Schwarzer Tod
ist?«
»Keine Ahnung. Er flucht jedenfalls wie ein verdammter Sergeant Major.«
»Was wollte er?«
»Den Judenkerl. Er hat mir befohlen, ihn zu waschen und um sechs Uhr morgens bereitzustellen, sonst würde er meine Eier zum Frühstück schlürfen.«
»Und? Parierst du?«
Der Diensthabende runzelte die Stirn. »Ja, ich denke schon. Smith steht sich gut mit dem Commissioner. Deshalb schmort der Judenjunge ja auch schon die ganze Woche hier, ohne daß Anklage gegen ihn erhoben wurde.«
Der andere Polizist hob eine buschige Braue. »Ich beeil mich, Bill. Es wird 'ne Weile dauern, bis wir ihn wieder aufpoliert haben.«
Der Diensthabende schnallte das Koppel über seinen gewaltigen Schmerbauch. »Ich bin jedenfalls froh, daß wir den Kerl los sind, wenn ich ehrlich sein soll. Er macht mich nervös. Hat kaum ein Wort gesagt, seit man ihn eingeliefert hat. Es sind seine Augen. Ich glaube, er würde uns beiden für einen Shilling die Kehle durchschneiden.«
»Der Jude hat's dir ja wirklich angetan, Bill.«
McConnell rollte sich auf die Seite und warf einen Blick auf die Uhr an seiner Schlafzimmerwand. Es war drei Uhr früh, aber er fand einfach keinen Schlaf. Er war um Mitternacht ins Bett gegangen, hatte eine Stunde geschlafen und sich dann ruckartig aufrecht hingesetzt. Eine Facette des Auftrags war nicht diskutiert worden: der Schutz gegen das Nervengas. McConnell hatte nicht vor, sich auf die Ausrüstung zu verlassen, die Duff Smith ihm möglicherweise lieferte. Er zog sich lautlos an, fuhr mit dem Fahrrad zur Universität, schlich sich in sein Labor und packte zwei Prototypen von Gasschutzanzügen ein, an denen er während des letzten Monats heimlich gearbeitet hatte. Die Heimfahrt mit der schweren Ausrüstung auf dem Fahrrad hätte ihn beinah völlig erschöpft, aber jetzt lagen die Anzüge und die Sauerstoffflaschen ordentlich verpackt in zwei Koffern am Fußende seines Bettes.
Trotzdem hielt ihn noch etwas anderes wach. Brigadegeneral Smith hatte ihm befohlen, sich von niemandem zu verabschieden, und er hatte versucht, zu gehorchen; doch er hatte auch das Gefühl, dadurch etwas Wichtiges ungetan zu lassen, und dieses Gefühl war zu mächtig, um es einfach zu ignorieren. Mit einem leisen Fluch kletterte er wieder aus dem Bett, entzündete eine Kerze auf dem kleinen Schreibtisch in seinem Zimmer und nahm seinen Füllfederhalter.. Der Brief an Susan fiel ihm ziemlich leicht. Wahrscheinlich unterschied er sich nicht wesentlich von Millionen anderer Briefe, die Ehemänner während des Krieges schrieben. Er entschuldigte sich, daß er sie während der Schlacht um England nach Hause geschickt hatte und versicherte ihr, daß er ihr während all der Jahre treu geblieben war. Das stimmte auch. Sie hatten noch keine Kinder, und das bedauerte er, doch am Ende würde es einfacher sein, ein neues Leben anzufangen, sollte das Schlimmste eintreten.
Für den zweiten Brief brauchte er mehr Zeit. Wenn er an seine Mutter dachte, überkam ihn ein schreckliches Schuldgefühl, als habe er nicht das Recht, sein Leben zu riskieren, ganz gleich, für welche Sache - als habe er nicht das Recht, ihr auch ihren letzten Sohn zu nehmen. Dennoch war es sein Leben, und letztendlich würde sie das auch verstehen. Er schrieb:
Liebe Mutter, Wenn Du diesen Brief erhältst, bin ich nicht länger auf dieser Welt. Du hast viele harte Schläge in Deinem Leben hinnehmen müssen, und Du hast diesen letzten ebensowenig verdient wie die anderen; aber was ich getan habe, mußte ich tun. Dad würde sagen, daß ich mein Leben bei dem nutzlosen Versuch vergeudet habe, Davids Tod zu rächen, aber Du kennst mich besser. Ich habe gelernt, daß es wirklich ein unendliches Talent zum Bösen im menschlichen Herzen gibt, und aufgrund meiner Fähigkeiten bekomme ich nun die Möglichkeit und habe wahrscheinlich auch die Pflicht, alles zu tun, was ich kann, um dem Einhalt zu gebieten. Es kommt die Zeit, wenn jeder sagt: Genug.
Es gibt noch einige praktische Dinge zu regeln. Während des Blitzkrieges habe ich ein Testament geschrieben und es Mr. Ward in der Stadt geschickt. Wie Du weißt, stammen die monatlichen Zahlungen, die er Dir und Susan weitergibt, von meinen sechs Industriepatenten. Es ist schon eine merkwürdige Ironie, aber da der Krieg sich ausweitet, ist der Erlös aus diesen Patenten zu einer beträchtlichen Summe angewachsen. In dem Testament habe ich drei dieser Patente Dir und drei Susan zugesprochen. Es tröstet mich sehr, daß Du Dich nie
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