Schwarzes Blut
Geschichte von Eddy und seinem Realitätssinn.«
Ich schlage die Beine übereinander. »Ich habe sogar mehr als ein Minütchen. Erzählen Sie mir alles, was Sie wissen.«
»Die Story hier ist drei Monate her. Wir hatten eine Aushilfe beschäftigt, die mir dabei helfen sollte, in alten Akten nach fehlenden Röntgenaufnahmen zu kramen. Übrigens: Glaub kein Wort von dem, was dir die Bullen oder die Zeitungen erzählen. Bei einem Prozeß steht das ganze gerichtsmedizinische Beweismaterial auf Sand gebaut. Wir hatten hier mal für ‘n paar Tage ‘nen Toten, bei dem stand auf der Sterbeurkunde, daß er an ‘ner Gebärmutterschwangerschaft krepiert sei. Wie auch immer, diese Aushilfe hieß Heather Longston und war knallhübsch. Na ja, und vielleicht auch ein bißchen langsam im Kopf. Eddie machte sie an und ging mit ihr aus, bevor ich sie warnen konnte. Als ich mit ihr reden konnte, fühlte sie sich ihm gegenüber schon verpflichtet. Ein Kerl sagt ihr was Nettes über ihre Klamotten, lädt sie zum Abendessen ein – und schon fühlt sie sich verpflichtet. Heather war auch der Typ Frau, der sich verpflichtet fühlt, alles zu kaufen, was ihr irgend jemand am Telefon andrehen will. Ich war mal bei ihr zu Hause: Sie hat zwei von diesen Schnitzmessergarnituren, von denen es heißt, man kann damit Wünschelruten machen und Wasser und Öl finden.
Jedenfalls ist sie mit ihm ausgegangen, und ich sag’ dir eins: Das war ein Date nach dem Motto ›Verstehen Sie Spaß?‹ Erst mal hat er sie zum Abendessen zu McDonald’s eingeladen. Er hat sich drei Hamburger reingezogen und sonst nichts. Nichts zu trinken, keine Pommes, gar nichts. Er hat bloß die Hamburger gegessen – Fleisch auf Brötchen. Dann ist er mit ihr spazierengegangen. Und jetzt darfst du dreimal raten, wohin er mit ihr losgezogen ist?«
»Zum Friedhof«, sage ich.
»Hundert Punkte! Er hat die Hamburger runtergewürgt, sie an die Hand genommen, und sie sind beide ab auf große Grabsteintour. Heather sagte, er war total hin und weg, als sie bei den Gräbern ankamen. Er wollte sich mit ihr drauflegen und rummachen. Erzählte ihr einen von wegen das gäbe ihr den absoluten Kick. Tja, und sie hat’s ihm auch noch abgekauft. Sie haben also zwei Meter über irgendeiner verwesenden Leiche miteinander rumgemacht. Schlecht küssen tut er übrigens nicht, hat Heather erzählt. Er hat ‘n paar Blumen von ‘nem Grab geholt und sie ihr geschenkt. Muß sie mordsmäßig beeindruckt haben, jede Wette.« Sally schüttelt den Kopf. »Ist es nicht entzückend, wenn zwei Bekloppte zueinanderfinden?«
»So entzückend, wie wenn zwei Häßliche zueinanderfinden«, sage ich.
»So ist es. Wie auch immer, jetzt wird die Sache eklig. Eddie fährt mit ihr zu sich in die Bude, um noch ‘n Video anzugucken. Und jetzt bist du wieder dran: Was holt er aus der Schublade?«
»Pornos?«
Sally beugt sich weiter zu mir vor. Mit ihren großen Brüsten schiebt sie dabei ihre Tagesarbeit und die Flasche Diätpepsi beiseite. »Snuff-Filme. Weißt du, was das ist?«
»Ja. Videos, auf denen die Leute – meistens Frauen – angeblich umgebracht werden.«
»Widerlich, oder? Eddie hatte ‘ne ganze Sammlung davon. Drei oder vier davon hat er Heather gezeigt – die Dinger sind wohl immer ziemlich kurz –, bis sie endlich geschnallt hat, daß sie hier nicht die neuesten Disneyfilme vor den Äuglein hatte. Dann ist sie auf und wollte ab nach Hause. Der Haken war bloß: Eddie wollte nicht.«
»Hat er sie bedroht?«
Sally kratzt sich den Kopf. »Ich weiß nicht. Ich glaube nicht. Eins hat er aber gemacht. Er hat Heather an seinem Schlafzimmerschrank festgebunden, stehend und mit seiner Highschooljacke an – sonst mit nichts –, und er hat sie gezwungen, die ganze Nacht über Eis am Stiel zu lecken.«
»Wie hat er sie denn gezwungen?«
»Jedesmal, wenn sie aufgehört hat, hat er sie gekitzelt. Heather ist total kitzelig. Sie hat an dem Eis rumgelutscht, bis die Sonne aufgegangen ist. Mir hat sie gesagt, zu Hause kam es ihr vor, als hätte sie ‘ne ganze Pulle Novocain runtergegurgelt.«
»Aber irgendwie weh getan hat er ihr nicht?«
»Die Fesseln haben ihr die Knöchel aufgescheuert, aber davon abgesehen war sie okay. Ich wollte, daß sie der Polizei von der Story erzählt, aber davon wollte sie wiederum nichts wissen. Stell dir vor: Sie wollte sich sogar wieder mit ihm treffen! Ich sagte zu ihr: Kommt nicht in Frage! Ich bin hin zu Eddie und hab’ ihm gesagt, wenn er sich noch einmal mit Heather trifft,
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