. Er nahm Jan aus Rachels Armen und ging mit ihr die Gasse entlang.
    »Wohin gehen wir?« fragte Rachel.
    »Sie haben immer einen Kübelwagen hinter dem Vorratslager geparkt. Der ist genau richtig für uns. Klein, aber offiziell.«
    Rachel mußte sich anstrengen, um mit Avrams ausgreifenden Schritten mitzuhalten. »Sind Sie sicher, was Rostock angeht? Sie müssen uns durch Kontrollpunkte bringen und mit Soldaten sprechen.«
    »Ich bin sicher.«
    »Können Sie sie denn täuschen?«
    Avram lachte leise. »Frau Jansen, ich war einmal deutscher Soldat. Ich habe einen Orden vom Kaiser verliehen bekommen. Ich könnte diese Mistkerle sogar davon überzeugen, daß wir für Hitler höchstpersönlich unterwegs sind, wenn es uns der Freiheit einen Schritt näherbringen würde.«
    Rachel ergriff seine freie Hand und drückte sie. »Auf nach Palästina!« sagte sie.
    Eine Meile nördlich von Dierhagen löschte Stern die Lichter des Patrouillenbootes und ließ es treiben. Wenigstens war jetzt die gefährliche Fahrt durch die Eisrinne überstanden. Er nahm an, daß die Kriegsmarine mittlerweile benachrichtigt worden war, aber er hoffte, daß seine Bemerkung, er wolle nach Schweden fliehen, sie veranlaßte, ihre Blockade weiter draußen auf dem Meer zu errichten. Er schaltete die Positionslichter mehrmals kurz hintereinander an und aus, wartete 30 Sekunden und wiederholte das Signal.
    Nichts. In einem Umkreis von 360 Grad nur Dunkelheit, und Stern fragte sich, ob es überhaupt je ein Unterseeboot gegeben hatte. War Smith wirklich davon überzeugt gewesen, daß sie so weit kommen würden?
    »Warum haben wir angehalten?«
    McConnell steckte den Kopf aus der Kabine.
    »Wie geht es unserer Krankenschwester?« erkundigte sich Stern im Gegenzug.
    »Soweit ganz gut. In dem Erste-Hilfe-Kasten war Morphium. Ich habe ihr auch einen Schnaps gegeben, den ich in einer Tasche gefunden habe; aber ich brauche eine echte medizinische Ausrüstung, Jonas.«
    Stern nickte. »Hier sollen wir das U-Boot treffen; es ist aber kein U-Boot da.«
    »Aber Smith weiß doch, daß wir kommen, oder? Ich meine, er weiß, daß wir Erfolg gehabt haben.«
    Stern rieb sich das stopplige Kinn. »Haben Sie jemals daran gedacht, daß Brigadegeneral Smith gar nicht geplant haben könnte, daß wir lebendig wieder herauskommen, Doktor? Daß der Angriff das einzig Echte an der ganzen Sache war?«
    McConnell erwiderte nichts darauf. Sterns Worte waren mehr

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